Insurtech

Getsafe wächst dank Zukauf deutlich

Der Heidelberger Versicherer konnte 2023 bei Vertragsbestand und Beitragseinnahmen merklich zulegen. Auf europäischer Ebene verläuft indes nicht alles wunschgemäß.

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13:04 Uhr | 22. April | 2024
Getsafe

Das Heidelberger Insurtech Getsafe konnte im vergangenen Jahr deutlich wachsen. Allerdings verläuft bei der europäischen Expansion nicht alles nach Plan.

| Quelle: Getsafe

Im vergangenen Jahr hat Getsafe seine Prämieneinnahmen und seinen Vertragsbestand deutlich ausgebaut, wie aus dem aktuellen SCFR-Bericht hervorgeht. Diesem zufolge konnte die von Muhyddin Suleiman geführte Getsafe Insurace AG die  gebuchten Bruttobeiträge mehr als verdreifachen: Lagen diese 2022 noch bei 6,522 Millionen Euro stiegen sie bis Ende vergangenen Jahres auf 21,022 Millionen Euro.

Einst startete das Heidelberger Startup Getsafe als Online-Makler. Seit Ende 2021 sind die Heidelberger jedoch auch als Versicherer tätig und vertreiben unter anderem Haftpflicht, Hausrat und Tierkrankenversicherungen in Deutschland, Österreich und mittlerweile auch Frankreich.

Zahl der Policen verdreifacht

Bei der Zahl der Policen ist fast eine Verdreifachung zu verzeichnen: Statt knapp 148.000 Policen Ende 2022 hatte Getsafe Ende 2023 nun knapp 421.000 in seinen Büchern stehen.

Der markante Zuwachs liegt nicht nur in der Erschließung neuer Märkte begründet – so sind die Heidelberger mittlerweile auch in Frankreich aktiv und verkauft dort unter anderem Hausrat- und Fahrradversicherungen. In erster Linie ist das starke Beitragswachstum auf die Übernahme des deutschen Kundenstamms des französischen Unternehmens Luko zurückzuführen. Das übernommene Portfolio umfasste damals rund 50.000 Verträge.

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Mit der Übernahme konnte Getsafe vor allem das Geschäft mit Tierkrankenversicherungen stärken. Die verdienten Bruttobeiträge stiegen in dieser Sparte rasant von knapp 45.000 Euro (2022) auf nun knapp 4,4 Millionen Euro. Damit ist die Tierkrankenversicherung mittlerweile für mehr als ein Fünftel der Beitragseinnahmen verantwortlich. Wichtigste Sparte bleibt indes das Geschäft mit Haftpflichtversicherungen: Hier konnte Getsafe die Beitragseinnahmen von 3,163 Millionen Euro (2022) auf 9,461 Millionen Euro verdreifachen. In der Feuer- und Sachversicherung verdoppelten sich die Beitragseinnahmen und stiegen von rund 3,040 Millionen auf 6,825 Millionen Euro.

Das Geschäft mit Zahnzusatzversicherungen spielt indes weiter keine nennenswerte Rolle. Hier sanken die Beitragseinnahmen gar von 259.000 auf 200.000 Euro.

Profitabel ist der eigene Versicherer jedoch nicht: So lag der versicherungstechnische Verlust im vergangenen Jahr bei 1,422 Millionen Euro. Das ist zwar niedriger als im Vorjahr (-1,738 Millionen Euro), jedoch weiterhin fern von der Profitabilitäts-Schwelle. Vor allem das Geschäft mit Tierkrankenversicherungen ist für Getsafe bislang ein großes Verlustgeschäft.

Die Heidelberger erklären das mit dem Alter des Bestands. So seien bei Versicherungsbeginn, wenn die Tiere noch jung sind, aufgrund diverser Eingriffe (Vorsorgeuntersuchungen, Chip-Kennungen, Impfungen) die Schadenkosten besonders hoch, würden mit der Vertragslaufzeit allerdings  abnehmen. Insgesamt rechnet man bei Getsafe mit einer Verbesserung der Kostenquoten in den kommenden Jahren.

Rückzug vom französischen Markt nicht geplant

Allerdings  berichtet das Portal „Finance Forward“ über diverse Rücksetzer, mit denen Getsafe zuletzt zu kämpfen hatte bzw. immer noch hat. So hat Getsurance den Vertrieb seiner Hausratversicherung in Frankreich derzeit ausgesetzt. „Wir haben den Abschluss neuer Hausrat-Versicherungsprodukte in Frankreich ausgesetzt. Wir entschuldigen uns für diese Unannehmlichkeiten“, heißt es knapp auf der französischen Homepage des Versicherers. 

„Wir sind gerade dabei, unser Produktportfolio mit dem gewonnenen Marktfeedback zu iterieren und neu aufzustellen“, begründete eine Sprecherin gegenüber „Finance Forward“ die zwischenzeitliche Nicht-Verfügbarkeit des Produkts. Ein Rückzug vom französischen Markt sei indes nicht geplant.

Ein solcher hat jedoch in Großbritannien stattgefunden. Hier waren die Heidelberger als Assekuradeur unterwegs. So wurde die englische Getsafe-Tochter im März an den Konkurrenten „Urban Jungle“ weitergegeben. Gegenüber procontra bestätigte eine Unternehmenssprecherin den Großbritannien-Rückzug und begründete diesen mit „der schwierigen Brexit-Regulatorik. Man wolle sich stattdessen auf die EU-Märkte konzentrieren.

Tatsächlich dürfte Getsafe auch in Italien, Belgien, den Niederlanden und Polen Versicherungen vertreiben – die erforderlichen Genehmigungen bestehen seit 2022. Laut „Finance Forward“ ist die Erschließung eines weiteren Marktes in diesem Jahr aber nicht geplant, erst im nächsten Jahr soll die europäische Expansion weiter vorangetrieben werden. Das Ziel des Insurtechs, zur Anlaufstelle für die rund 100 Millionen jungen Menschen in Europa zu werden, bleibt somit vorerst in weiter Ferne.