Corona: Vielen Selbstständigen geht das Geld aus

Die Corona-Krise trifft Selbstständige besonders hart - in vielen Unternehmen gehen mittlerweile die finanziellen Rücklagen zur Neige. Auch Makler leiden unter Umsatzrückgängen und hoffen auf weitere Unterstützungsleistungen der Bundesregierung.

12:06 Uhr | 12. Juni | 2020
Bei vielen Selbstständigen drohen durch die Corona-Krise die finanziellen Reserven zur Neige zu gehen.

Bei vielen Selbstständigen drohen durch die Corona-Krise die finanziellen Reserven zur Neige zu gehen. Bild: Peggy Boegner

Auch wenn die Zahlen der Kurzarbeiter und Arbeitslosen in den vergangenen Monaten deutlich in die Höhe schnellten, sind abhängig Beschäftigte immer noch in einer vergleichsweise komfortablen Situation: Denn Selbstständige werden von der Corona-Krise weitaus schwerer getroffen als Angestellte, wie nun eine neue Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) herausstellte.  

Laut DIW haben drei von fünf Selbstständigen oder Inhabern kleinster bzw. kleiner Unternehmen durch die Corona-Krise Einkommensverluste zu beklagen. Für rund die Hälfte von ihnen spitzt sich die finanzielle Situation zudem zunehmend zu – sie verfügen maximal für drei Monate noch über Liquiditätsreserven. Bei den abhängig Beschäftigten stellt sich die finanzielle Situation indes wesentlich entspannter dar – hier beklagten nur 15 Prozent Einkommenseinbußen durch die Corona-Krise.  

Kunden stornieren Bestellungen

Während Beschäftigte oftmals durch Kurzarbeitergeld vor größeren Einkommensverlust bewahrt blieben, fiel für viele Selbstständige die Existenzgrundlage weg: Sie konnten ihre Restaurants nicht öffnen, ihre Dienstleistungen nicht anbieten und keine Kunden in ihren Geschäften empfangen. Auch Makler bekamen die Folgen hautnah zu spüren: Der AfW-Verband konstatierte in einer Umfrage, dass bei 45 Prozent der befragten Makler Kundentermine weggebrochen waren.  

Knapp die Hälfte (47 Prozent) der befragten Selbstständigen merkten zudem an, dass Kunden ihre Bestellungen storniert hätten bzw. die Nachfrage ausgeblieben sei. Die Stornierung von Versicherungen ist auch ein Problem, das Makler umtreibt. „Bereits jetzt ist ein erheblicher Einbruch von Neuakquise zu verzeichnen, während sich diesbezügliche Liquiditätseinbußen erst in einigen Monaten bei den Maklern zeigen“, warnte unter anderem Michael H. Heinz, Präsident des Bundesverbandes Deutscher Versicherungskaufleute (BVK).  

Eine vom BVK initiierte Umfrage unter den eigenen Mitgliedern zeigte: Zwei Drittel der Vermittler beklagten Umsatzeinbußen, im Durchschnitt betrugen diese 38 Prozent. Damit sind Versicherungsvermittler im gleichen Maße betroffen wie andere Selbstständige: Laut DIW hat sich das Einkommen bei 59 Prozent aller Selbstständigen in der Corona-Krise verringert, durchschnittlich um 1.500 Euro. Bei 39 Prozent blieb es zumindest auf dem gleichen Niveau. Lediglich zwei Prozent der befragten Selbstständigen gab an, dass sich ihr Einkommen in den vergangenen Monaten erhöht hatte.

Existenzbedrohende Züge

Für viele Selbstständige nimmt die Krise sogar existenzbedrohende Züge an. Denn viele Unternehmen erklärten, die erlittenen Umsatzeinbrüche noch lange durchstehen zu können. Knapp die Hälfte der von Einkommensverlusten Betroffenen gab an, maximal noch für drei Monate über Liquiditätsreserven zu verfügen. Jeweils weitere 20 Prozent gaben an, über finanziellen Reserven für einen Zeitraum von sechs bzw. zwölf Monaten zu verfügen.  

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Entsprechend häufig erwarten Selbstständige, dass sie in Folge der Krise in Geldprobleme geraten und folglich auf ihre Ersparnisse bzw. Vermögensanlagen zurückgreifen müssen. Knapp ein Drittel der Selbstständigen hält dies für die Zukunft für wahrscheinlich, weitere 25 Prozent wollen auf Sparrücklagen oder Kredite zurückgreifen. Weitere 28 Prozent erwarten, dass sie ihren Lebensstandard einschränken müssen, weitere 16 Prozent sind überzeugt, in naher Zukunft Sozialleistungen beantragen zu müssen.

Die ersten Ausläufer dieser Entwicklung hat unter anderem schon Policen Direkt zu spüren bekommen. Im Gespräch mit procontra erklärte Policen-Direkt-Chefredakteur Rafael Kurz, dass sich die Zahl der Anfragen beim Zweitmarkthändler aktuell verdreifacht habe. Bereits Ende April hatte man so viele Angebote bearbeitet wie im gesamten vergangenen Jahr. Auch andere Umfragen deuten an, dass viele Menschen angesichts ihrer finanziellen Situation bereit sind, bei ihrer Altersvorsorge den Rotstift anzusetzen. Sollte sich diese Umfragen bestätigen, könnte es für die betroffenen Makler brenzlig werden.  

Die bisherigen staatlichen Hilfen für Selbstständige scheinen demzufolge ausbaufähig. „Offenbar konnten Bund, Länder und Kommunen mit den Hilfspaketen die Sorgen der Selbstständigen nicht hinreichend auffangen“, bemerken die Studienautoren um DIW-Professor Alexander Kritikos.    

Nachbesserung von Soforthilfen

Stattdessen gelte es nachzubessern. Zwar hat die Große Koalition jüngst Überbrückungshilfen beschlossen, die den krisenbedingten Ausfall von Umsätzen abmildern sollen – allerdings sind, wie auch die Soforthilfen, auf fixe Betriebskosten beschränkt. Die Studienautoren schlagen darum einen Blick zu den europäischen Nachbarn vor: So könnten Selbstständige eine Unterstützung zur Deckung privater Lebenskosten erhalten, die von den Finanzämtern gewährt wird.  

Denkbar wäre beispielsweise, Selbstständigen finanzielle Hilfe zu gewähren, wenn sie im Vergleich zum Durchschnitt der letzten zwölf Monate vor Beginn der Krise Umsatzeinbrüche von mehr als 50 Prozent hinnehmen mussten. Diesen Betroffenen würde jeden Monat der über 50 Prozent hinausgehende Umsatzverlust zu 80 Prozent ersetzt – gedeckelt wäre die Hilfe bei 2.000 Euro.  

Ein Vorschlag, der auch unter Maklern auf Wohlwollen stoßen könnte. Bereits im April hatte BVK-Präsident Heinz in einem Appell an Bundeskanzlerin Angela Merkel angemahnt, dass es bei der Soforthilfe für Versicherungsvermittler Anpassungen bedürfe.

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