Fonds für die Entsorgung von Atommüll

„Wir müssen für ein gewisses Risiko bereit sein“

KENFO heißt der milliardenschwere Fonds, mit dem der Staat die Atommüllentsorgung künftig finanzieren will. Der Fonds dient Bundesfinanzminister Lindner als Vorbild für die Aktienrente. Doch ist das Portfolio nicht unumstritten.

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14:05 Uhr | 22. Mai | 2023
Atommüll

Mit dem milliardenschweren Fonds namens KENFO will die Bundesregierung die Entsorgung des Atommülls in Zukunft finanzieren. Allerdings ist der Fonds bereits in Verruf geraten. Worin genau investiert er?

| Quelle: tiero

Mit dem 25,5 Milliarden schweren Fonds zur Finanzierung der kerntechnischen Entsorgung (KENFO) wird im Auftrag des Staates seit 2017 Geld angelegt, um damit die Entsorgung von Atommüll dauerhaft zu finanzieren. Das Geld selbst stammt von Eon, EnBW, RWE und Vattenfall – allesamt Kraftwerksbetreiber. Das Besondere am KENFO: Er dient Bundesfinanzminister Christian Lindner als Blaupause für den Aufbau der von ihm ins Leben gerufenen Aktienrente. Darum stellt sich die Frage: Worin genau investiert der Kenfo?

Thomas Blev, CFO und Chief Risk Officer KENFO, skizziert die derzeitige Zielallokation des „ersten deutschen Staatsfonds“: Demnach sollen 35 Prozent in weltweite Aktien und REITs (Real-Estate-Investment-Trust), 29 Prozent in illiquide Anlagen, weitere 25 Prozent im Unternehmens- und Schwellenländeranleihen und neun Prozent in Staatsanleihen fließen. „Wir wollten ein stärkeres Gewicht in Europa und Asien haben“, so Blev auf der Jahrestagung der Arbeitsgemeinschaft betriebliche Altersversorgung. „Das haben wir erreicht. Das Portfolio ist gut steuerungsfähig.“ Der KENFO kann dabei in bis zu 50 Prozent Fremdwährung investieren. Der Fonds peilt eine Rendite von 3,7 Prozent an. Aufgelegt ist er bis Ende des Jahrhunderts.

Global und breit diversifiziert, langfristiger Anlagehorizont: Das klingt ganz nach dem simplen 1x1 aus dem goldenen Buch der Anlegerregeln. Dennoch ist klar: Seit dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine hat auch das KENFO-Portfolio gelitten. Die Marktwertverluste lagen 2022 bei 12,2 Prozent. Und: Steigt das Zinsniveau, steigt damit auch die Zielrendite. „Wir müssen grundsätzlich für ein gewisses Risiko bereit sein“, gibt Blev zu. Um also die Stiftungsziele erreichen zu können, sollen 29 Prozent in illiquide Anlagen wie Private Equity, Private Dept, Immobilien und Infrastruktur gehen. Doch davon ist man aktuell noch weit entfernt, der Wert bewegt sich derzeit bei circa sieben Prozent.

Strategische Asset Allokation des KENFO

Ziel des KENFO ist eine 60/40-Aufteilung: 60 Porzent sollen in Aktien, 40 Prozent in festverzinsliche Anlagen investiert werden.

| Quelle: KENFO

Bei der Auswahl der Assetklassen werden, laut Blev, ESG-Kriterien beachtet. Tatsächlich ist es auch gesetzlich vorgegeben, dass der Fonds ökologisch, ethisch und sozial investiert. „Das kostet keine Performance, minimiert aber die Risiken“, erklärt Blev. Aber wie integer ist der Fonds tatsächlich in Bezug auf diese Kriterien? Einmal im Sommer muss die Stiftung eine Übersicht über die Investments zum Stichtag 31. Dezember veröffentlichen. Die 53-Seiten-lange Aufschlüsselung zeigt: Ende 2021 sind über 200 Millionen Euro in russische Aktien und Staatsanleihen geflossen.

49 Millionen Euro wurden in den Ölkonzern Lukoil investiert, 3,5 Millionen Euro gingen in den russischen Stahlkonzern Magnitogorsk Iron & Steel Works PJSC, 4,5 Millionen Euro in das Mobilfunkunternehmen Mobile Telesystems PJSC. Zudem waren 17,3 Millionen in Moscow Exchange MICEX-RTS PAO investiert, 4,5 Millionen Euro wurden in Aktien des Düngemittelherstellers PhosAgro PJSC angelegt, ganze 38,8 Millionen Euro flossen in die Sberbank of Russia PJSC und 90 Millionen Euro gingen in russische Rentenpapiere.

Nun ließe sich einwenden, dass der Krieg 2022 begann, das Portfolio also in der Zwischenzeit bereinigt worden sein könnte. Allerdings lässt diese Denkweise außer Acht, dass sich Russland auch vor dem Angriffskrieg nicht als lupenreine Demokratie offenbart hat, von der völkerrechtlichen Annexion der Krim ganz abgesehen. Mittlerweile habe der KENFO diese Investments allerdings zurückgefahren, erklärte ein Sprecher gegenüber dem Handelsblatt.

Jedoch investierte der KENFO bis 2021 auch in Unternehmen wie BP, Shell und China Petroleum & Chemical Corporation. Allesamt keine Unternehmen, die mit dem Thema Nachhaltigkeit in Verbindung gebracht werden.

Die drei größten Positionen im Portfolio sind Samsung Electronics mit 141 Millionen Euro, Vonovia mit 140,6 Millionen Euro und Apple mit knapp 140 Millionen Euro. Danach folgt der Halbleiterhersteller Taiwan Semiconductor Manufacturing Company mit 140 Millionen Euro und Microsoft mit 120 Millionen Euro. Damit entspricht die Wahl der dominierenden Positionen der Ausrichtung diverser Portfolios.

Doch wer entscheidet über Assetklassen und die Aktienauswahl? „Das sind Generalisten, aber sie stellen sehr gute Fragen und bringen interessante Perspektiven rein“, erklärt Blev. Die Frage der Fachkompetenz sei zu Beginn seine größte Sorge gewesen, die sich mit der Zeit aber gelegt habe. Die Assetmanager werden in Anlehnung an das Vergaberecht ausgewählt, die Top-4-Kanditaten werden „für den Beautycontest ausgewählt, einer kann das Mandat gewinnen“, so der KENFO-Manager. Während die Verwaltungskosten bei etwa 10 Millionen Euro (4 Basispunkte) liegen, seien es für die Assetmanager 32,7 Millionen Euro (14 Basispunkte) in 2021 gewesen.