Reform der Hinterbliebenenabsicherung

Wirtschaftsweise will Witwenrente abschaffen

Die Ökonomin Monika Schnitzer will die Absicherung von Ehepartnern im Rentenalter radikal umgestalten: Statt der Witwenrente soll künftig ein verpflichtendes Rentensplitting eingeführt werden.

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13:07 Uhr | 07. Juli | 2023
Monika Schnitzer

„Die jetzige Regelung reduziert die Anreize, eine eigene Beschäftigung aufzunehmen“: Die Wirtschaftsweise Monika Schnitzer fordert die Abschaffung der Witwenrente.

| Quelle: Sachverständigenrat Wirtschaft

Der Eintritt der Babyboomer-Generation ins Rentenalter stellt das System der gesetzlichen Rentenversicherung bekanntermaßen vor eine historische Herausforderung, gleichzeitig sorgt er für eine drastische Verschärfung des Fachkräftemangels. Vor diesem Hintergrund bringt nun die für ihre polarisierenden Äußerungen bekannte „Wirtschaftsweise“ Monika Schnitzer einen Vorschlag ins Spiel, der die Wellen der Empörung hochschlagen lassen dürfte: Die Ökonomin forderte auf einer Podiumsdiskussion des Instituts zur Zukunft der Arbeit (IZA) die Abschaffung der Witwenrente in ihrer bisherigen Form.

Kein ersatzloses Streichen der Rentenzahlung

„Die jetzige Regelung reduziert die Anreize, eine eigene Beschäftigung aufzunehmen“, konkretisierte Schnitzer ihren Vorschlag im Gespräch mit dem „Spiegel“ und ergänzte: „Außerdem tragen so alleinstehende Beitragszahlende zur Finanzierung von Rentenansprüchen für nicht erwerbstätige Partner bei, die selbst nicht in das System einzahlen.“ Es ginge jedoch nicht darum, Hinterbliebenen, die selbst nie sozialversicherungspflichtig beschäftigt waren, die Rentenzahlung künftig ersatzlos zu streichen. Stattdessen solle das seit 2002 bestehende Rentensplitting zu einer verpflichtenden Versorgungsvariante ausgestaltet werden.

Beim Rentensplitting werden alle Rentenansprüche, die von einem oder beiden Partnern während einer Ehe erworben wurden, jeweils hälftig – nach dem Prinzip der Zugewinngemeinschaft in einer Ehe – aufgeteilt. So bleiben nach dem Tod eines Partners dem Hinterbliebenen eben diese Hälfte der Rentenansprüche plus die vor der Ehe erworbenen eigenen Ansprüche.

Dass die Witwenrente abgeschafft werden solle, sei ihre persönliche Meinung, sagte Schnitzer. Damit würde nicht die Sicht des Sachverständigenrates der „Wirtschaftsweisen“ wiedergegeben.

Private Altersvorsorge rückt stärker in den Fokus

Aktuell wird die Witwenrente nach folgender Regelung ausgezahlt: Hinterbliebene Ehepartner erhalten mindestens 55 Prozent der Rente des verstorbenen Partners – unabhängig davon, ob Ansprüche während der Ehe erworben wurden oder nicht. Hinzu kommen Kinderzuschläge von mehr als 70 Euro für das erste und mehr als 35 Euro für jedes weitere Kind. Diese Regelung widerspreche dem Äquivalenzprinzip, wonach sich Auszahlungen grundsätzlich nach selbst geleisteten Beiträgen bemessen, sagte Schnitzer.

Für den Fall, dass der Vorschlag der Ökonomin umgesetzt wird, wären die Auswirkungen auf die private Vorsorgesituation vieler Menschen drastisch. Denn entscheiden sich Paare dann weiterhin für eine traditionelle Rollenverteilung, muss sich der nicht erwerbstätige Partner wesentlich stärker über eine private Altersvorsorge absichern als bislang.