BaFin-Versicherungsaufsicht: Das sind die wichtigsten Regulierungstrends des Jahres
In einem Vortrag am Institut für Versicherungsrecht der Universität Düsseldorf ging Julia Wiens, die BaFin-Exekutivdirektorin Versicherungs- und Pensionsfondsaufsicht, dieser Tage auf aktuelle Herausforderungen und Schwerpunkte ihrer Arbeit ein. Dabei ging es konkret um vier zentrale Themen: die Risiken alternativer Kapitalanlagen, Künstliche Intelligenz, die Wohlverhaltensaufsicht und den Bürokratieabbau.
„Diese Investments sind sehr komplex"
Gleich zu Beginn ihres Vortrags erläuterte Wiens, dass die BaFin zurzeit die Risiken alternativer Kapitalanlagen wie Private Debt in den Blick nehme, also von Fremdmitteln, die vorwiegend von institutionellen Investoren außerhalb des Bankensektors vergeben werden. „Diese Investments unterscheiden sich deutlich von traditionellen Anlagen wie Aktien und Anleihen“, sagte die Versicherungsaufseherin. „Teilweise sind sie sehr komplex. Sie sind oftmals illiquide oder zumindest schwer liquidierbar. In der Regel kann man sie eben nicht kurzfristig verkaufen. Und die Bewertungsunsicherheit ist hoch. Solche Anlagen stellen daher hohe Anforderungen an das Risikomanagement.“
Zudem trage auch die aktuelle Lage dazu bei, dass die Risiken dieser Investments stiegen. So könne beispielsweise die schleppende wirtschaftliche Entwicklung zu höheren Kreditrisiken von Private-Debt-Anlagen führen. Wiens verdeutlichte daher die Erwartungen der Aufsicht: „Unternehmen mit einem hohen Anteil in alternativen Kapitalanlagen brauchen ein leistungsstarkes Risikomanagement. Und genügend Personal, das über das entsprechende Know-how verfügt. Darauf achten wir besonders.“
Diskriminierungsrisiken durch KI
Die Versicherungsaufsicht befasse sich zudem verstärkt mit Künstlicher Intelligenz (KI). Neben den klaren Vorteilen der Technologie müssten die Versicherungsunternehmen die Risiken im Blick haben. So könnten zum Beispiel hochgradig automatisierte Prozesse mit geringer menschlicher Überwachung bestehende Diskriminierungsrisiken weiter verfestigen. Wiens: „Dazu kann es kommen, wenn die Trainingsdaten der Systeme bestimmte Kundengruppen nicht sachgerecht abbilden. Mögliche Folge: Bestimmte Kundinnen und Kunden könnten nur erschwert oder gar keinen Zugang zu bestimmten Produkten oder Dienstleistungen bekommen. Und zwar ohne, dass dies gerechtfertigt wäre.“
Zudem bestehe bei generativer KI die Gefahr von Falschinformationen, sogenannten Halluzinationen. „Die Verantwortung für den fairen und angemessenen Einsatz von Künstlicher Intelligenz liegt bei den Unternehmen“, unterstrich Wiens. Sie machte deutlich, dass die beaufsichtigten Unternehmen für ihre KI-Systeme über eine angemessene Governance verfügen müssten.
Der technologische Wandel und die damit verbundene Konzentration von IT-Auslagerungen mache darüber hinaus auch einen verstärkten Schutz vor Cyber-Angriffen notwendig.
Versicherer mit hohen Stornoquoten im Fokus
Im weiteren Verlauf ihres Vortrags ging die Exekutivdirektorin auch auf die Wohlverhaltensaufsicht der BaFin ein. Die Aufsicht werde sich auch 2025 weiter mit dem Kundennutzen kapitalbildender Lebensversicherungen beschäftigen, sagte Wiens. Im Fokus stünden in diesem Jahr Unternehmen mit hohen Stornoquoten. „Hohe Stornoquoten können darauf hindeuten, dass Produkte nicht im richtigen Zielmarkt vertrieben wurden. Also etwa an Kundinnen und Kunden, die sich das Produkt nicht leisten konnten. Oder es schlichtweg nicht brauchten.“
Perspektivisch wolle die BaFin im Zuge der Wohlverhaltensaufsicht aber auch andere Sparten in den Blick nehmen. „Wir arbeiten daher an einem Konzept, mit dem wir die Wohlverhaltensaufsicht sinnvoll auf weitere Sparten erweitern können. Zum Beispiel auf die Schaden- und Unfallversicherer“, erläuterte Wiens.
„Beim Bürokratieabbau geht es um viele kleine Themen"
Weit oben auf der Agenda der Versicherungsaufsicht stünde zudem der Bürokratieabbau. Dieser sei schnell gefordert, in der Praxis aber nicht immer leicht umzusetzen, machte die Exekutivdirektorin deutlich. Im Rahmen des Reviews der europäischen Solvency-II-Richtlinie lege die BaFin eigene Vorschläge vor, welche Berichtspflichten entfallen könnten. Grundsätzlich gehe es beim Bürokratieabbau um viele kleine Themen, sagte Wiens. Die BaFin habe sich den Abbau von Bürokratie daher dauerhaft vorgenommen. „Unser Ziel ist es, bürokratischen Aufwand zu reduzieren, ohne das Sicherheitsniveau der Regulierung zu senken. Das gilt insbesondere für die Kapitalanforderungen. Dafür werden wir uns immer einsetzen, im Interesse der Finanzstabilität und im Interesse der Versicherten.“