bAV: Wann eine wertpapiergebundene Versorgungszusage lohnt

Die wertpapiergebundene Versorgungszusage wird derzeit noch kaum genutzt in der betrieblichen Altersversorgung. Dabei bietet sie gerade in Niedrigzinszeiten zahlreiche Vorteile, erläutert Michael Hoppstädter, Geschäftsführer des bAV-Beraters Longial.

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08:07 Uhr | 18. Juli | 2021

Ob Kapitalgarantien angesichts anhaltender Niedrigzinsen der richtige Weg sind, bezweifeln Experten längst. „Vom gesetzlich vorgeschriebenen Beitragserhalt ist ab 2022 abzurücken“, fordert etwa Guido Bader, Vorstandschef der Deutschen Aktuarvereinigung. „Der vollständige Beitragserhalt mündet sonst in einen Realwertverlust und würde damit auch das Aus für die Riester-Rente bedeuten“, so Bader.

Interessant ist eine wertpapiergebundene Versorgungszusage (WpVZ) mit Blick auf die bevorstehende Absenkung des Höchstrechnungszinses für Lebensversicherer auf 0,25 Prozent zum 1. Januar 2022, findet Michael Hoppstädter, Geschäftsführer des bAV-Beraters Longial. Dabei handelt es sich um eine Art der Direktzusage, die im Handelsgesetzbuch geregelt ist (§ 253 Abs. 1 Satz 3 HGB). „Die Höhe der Versorgungszusage ergibt sich aus dem Wert einer Kapitalanlage und ist demnach im eigentlichen Sinn die reine Form der Beitragszusage“, sagt der Experte, der bei Longial den Geschäftsbereich Kundenbetreuung, Beratung und Vertrieb verantwortet.

Aber: Die reine Beitragszusage ist für Direktzusagen nach dem Betriebsrentengesetz nicht zulässig. Daher muss die bAV in Form einer wertpapiergebundenen Versorgungszusage als beitragsorientierte Leistungszusage (BoLZ) ausgestaltet werden. Zum Beispiel, indem der Arbeitgeber den vollständigen Beitragserhalt garantiert – was einem Garantiezins von 0 Prozent entspricht. „Es ist auch möglich, einen höheren Zins zu garantieren, etwa 1,0 oder 2,0 Prozent. „Das macht das Modell für die Arbeitnehmer sehr attraktiv, allerdings trägt der Arbeitgeber die Risiken“, betont Hoppstädter.

Unabhängig von der Zinsschmelze

Vorteil gegenüber der Direktzusage: Die Verpflichtungen für die Handelsbilanz müssen nicht versicherungsmathematisch bewertet werden, solange die Wertpapiere nicht weniger wert sind als die garantierte Leistung. Der Wert der Kapitalanlage gibt die Höhe der Rückstellung vor. Das Problem klassischer Direktzusagen – der stetig sinkende Zins für die Bewertung der Pensionsverpflichtungen, also die sogenannte Zinsschmelze – besteht laut Hoppstädter bei der WpVZ nicht.

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Bei Insolvenz des Arbeitgebers springt der Pensions-Sicherungsverein (PSV) ein. Zusätzlich wird die Kapitalanlage in der Regel verpfändet oder über einen Treuhänder, ein sogenanntes Contractual Trust Arrangement (CTA), gesichert. Das Kapital gilt dann als Deckungsvermögen und muss in der Bilanz mit der Verpflichtung beziehungsweise Rückstellung saldiert werden (nach § 246 Abs. 2 S. 2 HGB). De facto sind damit keine Rückstellungen in der Bilanz auszuweisen.

„Die Verpfändung ist in der Regel kostenfrei, bringt aber Verwaltungsaufwand mit sich“, betont Hoppstädter auf Nachfrage von procontra. Das CTA dagegen verursache Kosten, reduziert aber in der Regel den Verwaltungsaufwand. „Bei kleinen Kollektiven oder Einzelpersonen wird daher meist die Verpfändung gewählt, bei größeren Kollektiven das CTA“, so der Pensionsberater. Hintergrund: Die zusätzliche Sicherung ist erforderlich, damit die Kapitalanlage als Deckungsvermögen (HGB) oder Plan Asset (IAS) anerkannt wird, was zu einer Saldierung mit der Verpflichtung führt. „Ohne diesen Umweg führt die Zusage mit Kapitalanlage zu einer Bilanzverlängerung und Rückstellungsbildung, weiß Hoppstädter.

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Worauf Makler achten sollten

Wichtig für Makler: Eine WpVZ kann sowohl für eine Person, etwa Geschäftsführer, Vorstand oder andere Führungskraft des Unternehmens, genutzt werden, gerade wenn es um Einmalzahlungen aus Tantiemen oder Boni geht. „Auch als Ersatz für die Entgeltumwandlung über eine Direktversicherung kann es schon ab zehn Personen Sinn machen“, so Hoppstädter. Allerdings zeigten die Erfahrungen, dass die Portabilität eher für die Direktversicherung spricht. „Für arbeitgeberfinanzierte bAV, wo bewusst eine attraktive Wertentwicklung im Vordergrund steht, ist es aus Sicht von Hoppstädter ebenfalls ab 10 Personen machbar.

Die WpVZ funktioniert auch in Kombination mit einer Direktversicherung. Letztere können zum Beispiel das BU-Risiko abdecken, die Altersvorsorge erfolgt über die wertpapiergebundene Zusage. Man könne auch in Bausteinen denken: Als Basisbaustein diene die Direktversicherung mit Entgeltumwandlung bis 4,0 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze samt 15 Prozent Arbeitgeberzuschuss, als Zusatzbaustein dann die WpVZ mit Einmal- oder laufenden Beiträgen.

Versicherungsmakler benötigen versierte Netzwerkspartner, um die WpVZ für ihre Firmenkunden rechtssicher beraten und installieren zu können. „Der Berater sollte das Thema kennen und die Zusammenhänge und Auswirkungen verstehen sowie auch die Erlaubnis zur Rechtsberatung haben oder Rechtsberater ins Boot holen“, rät Hoppstädter.

Wenn der Arbeitgeber die Freiheit der Kapitalanlage will

Die WpVZ ist eine Überlegung wert, weil die Aktienmärkte durch die Niedrigzinspolitik seit Jahren immer neue Höchststände markieren, während vermeintlich sichere Anlagen im Minuszinsbereich rentieren. In der WpVZ genießt das Unternehmen alle Freiheiten der Kapitalanlage und kann so auch ein eigenes Chance-/Risikoprofil auswählen. Spätere einvernehmliche Änderungen mit den Versorgungsberechtigten sind möglich, sodass die Anlage auch bei langen Laufzeiten flexibel bleibt. Einzahlungen können nahezu unbegrenzt steuerfrei eingebracht werden.

Bei der späteren Leistung sind Einmalzahlungen oder die Auszahlung beispielsweise in fünf Raten üblich. Das Kapital lässt sich auch in eine sofort beginnende Rentenversicherung einbringen und bietet so eine lebenslange Rente. Trotz aller Vorteile wird die WpVZ bisher kaum genutzt. Das liegt laut Hoppstädter wohl auch daran, dass die Direktzusage in der Regel mit einer Leistungszusage gleichgesetzt wird, ohne die guten Gestaltungsmöglichkeiten genauer zu betrachten.

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