Nachhaltiges Investieren

Diese Beratungshürden bergen ESG-Fonds

Die Präferenzabfrage erfordert eine nachhaltige Fondsvariante, falls der Kunde sie möchte. Dabei sollte auf das eingeschränkte Investmentuniversum hingewiesen werden.

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12:11 Uhr | 22. November | 2023
Geschäftsmann hält Holzwürfel mit ESG-Symbol

Berater sollten auf das eingeschränkte Investmentuniversum von ESG-Fonds hinweisen.

| Quelle: pcess609

Sind nachhaltige Investments fürs langfristige Sparen eine gute Idee? Diese Frage stellen sich Finanzanlagenvermittler spätestens seit Einführung der sogenannten „Nachhaltigkeitspräferenzabfrage“ (NPA). Laut der NPA, die im August 2022 zunächst für Bank- und Versicherungsberater galt und seit dem Frühling 2023 nun auch für 34f-Vermittler, muss der Kunde explizit gefragt werden, ob sein Investment umwelt-, sozial und governance spezifische (ESG) Kriterien berücksichtigen soll. Wenn ja, soll ihm ein passendes ESG-Investment empfohlen werden. 

ESG-Fonds haben jedoch im Vergleich zu konventionellen Fonds einen Nachteil: Der Ausschluss von Sektoren wie Rüstungsgüter oder die Favorisierung von Unternehmen mit einem niedrigen CO2-Ausstoß verkleinert das Investmentuniversum und die Rendite-Optionen fürs Fondsmanagement. Für die Performance muss das nicht zwingend schlecht sein. Die Fokussierung auf eine bestimmte Gruppe von Unternehmen, d.h. auf solche mit guten ESG-Ratings, kann das Risiko in einem Portfolio senken, von einer bösen Überraschung am Kapitalmarkt erwischt zu werden. Man denke da an prominente Beispiele wie den VW-Diesel-Skandal. Es gibt auch zahlreiche Studien, die zeigen, dass eine ESG-Strategie das Portfolio schwankungsresistenter macht und somit zur Outperformance beiträgt. 

Geduldsprobe für Sparer

Doch dafür muss der Sparer im Zweifel viel Geduld aufbringen. Denn angesichts der begrenzten Investmentmöglichkeiten können ESG-Investments den Anleger immer wieder Geld kosten. So hat eine Stichprobe von vier globalen Aktienfonds ergeben, dass die Fonds ohne ESG in den letzten drei Jahren besser performt haben als die mit ESG (siehe Grafik). Grund für den Performanceunterschied sind Experten zufolge der Beginn des Ukraine-Kriegs im Frühjahr 2022 sowie die höheren Energiepreise, die sowohl mit dem Krieg als auch mit dem Ende der Corona-Pandemie im selben Jahr zu tun haben. „Renditen von ESG-Investments waren bis zum Beginn des Kriegs meist nicht schlechter als die von vergleichbaren traditionellen Investments. Seitdem rentieren die bei Nachhaltigkeitsfonds meist ausgeschlossenen bzw. stark untergewichteten Branchen wie fossile Energie und Rüstung besonders gut“, sagt zum Beispiel der ESG-Experte Dirk Söhnholz. Tatsächlich weisen die untersuchten konventionellen Fonds ein höheres Exposure zum Energiesektor auf als die ESG-Varianten. Im Falle des DWS-Fonds (Top Dividende) und des Allianz-Fonds (Global Equity Insights) gehörten größere Öl- und Gasunternehmen zu den Top-Ten-Beteiligungen im Portfolio.  

Zutreffend ist aber auch, dass die Schwäche der untersuchten ESG-Fonds nur vorübergehend sein könnte. Für die Stichprobe wurden Zeiträume von drei bis fünf Jahren gewählt, und dabei war der ESG-Fonds der DWS auf Sicht von fünf Jahren besser. Es gilt auch zu erwähnen, dass die Performance von ETFs, die die ESG-Indizes von MSCI abbilden, in den letzten drei Jahren etwas besser war als die von ETFs auf den MSCI World. Nur: Angesichts der hohen Gewichtung von Tech-Unternehmen wie Microsoft und Google oder Süßgetränkehersteller wie Coca-Cola und Pepsi in den ESG-Indizes kann man die berechtigte Frage stellen, ob diese wirklich so nachhaltig sind. 

Dilemma für Berater

Die Stichprobe zeigt jedenfalls, dass der Vermittler vor einem Dilemma steht, wenn er im Rahmen der NPA feststellt, dass die Performance des ESG-Produkts schlechter ist als die des konventionellen Fonds. Was also tun? Branchenexperten meinen, dass im Beratungsgespräch durchaus erklärt werden sollte, dass die Begrenzung der Investmentmöglichkeiten Renditenachteile mit sich bringen könnte. Gleichzeitig auch betonen, dass diese nur von kurzer Dauer sein könnten und dass man mit solch einem Investment etwas Positives bewirken möchte. Die Rendite steht also nicht im Vordergrund bei einer Entscheidung für ESG.

AfW-Vorstand Norman Wirth ist jedoch von der langfristigen Performance von ESG-Investments überzeugt. Er sagt: „Persönlich bin ich davon überzeugt, dass sich, wegen der unbedingten Notwendigkeit einer Hinwendung zu mehr Nachhaltigkeit und dem dazu auch erklärten politischen Willen, ein langfristiges Engagement in nachhaltige Finanzprodukte definitiv auszahlen wird.“

Performancevergleich: Globale Aktienfonds mit und ohne ESG

Wertentwicklung in % kumuliert

Fondsname

Fondsvolumen

3 Jahre

5 Jahre

Allianz Global Sustainbility (ESG Fonds)

288,8 Mio. €

27,7

50,4

Allianz Global Equity Insights (konvention. Fonds)

394,2 Mio. €

39,5

51,4

Deka-Nachhaltigkeit

GlobalChampions (ESG-Fonds)

574,64 Mio. €

22,4

keine Angabe

Deka-GlobalChampions (konvention. Fonds)

6,2 Mrd. €

29,8

keine Angabe

DWS Invest ESG Equity Income (ESG-Fonds)

2,8 Mrd. €

24,7

36,5

DWS Top Dividende (konvention. Fonds)

19,7 Mrd. €

27,4

24,9

UniNachhaltig Aktien Global (ESG-Fonds)

2,9 Mrd. €

26,9

41,5

UniGlobal (konvention. Fonds)

12,7 Mrd. €

39,3

60,7

Stand: 20. September 2023, Quelle: Fact-Sheets der Anbieter, procontra-Recherche