LV-Vertrieb unter Druck

Value for Money?!: „Die Systemrelevanz von Vermittlern wird unterschätzt“

Für Ralf Berndt und Bastian Roeder vom Maklerpool BCA ist es dringend notwendig mit einer Brancheninitiative den LV-Vertrieb für die neuen Herausforderungen zu wappnen. Wer mit am Tisch sitzen soll und welche Signale man in Richtung Politik senden will, erklären sie im Interview mit procontra.

Bastian Roeder (r) und Ralf Berndt  von der BCA AG trommeln  für ein Umdenken im LV-Vertrieb.

Bastian Roeder (rechts) und Ralf Berndt von der BCA AG trommeln für ein Umdenken im LV-Vertrieb und für mehr Wertschätzung des Vermittlers. | Quelle: BCA AG

Was Sie erfahren werden

  • Wofür BCA eine Brancheninitiative initiieren will

  • Welche Herausforderungen den LV-Vertrieb betreffen

  • Wo Vorsorgeprodukte noch flexibler werden müssen

procontra: In einem Marktkommentar forderten Sie kürzlich, dass sich der LV-Vertrieb wandeln müsse. Was genau haben Sie damit gemeint?

Ralf Berndt: Fordern ist vielleicht etwas zu scharf formuliert. Vielmehr wollen wir einen lösungsorientierten Dialog zwischen Produktgebern, Maklern sowie Vertrieben und Dienstleistern in Gang setzen, weil sich zum einen die Kundenbedürfnisse und das Anlegerverhalten stark geändert haben und zum anderen durch die EU-Kleinanlegerstrategie ganz neue Anforderungen auf Produktgeber und den freien Vertrieb zukommen. Im Kern müssen wir uns Gedanken darüber machen, wie wir Produkte und Beratung noch kosteneffizienter gestalten können.

procontra: Wo sehen Sie denn da noch Potenzial?

Berndt: Je nachdem, wen Sie da fragen, werden Sie verschiedene Antworten bekommen. Daher ist eher die Frage, was ein fairer Kostensatz sein kann. Denn ganz ohne Kosten funktioniert das, was in Altersvorsorgeprodukten insgesamt steckt – nämlich Beratung, Produktentwicklung, Absicherung, Verwaltung etc. –nicht. Und das sollte bei der Bewertung des „Value für Money“, also was bekommt der Kunde für sein Geld, mit einbezogen werden. 

Aber unabhängig von der Fairness-Frage ist es schlicht eine politische Forderung, die Kosten zu senken. Damit müssen wir als Branche umgehen und Lösungen finden.

procontra: Finden Sie bei solchen politischen Forderungen, dass die persönliche Beratung ausreichend erkannt und anerkannt wird?

Berndt: Politisch nein. Der politische Mainstream geht davon aus, dass sich die Kunden online selbst informieren und gemäß ihren Bedürfnissen dann auch die richtigen Produktlösungen wählen. Aber das funktioniert nicht. Die Notwendigkeit und gesellschaftliche Systemrelevanz von persönlicher Beratung für die private Vorsorge wird
tatsächlich in der Politik nicht besonders stark gesehen. Stattdessen wachsen die Anforderungen durch die EU-Kleinanlegerstrategie an die Produktgeber, was den Value for Money angeht, die auch auf den freien Vertrieb abstrahlen. Auch Vermittler müssen also prüfen, ob der Produktnutzen wirklich gegeben ist.

Der politische Mainstream geht davon aus, dass sich die Kunden online selbst informieren und gemäß ihren Bedürfnissen dann auch die richtigen Produktlösungen wählen. Aber das funktioniert nicht.
Ralf Berndt

procontra: Entspricht die heutige Angebotspalette bereits den Anforderungen an Kosteneffizienz oder wo muss da noch nachgebessert werden?

Berndt: Ich denke, Vermittler finden heute bereits ausreichend kosteneffiziente Produkte. Durch die RIS müssen sie diesen Punkt zukünftig noch stärker beachten. Nur diese Produkte zu finden und zu vergleichen, ist heute oftmals gar nicht so leicht. 


Bastian Roeder: Leider ist die Wertschätzung für die Vermittlerleistung viel zu gering und ihre Systemrelevanz wird unterschätzt. Value for Money muss außer dem Produkt auch die Beratung berücksichtigen. Und beratungsseitig müssen wir die Verbindung von versicherungsmäßiger Vorsorge mit Investmentaspekten viel stärker in den Fokus nehmen.

procontra: Welche Ansätze sehen Sie denn da konkret?

Roeder: Produkte müssen in der Anspar- und auch Auszahlungsphase noch flexibler werden. Denn die häufigsten Gründe, warum Kunden ihre Verträge vorzeitig beenden oder beitragsfrei stellen, sind auf einen (plötzlichen) Liquiditätsbedarf zurückzuführen. Entnahmen, Zuzahlungen und Fondstausch in fondsgebundenen Produkten müssen beispielsweise analog einem ETF- oder Fondsprodukt noch einfacher individuell und digital möglich sein, damit ein Vorsorgeprodukte auch in verschiedenen Lebensphasen noch zum Kunden passt und die Kündigung nicht alternativlos scheint. Hier gilt es über Innovationen nachzudenken, ebenso über Lösungsansätze, wie die Kostenbasis für Vertrieb und Verwaltung schlanker wird, beispielsweise durch Effizienzgewinne und neue Ansätze, was die Verteilung der Vergütung angeht. Auch um der Politik zu signalisieren, dass man von innen heraus Lösungen entwickeln kann. Dafür wollen wir mit unserer Brancheninitiative Produktgeber, Vermittler und Pools an einen Tisch bringen.

Produkte müssen in der Anspar- und auch Auszahlungsphase noch flexibler werden…damit die Kündigung nicht alternativlos scheint.
Bastian Roeder

procontra: An so einem Tisch geht es letztlich darum, den Kundenbedürfnissen gerecht zu werden. Jetzt gilt insbesondere die junge Generation als Selbstentscheider, die – vereinfacht ausgedrückt über ETF-Sparpläne ihre Finanzen selbst regeln will. Warum sind Sie so zuversichtlich, dass Sie bei diesen Plänen noch eine Rolle spielen?

Roeder: Auch jüngere Kunden nutzen nachweisbar vermehrt persönliche Beratung. Sie wollen eben oft nur anders interagieren als es die Branche lange gewohnt war – digital und rund um die Uhr. Daher müssen wir als Maklerpool unsere Vertriebspartner, etwa mit einer Endkunden-App befähigen, diese Wünsche erfüllen zu können.

procontra: In Zeiten der Informationsflut und vieler unseriöser Angebote im Internet, wiegt der Nutzen des persönlichen Beraters wieder viel schwerer. Da ist man dann eher bei einem Value for Advice und nicht nur bei einem Value for Money, oder?

Berndt: Absolut. Den Stellenwert der persönlichen Beratung kann man nicht hoch genug hängen. Erst recht mit Blick auf die Notwendigkeit in Sachen zusätzlicher privater Altersvorsorge aktiv werden zu müssen. Und das ist ja auch ein politischer Wille – der dann den Mehrwert einer persönlichen Beratung aber auch stärker berücksichtigen sollte.

 

Worauf in 2026 zu achten ist

  • Was die BCA-Brancheninitiative bewirken will/ wird

  • Wie sich Produkte unter der Value for Money-Vorgabe verändern werden

  • Kunden noch stärker über den Wert einer Beratung aufklären