Wasserfonds: Heiße Deals mit kühlem Nass

Sauberes Wasser wird knapper und damit wertvoller. Das bietet Chancen für Investoren, die Rendite und Nachhaltigkeit miteinander verbinden wollen. Berater sollten aber sehr genau hinschauen: So manche Aktie verschlimmert die Wasserknappheit noch.

08:01 Uhr | 19. Januar | 2021

Im niedersächsischen Lauenau musste im August die Feuerwehr ausrücken, weil nicht mehr genug Wasser aus dem Hahn kam. Im nordrhein-westfälischen Borgholz­hausen ordnete die Stadt die Schließung eines Freibads an, weil die Wasserreserven einen bedrohlichen Tiefstand erreicht hatten. Und im rheinland-pfälzischen Simmern-Rheinböllen durften die Bewohner vorübergehend ihren Rasen nicht mehr wässern. Diese drei Szenen aus dem Hitzesommer 2020 zeigen: Sauberes Wasser ist auch hierzulande längst nicht mehr im Überfluss vorhanden.

Das Problem dürfte sich in Zukunft weiter verschärfen. „Der Klimawandel verändert die Verfügbarkeit von Wasser, in Qualität und Menge, für menschliche Grundbedürfnisse. Milliarden Menschen können deshalb womöglich ihre Menschenrechte auf Wasser und Sanitärversorgung nicht mehr ausüben“, schreibt die UNESCO in ihrem Weltwasserbericht 2020.

Überall, wo Ressourcen knapper werden und die Nachfrage unverändert bleibt oder sogar steigt, wittert die Fondsindustrie ein lukratives Geschäft. Trinkwasser ist keine Ausnahme: Anleger haben allein in Deutschland die Wahl aus 20 Aktienfonds, die Rendite mit Dienstleistungen rund um die Trinkwasserversorgung erzielen wollen. Der älteste und wohl bekannteste aktive Wasserfonds stammt vom Schweizer Fondsanbieter Pictet und kam im Jahr 2000 auf den Markt. Das Management verwaltet derzeit 5,5 Milliarden Euro. Im Fonds BNP Paribas Aqua stecken immerhin zwei Milliarden Euro. Auch bei passiven Fonds ist sauberes Wasser zum Trend avanciert – etwa beim iShares Global Water ETF, der den Index S&P Global Water nachbildet.

Diversifizierung ist schwierig

Die Fondsindustrie bewirbt ihre Produkte gern damit, dass das Anlegergeld in Zielfirmen fließe, die etwas gegen die Trinkwasser-Knappheit unternehmen. Investoren sollen mit ihrem Geld also nicht nur Rendite erwirtschaften, sondern zugleich ein globales Problem angehen. Als Vorzeige-Investment vieler Fonds gelten denn auch Aktien von Wasserversorgern wie Veolia. Das Unternehmen mit Sitz in Paris sorgt dafür, dass sauberes Wasser aus dem Hahn kommt und Abwasser in der Kanalisation verschwindet.

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Ebenfalls beliebt sind Aktien von Unternehmen, die sich um die Instandhaltung von Rohren und Kanälen kümmern oder an Innovationen forschen, die für mehr sauberes Wasser auf der Welt sorgen sollen. Das Problem: Von diesen sogenannten „Pure Play“-Titeln, die nah am eigentlichen Thema des Fonds sind, gibt es auf dem Markt nur sehr wenige. Damit allein ein diversifiziertes Portfolio aufzubauen ist schwierig. „Viele Fondsanbieter fassen das Anlageuniversum deshalb breiter und inves­tieren auch in Konzerne, die nur am Rande mit Wasser zu tun haben“, erklärt André Härtel, Analyst bei der Fondsratingagentur Scope.

Lange fanden sich in vielen Wasserfonds sogar Anteilsscheine von Lebensmittelunternehmen wie Pepsico, Nestlé oder Danone. Mit Wasser haben diese nur insoweit zu tun, als sie es in Flaschen abfüllen und verkaufen. Und dafür immer wieder in der Kritik stehen: Mit ihrem Streben nach Absatz und höheren Margen verschärfen die Konzerne die Trinkwasser-Knappheit auf der Welt sogar noch, mahnen Wasser-Aktivisten. Von solcherlei Investments haben sich die meisten Wasserfonds-Manager aber mittlerweile distanziert, auch in den großen Branchenindizes sind sie nicht mehr vertreten.

Rein ist nicht gleich gut

Umgekehrt gilt aber auch: Nur weil ein Fonds „rein“ ist, also bei seinen Investments sehr nah am Thema bleibt, ist er nicht gleich ein Kaufkandidat. Ein Problem von Wasserfonds, die sich etwa auf Meerwasserentsalzung & Co. spezialisieren, ist, dass sie – logischerweise – oft Aktien kleiner, hochspezialisierter Unternehmen enthalten. „Wer in einen Themenfonds investiert, geht faktisch eine Wette gegen den Markt ein“, führt Ali Masarwah, Deutschland-Chefredakteur des Fondsanalysehauses Morningstar, aus. „Er spekuliert darauf, dass ein oftmals sehr spezielles Kapitalmarktsegment in Zukunft eine deutlich größere Bedeutung haben wird.“

Doch bis Investoren auf ein Thema aufmerksam geworden sind und es genug börsennotierte Konzerne gibt, sei die Zeit der größten Wertsteigerungen oft schon vorüber. Zumindest in der Corona-Krise haben sich Wasserfonds wacker geschlagen. Der Wasserindex S&P Global Water hat in den vergangenen fünf Jahren – bis Ende Oktober 2020 – um knapp 65 Prozent zugelegt. Der US-Index S&P 500 liegt mit einem Plus von rund 55 Prozent im selben Zeitraum etwas darunter. Die bessere Performance des Wasser-Index ist aber weniger dem Trendthema Trinkwasser zu verdanken als vielmehr dem Branchenschwerpunkt: Versorger verfügen durch ihre lang laufenden Verträge in der Regel über einen hohen und stabilen Cashflow. Damit halten sie sich in Krisenzeiten meist besser als der breite Markt.