Nach VIG-Deal: Was die Nürnberger für ihren Vertrieb plant
Seit ein paar Wochen ist klar: Aller Wahrscheinlichkeit nach wird die Nürnberger Versicherung ihre Unabhängigkeit als Versicherer aufgeben und mit der Vienna Insurance Group (VIG) als Mehrheitseignerin und strategischer Partnerin weitermachen.
Vor diesem Hintergrund war es dem Nürnberger Vorstandsvorsitzenden, Harald Rosenberger, auf der DKM besonders wichtig, diese Entwicklung richtig einzuordnen. So betonte er in Dortmund vor Journalistinnen und Journalisten, dass der nun forcierte Zusammenschluss mit der VIG keine kurzfristige Entscheidung aufgrund des in der Schadenversicherung verlustreichen Geschäftsjahres 2024 sei. Vielmehr habe man sich schon seit 2023 nach einem finanzstarken Partner für einen langfristigen Strategiewechsel umgesehen. Bei der VIG habe dann einfach alles gepasst, so Rosenberger.
Unter anderem wolle die in mehreren mittel- und osteuropäischen Ländern tätige Versicherungsgruppe einen signifikanten Betrag in die Erneuerung der Nürnberger IT investieren. Die Wiener bringen aber nicht nur Geld mit, sondern auch direkte Erfahrung aus der Modernisierung von IT-Systemen, beispielsweise aus den österreichischen Töchtern ihrer Gruppe. Wie von vielen anderen Versicherern auch sind die IT-Systeme der Nürnberger nicht gerade für ihre Aktualität bekannt und weisen hier sehr wahrscheinlich einiges Verbesserungspotenzial auf.
Kein Courtage-Abzug für Makler
procontra wollte wissen, ob Makler sowie die Ausschließlichkeitsorganisation (AO) der Nürnberger im Falle des Zusammenschlusses auch Produkte der VIG vermitteln können. Hierzu sagte Vertriebsvorstand Andreas Politycki: „Wir werden uns natürlich auch in der Gruppe nach geeigneten Produkten umschauen. Sollte es dort Dinge geben, die wir adaptieren, würden diese aber als Produkte der Nürnberger vertrieben.“
Zwar ist klar, dass im Zuge eines solchen Zusammenschlusses mittel- bis langfristig auch die Kosteneffizienz eine Rolle spielt. Doch auf procontra-Nachfrage, ob Makler deshalb über kurz oder lang weniger Courtage von der Nürnberger erhalten werden, sagte Rosenberger: „Nein. Wir werden auch als Teil der VIG weiterhin eigenständig sein. Das bedeutet, dass wir auch in Zukunft alle Entscheidungen zu Fragen wie Pricing oder Provisionen ausschließlich in eigener Verantwortung treffen.“
Wie geht es für die Nürnberger Generalagenten weiter?
In der AO vermittelt die Nürnberger seit kurzem die Risikolebensversicherungstarife (RLV) der Hannoverschen und hat seine eigenen Produkte in diesem Bereich eingestellt, wie procontra exklusiv berichtete. Könnten in Zukunft also noch mehr solche Ventillösungen für die Vertreter folgen, insbesondere von der Interrisk, die ebenfalls zur VIG gehört? „Die RLV gehörte nicht zu unseren Kernprodukten und die Hannoversche hat die besten RLV-Tarife. Wir wollen natürlich auch weiterhin vor allem unsere Produkte weiterentwickeln, aber da, wo es sinnvoll ist, suchen wir gegebenenfalls nach der besten Lösung auf dem Markt. Dabei würden wir prinzipiell keine Gesellschaft bevorzugen oder ausschließen“, antwortete Rosenberger.
Betreffend ihre AO hat sich die Nürnberger eigentlich auferlegt, die Anzahl ihrer Generalagenten bis 2030 auf etwa 800 vermittelnd Tätige zu verdoppeln. „GAx2“ heißt das ehrgeizige Projekt. Im Zuge der Planungen zum VIG-Deal sei „GAx2“ aber erst einmal pausiert worden beziehungsweise werde erst einmal nicht weiter forciert. „Zunächst wollen wir die Transaktion erfolgreich abschließen. Gemeinsames Ziel ist es, die Transformation der Nürnberger weiterzuführen und weiter profitabel zu wachsen. Dabei ist auch die Weiterentwicklung der Ausschließlichkeitsorganisation ein wichtiger Aspekt“, sagte Rosenberger auf procontra-Nachfrage.
Wohin steuert die Maklerbetreuung?
Hinsichtlich der, unter anderem im Vertrieb, angestellten Mitarbeitenden erklärte die Nürnberger gegenüber procontra, dass die VIG weitgehende Beschäftigungsgarantien gegeben habe. Im Rahmen des Zusammenschlusses werde die VIG die Nürnberger also nicht zu einem Stellenabbau oder ähnlichen Maßnahmen veranlassen.
Aus dem Umfeld der Nürnberger hatte procontra vernommen, dass die Maklerbetreuung ein potenzieller Bereich für Stellenabbau sein könnte. Dazu antwortete uns auf Nachfrage ein Nürnberger-Sprecher: „Wir agieren auch weiterhin als eigenständiges Unternehmen und setzen unsere Transformation fort. Die Frage, ob und welche Auswirkungen die Transformation in Zukunft für den Bereich der Maklerbetreuung haben könnte, können wir nicht beantworten. Klar ist, dass dieser Bereich für uns eine zentrale Bedeutung hat und auch zukünftig haben wird – immerhin vertreiben wir rund 80 Prozent unserer Produkte in der Personenversicherung über diesen Kanal.“


