BGH-Urteil

Wann die Lebensversicherung nicht widerrufen werden darf

Eine Frau hatte eine Lebensversicherung als Absicherung für ihr Baudarlehen abgeschlossen. Als sie 20 Jahre später ihr ewiges Widerspruchsrecht nutzen wollte, stellte sich der Versicherer quer. Der BGH musste entscheiden.

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14:08 Uhr | 22. August | 2023
Wann die Lebensversicherung nicht widerrufen werden darf

Ewiges Widerspruchsrecht: Wer mit einer Lebensversicherung sein Bankdarlehen für den Hausbau abgesichert hat, sollte dieses Bundesgerichtshof-Urteil kennen.

| Quelle: BGH

Eine Frau hatte 1999 eine kapitalbildende Lebensversicherung abgeschlossen und seitdem konstant ihre Beiträge dafür gezahlt. Doch im Jahr 2018, also fast 20 Jahre später, wollte sie den Vertrag beenden. Allerdings nicht per Kündigung. Sie wollte den Vertrag rückabwickeln, indem sie von ihrem ewigen Widerspruchsrecht Gebrauch machen wollte.

Dieses beschäftigt immer wieder Gerichte und Versicherungsgunternehmen. Da sich die Widerrufsbelehrungen vieler Policen in den Jahren 1994 bis 2007 als fehlerhaft herausgestellt haben, lassen immer wieder Kunden ihre seit vielen Jahren laufenden Verträge rückabwickeln, was eine Erstattung sämtlicher Beiträge bedeutet. Vor allem, wenn sich der Vertrag nicht nach ihren Vorstellungen entwickelt hat, wird dies gern genutzt. Dabei können die Kunden sogar Verträge „widerrufen“, deren Vertragsdauer bereits beendet ist. Allerdings zeigen Gerichte in bestimmten Fällen auch immer wieder die Grenzen des ewigen Widerspruchsrechts auf.

BGH erkennt treuwidriges Verhalten

Im besagten Fall wollte die Frau abzüglich Risikokosten (Todesfallschutz) für den bisher verstrichenen Versicherungszeitraum dadurch 113.816,74 Euro an eingezahlten Beiträgen zurückerhalten. Doch ihr Lebensversicherer stellte sich quer, weshalb der Fall vor Gericht landete. Nach erfolglosen Verfahren in den Vorinstanzen ging die Kundin bis vor den Bundesgerichtshof. Doch auch der BGH machte mit seinem Urteil vom 19.07.2023 (Az.: IV ZR 268/21) ihre Hoffnungen zunichte.

Denn in ihrem Fall habe der Lebensversicherer zurecht ein schutzwürdiges Vertrauen in den Bestand des Vertrages gehabt, so die Richter. Zwar sei die Widerrufsbelehrung zweifellos fehlerhaft gewesen. Doch der Grund für den Vertragsabschluss und dessen Fortbestand ließen den BGH erschließen, dass die Kundin sich durch den Widerruf treuwidrig verhalte (§ 242 BGB).

Sie hatte nämlich im Antrag als Anlass für den Vertragsabschluss angegeben, dass die Police als Absicherung für den Kauf einer selbst genutzten Immobilie dienen solle. Direkt nach Abschluss hatte sie zudem alle Rechte aus der Lebensversicherung als Sicherheit für ein Baudarlehen an ihre Bank abgetreten. Auch die Todesfallleistung hätte zur Tilgung des Darlehens verwendet werden sollen. Deshalb habe die Lebensversicherung nur bei Bestehen ihren Zweck erfüllt und folglich ein schutzwürdiges Vertrauen des Produktgebers in den Fortbestand des Vertrages begründet. Somit blieb der Frau der Widerruf ihrer Police verwehrt.