Unfallforscher plädieren für mehr Regeln für E-Bikes

Die Zahl der Fahrradunfälle ist hoch, besonders für Pedelec-Fahrer stieg zuletzt das Unfallrisiko. Nun wollen die Versicherer neue Regeln, um das Unfallrisiko auf dem Drahtesel zu senken.

Author_image
10:08 Uhr | 17. August | 2022

Der 2. Juni 2021 war für Fahrradfahrer in Deutschland ein besonders gefährlicher Tag: Insgesamt 536 Rad-Unfälle mit Personenschaden registriert der Unfallatlas des Statistischen Bundesamtes für dieses Datum – an keinem Tag krachte es häufiger. Insgesamt bildete der Juni im vergangenen Jahr zeitlich den Unfallschwerpunkt für Radler. In den Wintermonaten sind es hingegen weit weniger. Für den 3. Januar sind beispielsweise nur 20 Fahrradunfälle mit Personenschaden verzeichnet. Bei schlechtem Wetter und kalten Temperaturen scheint die Lust der Deutschen am Fahrradfahren offenbar gebremst.  

Während sich die Zahl der Unfälle mit „normalen“ Fahrrädern zuletzt rückläufig entwickelte, nahm die Zahl der Unfälle mit Pedelecs laut Statistischem Bundesamt deutlich zu. In einem Pressegespräch im Juli sprachen die Statistiker von insgesamt 17.285 Pedelec-Unfällen mit Personenschaden. Zum Vergleich: 2014 waren es lediglich 2.245. Der deutliche Anstieg ist wohl in erster Linie mit dem Verkaufsboom der E-Bikes zu begründen – mittlerweile findet sich ein elektrisch unterstützter Drahtesel in 13 Prozent aller Haushalte.

Besorgniserregend ist jedoch die Tatsache, dass Pedelecunfälle häufiger tödlich enden als Unfälle mit einem nicht-motorisierten Rad. Betroffen sind dabei auch immer häufiger junge Menschen. Ärzte sprechen zudem von einer Vielzahl von schweren Verletzungen.  

Um die Unfallzahlen zu senken hat nun anlässlich des in Goslar stattfindenden Verkehrsgerichtstages die Unfallforschung der deutschen Versicherer (UDV) mehrere Vorschläge unterbreitet, wie der Radverkehr sicherer gestaltet werden könnte.  

1.) Grundstückszufahren sicherer gestalten  

Einfahrten zu Supermarkt-Parkplätzen, Parkhäusern oder Firmengeländen sind für Fahrradfahrer ein absoluter Unfall-Hotspot. „Fast jeder fünfte Unfall zwischen einem Radfahrer und einem Pkw und fast jeder siebte Unfall mit schwerverletzten oder getöteten Radfahrern passiert an einer solchen Grundstückszufahrt“, sagt der Leiter der UDV, Siegfried Brockmann. Die Unfallforscher schlagen darum vor, dass die Kommunen strengere Anforderungen an die Gestaltung von Grundstückseinfahrten erlassen – diese könnten je nach Lage das Schaffen freier Sichtachsen, das Anbringen von Spiegeln oder gar die Errichtung von Ampeln beinhalten  

2.) Dooring-Unfälle verhindern

Eine Autotür öffnet sich just in dem Moment, wenn ein Radler das parkende Fahrzeug passiert: Eine Horrorvorstellung für viele Radfahrer. Dieser Gefahr könnte man mit einer technischen Neujustierung der in vielen neueren Autos verbauten Totwinkelwarner abhelfen. „Dafür müssten die Systeme so eingestellt werden, dass sie bis zum Aussteigen der Passagiere aktiv bleiben und den Fahrer sowohl optisch als auch akustisch warnen, wenn sich ein Radfahrer nähert“, so Brockmann.  

3.) Größen-Beschränkungen für Räder

Manche Lastenfahrräder werden aufgrund ihrer Maße auch gerne mal als SUV der Radwege bezeichnet. Auch die Unfallforscher der Versicherer sehen einen Trend zu immer größeren, breiteren und schwereren Pedelecs. Diese gelten jedoch nach wie vor als Fahrräder und können entsprechend überall da fahren, wo Fahrräder zugelassen sind. Die Risiken seien bei diesen größeren Rädern jedoch weitaus höher als bei denen mit „Normalmaßen“. Brockmann plädiert deshalb für Größenbeschränkungen.  

4.) Tretunterstützung an Muskelkraft anpassen

Mit einem Pedelec können auch ältere Menschen Geschwindigkeiten bis zu 25 Kilometer pro Stunde problemlos erreichen. Aus Sicht der Unfallforscher wäre aber eine an die jeweilige Muskelkraft des Fahrers angepasste Tretunterstützung zu begrüßen. „Aktuell erreicht jeder Fahrer auch mit geringstem Krafteinsatz die Höchstgeschwindigkeit von 25 km/h. Mit Hilfe des schon vorhandenen Drehmomentsensors könnten Pedelecs aber auch so eingestellt werden, dass weniger kräftige Fahrer nicht mehr 25 km/h, sondern nur noch die Geschwindigkeit erreichen, die sie mit dieser Kraft auch auf einem „normalen” Fahrrad geschafft hätten. „Sie könnten dank des Motors weiterhin ermüdungsfrei und auch bergauf fahren, während gleichzeitig das Risiko schwerer Verletzungen nach einem Unfall deutlich reduziert wäre“, so Brockmann.