Trend zur Broker-App: So verändern Smartphones das Anlageverhalten

Der Aktienhandel via Mobiltelefon floriert und birgt dabei auch Gefahren: Laut einer aktuellen Analyse legen die Nutzer von Broker-Apps ein verändertes Risikoverhalten an den Tag – wenn es um die Abwicklung ihrer Wertpapiergeschäfte geht, neigen sie zum Zocken.

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12:04 Uhr | 28. April | 2021

Das Smartphone eröffnet Privatanlegern neue Freiheiten: Wertpapiere können rund um die Uhr erworben und verkauft werden, Broker-Apps lassen sich leicht bedienen und zum Eröffnen von Depots ist keine große Fach-Expertise nötig. Der Aktienhandel via Smartphone-App boomt und ist gleichzeitig mit großen Risiken behaftet. Wo diese liegen, zeigt nun eine Studie des Leibniz-Instituts für Finanzmarktforschung SAFE. Demnach neigen private Anleger zum Zocken, wenn sie das Handy zur Abwicklung ihrer Wertpapiergeschäfte nutzen.

Anlageverhalten ändert sich langfristig

So würden die Smartphone-Nutzer bei Transaktionen über mobile Apps eher in risikoreiche Wertpapiere mit stark schwankenden Kursen investieren. Und: Sie entscheiden sich vermehrt für Wertpapiere, die in der Vergangenheit hohe Renditen erzielten – und lassen dabei außer Acht, dass dies kein Indikator für künftige Renditeentwicklungen ist. Für das Forschungspapier wurden 22 Millionen Smartphone-Transaktionen von rund 180.000 Anlegern unter die Lupe genommen. „Die gestiegene Risikobereitschaft ist nicht durch eine anfängliche, vorübergehende Begeisterung zu erklären, sondern ist Ausdruck einer langfristig geänderten Anlagestrategie“, sagt Andreas Hackethal, Leiter der Forschungsabteilung Household Finance bei SAFE und Mitautor der Analyse. Wer einmal begonnen habe, seine Wertpapiergeschäfte per App zu erledigen, lege auch bei der Nutzung anderer Geräte ein riskanteres Anlageverhalten an den Tag und jage beispielsweise am Computer zweifelhaften Aktientrends hinterher.

Die Wissenschaftler untersuchten für das Forschungspapier auch, warum mobile Apps zu einem riskanteren Anlageverhalten führen. Ihr Fazit: Entscheidungen, die zu Hause nach Feierabend getroffen werden, seien oft weniger vernunftgeprägt als dies beim Wertpapierkauf in nüchterner Büro-Atmosphäre der Fall sei. Ein weiterer Faktor: Apps würden häufig Anreize zum Kauf präsentieren, beispielsweise in Form von Top-Aktien-Ranglisten. „Langfristig kann diese Verhaltensänderung zu einer geringeren Effizienz des eigenen Portfolios führen“, erklärt Hackethal weiter. Diese Art des Investierens gleiche dann einem „Lottospiel.“

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Neo-Broker senken die Hemmschwelle

Eine neue Klientel von Privatanlegern stieg wegen des pandemiebedingten Kurssturzes im vergangenen Frühjahr in den Aktienhandel ein – Broker-Apps förderten die Entwicklung. „Sie hatten das Gefühl ‚Ich will nichts verpassen‘“, fasste Andreas Hackethal die Motivation der Neueinsteiger kürzlich in einem procontra-Interview zusammen. Neo-Broker hätten damals dazu beitragen, die Hemmschwelle für das Eröffnen von Depots zu senken. Sie seien kostengünstig, würden mit Gamification-Elementen Anreize schaffen. Für Hackethal ist das Smartphone-Broking letztlich ein zweischneidiges Schwert. So könnten Online-Broker zwar dazu beitragen, Anlagefehler zu umgehen, „indem sie hin zu ETF und Sparplänen lenken, aber sie können andersherum natürlich auch die Spekulationen anheizen.“