Pech für den Hengst Willy: Als er auf einer Weide stand und graste, kam die Stute Cindy auf ihn zu gerannt, trat nach ihm und traf ihn dabei so unglücklich, dass eines seiner Vorderbeine brach. Die Kosten der folgenden, komplizierten Behandlung beliefen sich auf 11.000 Euro. Willys Halterin wollte diese über die Tierhalter-Haftpflichtversicherung (THV) von Cindys Halter ersetzt bekommen, doch diese wollte nur die Hälfte der Kosten übernehmen. Begründung: Bei dem Vorfall mit den Pferden habe sich beidseitig eine Tiergefahr verwirklicht, für die der jeweilige Halter hafte, deshalb sei eine hälftige Verteilung der Kosten angemessen.
Willys Halterin wollte dies nicht akzeptieren und zog vor das Landgericht Lübeck (Urteil vom 19.08.2025, Az. 5 O 177/24). Dieses gab ihr in vollem Umfang Recht, so dass die THV von Cindys Halterin den vollen Schaden bezahlen musste. Dies begründe sich darin, dass der Hengst nur dagestanden und Gras gefressen hatte. Dabei habe sich keine haftungsrelevante Tiergefahr verwirklicht.
Hintergrund ist die Gefährdungshaftung, die Tierhalter tragen. Vereinfacht gesagt ist der Tierhalter immer erst einmal Schuld an einem Schaden, an dessen Entstehung sein Tier beteiligt ist. Kommt es zu einem Unfall zwischen mehreren Tieren, wird häufig Mitverschulden angenommen und es kommt zur Quotelung des Schadens. Der Schaden eines Tieres wird also nur selten vollständig von der THV eines anderen Tieres ersetzt.
Der Fall von Willy und Cindy verdeutlicht aber, wann es zu einer Ausnahme und somit vollständigen Schadenübernahme kommt. Denn Voraussetzung für Mitverschulden und Quotelung ist, dass sich die typische Tiergefahr realisiert hat. Dies ist zum Beispiel bei miteinander spielenden, herumtollenden Tieren der Fall. Da der Hengst Willy aber nur dastand und graste, habe sich bei ihm die typische Tiergefahr nicht verwirklicht, so das Gericht, weshalb der Schaden komplett von der THV von Cindys Halter zu übernehmen sei.


