Taxonomie: Was Makler bald bei „grünen“ Anlagen tun müssen

Neue EU-Verordnungen sollen mehr Transparenz in Sachen Nachhaltigkeit bringen. 34d- und 34f-Vermittler müssen ab August 2022 die Nachhaltigkeitspräferenzen ihrer Kunden bei Fonds und Fondspolicen abfragen, doch manches ist offen.

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09:12 Uhr | 07. Dezember | 2021

Die Transparenzverordnung (englisch: Sustainable Finance Disclosure Regulation) zwingt die Finanzbranche zu mehr Transparenz rund um das Thema Nachhaltigkeit. Diese Verordnung (kurz: TVO) bringt im Moment jedoch vielfach Unsicherheit trotz zahlreicher Empfehlungen für Vermittler, weil sie zeitlich der geplanten Änderungsverordnung zu den delegierten Verordnungen zu IDD und Mifid2 vorgreift, die ab 2022 auf Änderungen beim Vertrieb dringt.

Betroffen sind von den Transparenzpflichten „Finanzmarktteilnehmer“, also Anbieter von Finanz- und Versicherungsanlageprodukten, darunter Fonds und Vermögensverwalter, sowie „Finanzberater“. Letztere sind Kreditinstitute, Wertpapierfirmen, Asset Manager und Verwalter alternativer Investmentfonds, sofern sie Anlageberatung anbieten (nach Artikel 2).

Fondspolicen-Maklerhäuser ab 3 Beschäftigten betroffen

Auch Versicherungsmakler mit 34d-Zulassung gelten als Finanzberater, sofern sie Versicherungsanlageprodukte vermitteln. Finanzanlagenvermittler mit 34f-Zulassung sind nicht betroffen, sofern sie keine zusätzliche 34d-Zulassung besitzen und keine Fondspolicen vermitteln. Doch auch Versicherungsmakler sind nicht betroffen, wenn die Maklerfirma maximal zwei Mitarbeiter beschäftigt. Größere Maklerfirmen, die Fondspolicen vermitteln, müssen schon jetzt auf die Punkte in der TVO achten.

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Ab dem 2. August 2022 kommen weitere Beratungspflichten: Vermittler müssen dann auch aktive Frage- und Beratungspflichten beim Vertrieb von Versicherungsanlageprodukten wie Fondspolicen und andere Kapital-Lebensversicherungen beachten (Taxonomie-Verordnung). Grundlage dafür ist die zur bestehenden TVO ergänzende EU-Verordnung 2021/1257 vom 21. April 2021. Mit dieser Verordnung werden zwei sogenannte delegierte Verordnungen in Hinblick auf die Einbeziehung der Nachhaltigkeitsthematik bei der Beratung geändert: Einmal geht um eine delegierte Verordnung zur IDD (also Versicherungsbereich) und einmal zur Mifid2 (also Anlageberatung).

Folge: Damit Versicherungsanlageprodukte den Kundenpräferenzen entsprechen, wird die Beratung also noch differenzierter. Vermittler sind dann verpflichtet, die Wünsche und Ziele der Kunden bei der Produktauswahl einzubeziehen und diese auch schriftlich zu dokumentieren. Vor diesem Hintergrund ist jetzt der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) mit einer überarbeiteten „Checkliste EU-Transparenzverordnung“ vorgeprescht.

Checklisten kommen noch zu früh

Betroffene Berater müssen in der Tat ab August 2022 nicht nur die Präferenz ihrer Kunden zu Produkten abfragen, sondern auch über die Nachhaltigkeit der Produkte berichten. „Die gesetzliche Aufgabenstellung ist klar formuliert, nicht hingegen bislang die Umsetzungskriterien“, sagt Bernward Maasjost, Geschäftsführer der [pma:] Finanz- und Versicherungsmakler GmbH, einem Maklerpool in Münster.

Eines der Probleme: Den Kunden sind Informationen über die Auswirkungen von möglichen Investitionsentscheidungen auf Nachhaltigkeitsfaktoren zugänglich zu machen. „Wie die Berater an belastbare Informationen gelangen sollen, ist jedoch noch völlig unklar“, meint Maasjost. Im Markt formieren sich aktuell Anbieter, Verbände und Institutionen, die den Anforderungen an die neuen Beratungspflichten Struktur geben möchten, was aber schwierig ist, solange keine belastbaren Kriterien für nachhaltige Produkte im Rahmen der sogenannten Taxonomie vorliegen. „Noch warten alle auf Ergebnisse der Legislative“, dämpft Maasjost Hoffnungen auf schnelle Lösungen.

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Was auf Vermittler ab August 2022 zukommt

Erste Lösungen zeichneten sich zwar ab, doch da sei noch viel Nebel, beobachtet auch der AfW Bundesverband Finanzdienstleistung. „Am besten wäre es, sich für Vermittler auf eine brancheneinheitliche Lösung zu verständigen“, sagt AfW-Vorstandschef Norman Wirth. Er sieht jedoch auch „eine Vielzahl von Partikularinteressen bei diesem Thema am Markt“. Das könnte dazu führen, dass es zu weiteren Schnellschüssen einzelner Marktteilnehmer kommt, was dem Anliegen eher schaden dürfte als nutzen.

Was bedeuten die neuen Abfrage- und Beratungspflichten ab dem 2. August 2022 für 34d- und 34f-Vermittler? Rechtsanwalt Wirth fasst die Kernthesen so zusammen:

Berater haben derzeit kaum die Möglichkeit zu prüfen, wie nachhaltig Fondsmanager und Portfolio-Unternehmen handeln. Es gibt eben noch keine verbindlichen Kriterien für die Nachhaltigkeit von Investmentfonds und fondsgebundenen Versicherungen. Eine solche Klassifikation soll von der EU erst im Laufe des nächsten Jahres eingeführt werden. Die Lage sei ungewiss und intransparent, ist von Fondsgesellschaften und Versicherern zu hören.

Green Finance nicht automatisch nachhaltig

Hinzu kommt: Green Finance weist nicht unbedingt die positiven Eigenschaften auf, die Anleger sich erhoffen. Der Grund: Es gibt in Unternehmen und im Staatshaushalt praktisch keine ursächliche Verknüpfung zwischen grünen Finanzierungsinstrumenten und einer Verwendung der Gelder für grüne Zwecke. Zu diesem Ergebnis kommt eine gemeinsame Analyse des Leibniz-Instituts für Finanzmarktforschung SAFE, der Wirtschaftsuniversität ESMT Berlin und der Dresdner Niederlassung des ifo – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung (Whitepaper gibt es hier, aber nur in englischer Sprache).

Einige Kernthesen: Ein grünes Aktienportfolio führe nicht zwangsläufig zu weniger Schadstoffemissionen. Und: Unternehmen, die grüne Aktien emittieren, wirtschafteten nicht allein dadurch nachhaltiger. „Wer in grüne Finanzanlagen investiert, macht dadurch zwar sein eigenes Portfolio grüner, aber es ändert sich nichts an den Emissionen der Gesamtwirtschaft“, sagt Jan Pieter Krahnen, SAFE-Direktor und einer der Autoren.

Kauf grüner Staatsanleihen verbessert Klimaschutz nicht

Ähnlich verhält es sich der Studie zufolge bei grünen Staatsanleihen, die der Bund in genau der Höhe emittieren kann, in der vorher grüne Ausgaben im Bundeshaushalt identifiziert werden konnten. „Dadurch werden dem Haushalt keine zusätzlichen Mittel zur nachhaltigen Transformation zur Verfügung gestellt“, betont ESMT-Präsident Jörg Rocholl. Kauften Privatanleger Green Bonds, hätte das keinen direkten Einfluss auf den Klimaschutz.

Allerdings könnten sich Privatanleger und Berater aktiv in Entscheidungsprozesse im Unternehmen einbringen, entweder persönlich oder über Vertreter der von ihnen gewählten beziehungsweise vermittelten Fonds, um mehr Nachhaltigkeit anzustoßen. „Man muss aber bereit sein, Renditeeinbußen hinzunehmen, denn eine grünere Unternehmenspolitik geht in der Regel zulasten der Erträge“, so Marcel Thum, Leiter der ifo-Niederlassung Dresden.

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