Ewiges Widerrufsrecht: Kundin scheitert gegen privaten Krankenversicherer

Eine Kundin wollte ihre private Pflegepflichtversicherung rückabwickeln lassen, weil sie unter anderem nicht ordentlich über ihr Widerrufsrecht aufgeklärt worden sei. Warum dies nicht möglich ist, führte ihr letztlich das Landessozialgericht Stuttgart vor Augen.

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13:02 Uhr | 01. Februar | 2022

Über das ewige Widerrufsrecht können Versicherungsnehmer auch etliche Jahre nach Vertragsschluss noch Policen rückabwickeln lassen – sofern die Voraussetzungen dafür vorliegen. Häufig nutzen Verbraucher diese Möglichkeit bei Lebensversicherungen mit schlechter Wertentwicklung. Doch auch die private Krankenversicherung (PKV) ist nicht vor Klagen gefeit. Dass sich die private Pflegepflichtversicherung (PPV) aber für eine Rückabwicklung nicht gut eignet, musste eine Frau kürzlich vor dem Landessozialgericht BaWü in Stuttgart feststellen.

Im Februar 2009 hatte sie für sich und ihre Tochter eine PPV bei einem privaten Krankenversicherer abgeschlossen. Vom Vertragsbeginn im März 2009 an bis zum November 2014 bezahlte sie dafür die monatlichen Beiträge. Von Dezember 2014 bis Januar 2018 zahlte sie allerdings nichts mehr. Im September 2018 widerrief sie den Vertrag unter Angabe mehrerer Gründe: Das Vertragsdatum sei nicht korrekt, Verbraucherinformationen, AGB und Widerrufsbelehrung seien ihr nicht übergeben worden und auf dem nachträglich zugesandten Beratungsprotokoll finde sich eine gefälschte Unterschrift. Zudem verlangte sie vom Versicherer 11.000 Euro Schadenersatz, weil dieser in der Zwischenzeit entstandene Krankheitskosten nicht übernommen habe.

Der PKV-Anbieter seinerseits veranlasste einen Mahnbescheid gegen die Frau, weil rund 1.800 Euro Beiträge noch offen waren und verlangte außerdem rund 200 Euro für Zinsen, Gerichts-, Rechtsanwalts- und Mahnkosten von ihr. Damit bekam er auch zunächst vor dem Sozialgericht Heilbronn Recht.

Versicherungspflicht schlägt ewiges Widerrufsrecht

Das wollte die Dame nicht auf sich sitzen lassen und legte Berufung vor dem LSG BaWü ein. Doch auch dieses erteilte ihren Forderungen eine Abfuhr (Az: L 4 P 180/19 vom 10.12.2021) und musste dabei noch nicht einmal klären, ob die Frau tatsächlich unzureichend über ihr Widerrufsrecht aufgeklärt worden war. Denn selbst im Falle eines wirksamen Vertragswiderrufs stehe der fehlende Nachweis einer Anschlussversicherung entgegen, so die Richter. Die Regelung im Sozialgesetzbuch (hier § 23 Abs. 2 Satz 4 SGB XI), wonach bei Versicherungspflicht eine Kündigung des Vertrages erst wirksam wird, wenn der Versicherungsnehmer nachweist, dass die versicherte Person bei einem neuen Versicherer ohne Unterbrechung versichert ist, sei auf den Widerruf einer PPV analog anzuwenden. Mit dieser Regelung solle ein lückenloser Versicherungsschutz im Falle der Eigenkündigung gewährleistet werden.

Allerdings wiesen die Richter im Falle der PPV auch auf eine gesetzgeberische Lücke hin. Denn rein theoretisch könne das ewige Widerrufsrecht auch in dieser Vertragsform Wirkung finden. Dies hätte zur Folge, dass sich Versicherungsnehmer durch bloße Ausübung des Widerrufsrechts der Versicherungspflicht entziehen könnten. Das bedeutet, dass auch wenn ein langjähriger Vertrag widerrufen wird, stets ein Nachweis über nahtlosen Versicherungsschutz bei einem anderen Anbieter erbracht werden muss. Das wiederum dürfte aber quasi unmöglich sei – außer vielleicht über eine Mitversicherung beim Ehepartner in der gesetzlichen Pflegeversicherung. Da die Frau nichts dergleichen vorlegen konnte, wurde ihre Berufung zurückgewiesen.

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