Schutz für die grüne Lunge: Bestände durchforsten

Brenzlige Situation für den deutschen Wald, wo längst nicht mehr alles im grünen Bereich ist. Lösungsansatz für Versicherer und somit auch Makler: mit Prävention und Risikoschutz auf Nachhaltigkeit abzielen.

12:09 Uhr | 12. September | 2022

Nationalpark Harz und Sächsische Schweiz. Brandenburg, Bayern, Berlin. Der Wald brennt, „auch in Regionen, wo das früher nur sehr selten vorkam – wie beispielsweise in Hessen oder hier im Bergischen Land“, kommentiert Diplom-Forstwirt Andreas Wiese von der Axa das Geschehen quer durch die Bundesländer. Das hat bekanntermaßen mit Trockenheit, Hitze, Wind und dem vielen Totholz im Wald zu tun, andererseits mit der größeren Begängnis dort seit der Pandemie.

„Menschen, die früher in der ‚Muckibude‘ waren, erleben jetzt den Wald. Erfreulich“, so Wiese. Die Kehrseite: Fahrlässigkeit, wenn Autos mit noch brandheißen Katalysatoren am Waldrand abgestellt werden, in der grünen Lunge gegrillt oder geraucht wird. „Nach wie vor sind die meisten Waldbrände – ca. 95 Prozent – menschengemacht“, sagt Jan Droll, Produktmanager Waldversicherung bei der Gothaer. Dazu gehört auch der Funkenflug von Erntemaschinen im Wald und auf dem Feld.  

Kleinwaldeigentümer wollen Schutz

Rund 4.200 Hektar fackelten bis Mitte August dieses Jahres ab, etwa 10 Prozent mehr als im Hitzerekordjahr 2018 – so die Zahlen des Europäischen Waldbrand-Informationssystems (EFFIS) für die Bundesrepublik. Da nehmen sich die verkohlten ca. 150 Hektar aus 2021 fast wie Peanuts aus. „In normalen Jahren summiert sich die durch Brand verwüstete Waldfläche auf rund 600 Hektar“, so Forstassessor Droll. Dass – wie jüngst in Brandenburg – 600 bis 800 Hektar am Stück brennen sei schon außergewöhnlich – und auch dass die Feuer mehrere Tage lang wüteten.

„Im Schnitt haben wir Flächenbrände von 0,5 bis 0,7 Hektar mit Ausreißern von ca. 100 bis 200 Hektar.“ Ein Waldbrand sei normalerweise innerhalb eines Tages gelöscht. „In diesem Jahr sah die Welt etwas anders aus.“ Mit Folgen für den Absicherungsbedarf und -wunsch. Die Gefahr so nah vor Augen, decken sich zunehmend mehr Kleinwaldeigentümer mit einer Waldbrandversicherung ein. Davon berichten die Anbieter unisono. „Wir versichern den Vermögenswert des Waldes. Also nicht nur den aktuellen Holzwert, der zum Beispiel bei einem jungen Fichtenwald gleich null wäre, weil das Holz noch nicht verwertbar ist“, erklärt Wiese das auf die jeweilige Region abgestimmte Konzept. Dabei wächst die baumartenbezogene Versicherungssumme pro Hektar mit dem Alter des Waldes mit – von anfänglich beispielsweise 5.000 Euro auf 20.000 Euro im Extremfall, wenn ein Kiefern-Altbestand abbrennt, bei der Eiche gegebenenfalls auf 35.000 Euro.  

Multi-, statt Monokultur

„Darin schlägt sich letztlich nieder, womit der Waldbesitzer sein Geld verdient.“ Fichte, Eiche oder Edellaubholz werden von daher anders bewertet als zum Beispiel Birke, Erle oder sonstiges Weichholz. Neben diesem monetären Wert dürfte nach Wieses Überzeugung in Zukunft auch der ökologische Wert eine Rolle spielen. „An dieser Bewertung der Ökosystemleistung des Waldes arbeiten derzeit die Wissenschaft, die Forstbranche und auch wir als Versicherer.“

Heißt: Wenn Waldbesitzer, ihre Bestände in Richtung Mischwald umbauen, klimaresiliente und weniger waldbrandgefährdete Baumarten wählen, könnte das künftig auch die Waldbewertung beeinflussen und sich letztlich auch in höheren Versicherungssummen oder geringeren Prämien widerspiegeln. Schon jetzt sei der ökologisch sinnvollere Mischwald wesentlich günstiger in der Versicherung.

Mischwald statt Nadelwald-Monokultur. Dafür vergibt die GVO Versicherung einen Nachhaltigkeitsrabatt von 10 Prozent auf die Prämie. „Er kommt ab zwei Hauptbaumarten im Bestand zum Tragen. Zum Beispiel Eiche und Buche oder Kiefer und Buche“, erläutert Forstexperte Aljoscha Dreyer.

Mehr Vorsorge

Wie die Gothaer versichert auch die GVO die Waldbestände nach einem Pauschalkonzept. „Mit 4.000 Euro Entschädigung pro Hektar – egal ob Jungkultur oder hiebsreifer Bestand – sollte man als Kleinwaldbesitzer gut hinkommen“, bezieht sich Dreyer auf das hauseigene Angebot und den statistisch durchschnittlichen Waldbrandschaden der letzten 30 Jahre von 2.600 Euro je Hektar Waldfläche. „Gerade hatten wir – nach einem Waldbrandschaden – auch eine Anfrage einer Forstbetriebsgemeinschaft aus Brandenburg“, so Dreyer. „Teils haben diese Zweckgemeinschaften lediglich eine Haftpflichtversicherung.“ Eine Beobachtung, die er mit Droll teilt.

Ein Umdenken setzt auch bei größeren Forstbetrieben ab 100 Hektar ein, die Feuerschäden bisher zumeist finanziell selbst gestemmt haben. Hier registriert die Gothaer seit ca. zehn Jahren eine „Verschiebung der Risikopräferenzen hin zu vorsorglicher Versicherung der Waldbrandgefahr“. Last Minute – wenn der Nachbarwald in Reichweite schon brennt – sollte man sich aber bekanntlich nicht darauf verlassen. „In Einzelfällen gibt es aktuell eine Wartezeit von vier Wochen. Außergewöhnlich für uns, aber für die Risikoprüfung nötig“, so Droll.

Für ihn durchaus vorstellbar, dass ein sehr brandgefährdeter Wald künftig nur versichert wird, sofern der Eigentümer nachweislich eine Löschwasserentnahmestelle vor Ort installiert. Solche Möglichkeiten könnten, für extreme Risikogebiete, dann auch standardmäßig Eingang in die Tarifwerke finden – ebenso die Honorierung von Brandschutzkonzepten und Frühwarnsystemen, bei denen die Digitalisierung helfen könne.