Kolumne
"Value for Advice" statt "Value for Money"
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„Value for Money“ hat sich in Brüssel und Deutschland zu einem politischen Mantra entwickelt. EU-Kommission, BaFin, Ministerien – alle wiederholen es. Der Preis wird zum Maß aller Dinge erhoben. Als sei Vorsorge ein Discount-Produkt, das man mit einem schnellen Blick auf die Kostenquote beurteilen kann. Doch das ist gefährlich verkürzt. Denn wer nur auf die Kosten starrt, blendet den entscheidenden Faktor aus: Ohne gute Beratung hilft das beste Produkt niemandem. Beratung verhindert Fehlentscheidungen. Beratung sorgt für Verstehen. Beratung stellt sicher, dass Lösungen zur Lebenswirklichkeit passen. Genau die Ziele, die Aufsicht und Politik ständig betonen – und gleichzeitig erschweren.
Es entsteht zunehmend der Eindruck, als seien Beraterinnen und Berater ein Risiko, das man möglichst eng einschnüren müsse. Dabei ist das Gegenteil richtig: Sie stabilisieren den Markt. Sie filtern, sortieren, erklären. Und sie übernehmen Verantwortung, wo Regulierung längst an ihre Grenzen stößt.
Wer Kosten optimiert, aber Qualität in der Beratung ignoriert, erreicht keinen besseren Markt. Ein Produkt kann regulatorisch sauber und kosteneffizient sein – und trotzdem völlig ungeeignet für die konkrete Lebenslage eines Menschen. Genau hier beginnt der Wert echter Beratung. Und genau diesen Wert übersieht die politische Debatte konsequent.
Deutschland und Europa müssen sich entscheiden: Wollen wir ein System, das Menschen hilft, richtige Entscheidungen zu treffen? Oder ein System, das glaubt, die Realität passe schon in ein Preisschema? Wenn die Politik weiter Beratung systematisch erschwert, gewinnen am Ende nicht Transparenz und Verbraucherschutz – vielmehr setzen sich PR, Halbwissen und Finfluencer durch. Die entscheidende Frage lautet deshalb nicht, was Beratung kostet, sondern: Was kostet es, wenn Menschen sie nicht mehr bekommen?
