Schadenfall der Woche: In Deutschland aufgewachsene „Krypto-Queen“ bringt Anleger um Milliarden

Sie ist promovierte Juristin und Drahtzieherin in einem der größten Krypto-Betrugsfällen: Ruja Ignatova hat Anleger weltweit um Milliarden geprellt und ist seit 2017 spurlos verschwunden. Neben Interpol fahndet jetzt auch das LKA nach der Hochstaplerin.

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12:05 Uhr | 12. Mai | 2022

Sie wurde Bitcoin-Killer genannt, machte ein Vermögen mit ihrer angeblich neuen Digitalwährung „OneCoin“ und brachte Anleger weltweit um ihr Erspartes – in Milliardenhöhe. Die Rede ist von Ruja Ignatova, 41, einer in Bulgarien geborenen und in Deutschland aufgewachsenen Unternehmerin.

Schillernd und pompös waren ihre Auftritte vor Fans. Ein Video auf der Plattform Youtube zeigt sie 2016 bei einer OneCoin-Veranstaltung im Londoner Wembley Stadion in roter, bodenlanger Robe, besetzt mit funkelnden Strass-Steinchen: „Seit unserem ersten Coin im Januar 2016 ist die Währung explodiert! OneCoin ist größer, besser und leichter zu benutzen als Bitcoin…Ich bin davon überzeugt, dass wir die Nummer-1-Kryptowährung weltweit werden“, raunt sie ihren Anhängern da noch zu. „Wir werden Geschichte schreiben, in zwei Jahren wird niemand mehr über Bitcoin sprechen.“

Ignatova sollte insofern Recht behalten, als dass seit ihrem ominösen Verschwinden am 25. Oktober 2017 tatsächlich viel über OneCoin gesprochen wird: als einem der größten Krypto-Betrugsfälle. Aktuell fahndet Interpol nach der windigen Unternehmerin und auch hierzulande sucht das Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen nach der promovierten Juristin.

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Abitur im Schwarzwald, Studium in Konstanz

Bis zu ihrem 11. Lebensjahr ist Ignatova in Bulgarien aufgewachsen, dann zieht ihre Familie nach Deutschland. Im kleinen Örtchen Schramberg im Schwarzwald besucht sie die Grundschule und später das Gymnasium. Sie gilt als Vorzeigeschülerin und Einzelgängerin, sei intelligent und ehrgeizig gewesen, wie der Fernsehsender Vox berichtet.

Später studierte sie Rechtswissenschaften an der Uni Konstanz und arbeitete für das Beratungsunternehmen McKenzie. Ein Job, in dem sie nicht zwingend zur Milliardärin geworden wäre. Schließlich gründet sie 2014 die vermeintliche Digitalwährung OneCoin und bringt weltweit Investoren dazu, in die Währung zu investieren. Um das Vertrauen und die Aufmerksamkeit der Anleger zu gewinnen, veranstaltet Ignatova Events und Partys, auf denen auch schon mal der Sänger Quincy Jones als Live-Act geladen ist. Sie lässt Imagefilme produzieren und präsentiert sich 2016 mit einem Baby auf dem Arm, angeblich ihre Tochter.

Die Endlichkeit eines Schneeballsystems

Aber was war OneCoin wirklich? Ein Konstrukt, das allein vom investierten Geld der Anleger lebte und ansonsten wertlos war. Ein Schneeballsystem, bei dem ein paar Menschen, die ganz oben standen, das große Geld machten, während der Rest alles verlor.

Bei dem sogenannten Netzwerkmarketing bekam derjenige eine Provision, der einem anderen ein Educational Package (Schulungspaket) verkaufte. Wenn dieser eigene Kunde dann seinerseits einen neuen Kunden gewinnen konnte, erhielt auch der ursprüngliche Werber einen Anteil.

Im April 2017 zog sich die Schlinge um die Verbrecherbande und Ignatova enger zusammen: Erst wurden elf Millionen US-Dollar von OneCoin-Bankkonten genommen, kurz danach wurden in Mumbai 18 Menschen festgenommen, die ein OneCoin-Recruiting-Event organisieren wollten. Am 25. Oktober desselben Jahres steigt Ignatova in einen Flieger von Sofia nach Athen, kurz danach ist sie spurlos verschwunden, mit angeblich vier Milliarden Dollar. Bis heute ist sie nicht wieder aufgetaucht.

„Sie verfügt über globale Unterstützer“

Die Gerüchteküche brodelt seither: Manche glaubten gar, sie sei gekidnappt worden, womöglich im Auftrag großer Banken. Nach ihrem Verschwinden hat ihr jüngerer Bruder Konstantin die Geschäfte von OneCoin übernommen. Er war zugleich ihr Bodyguard und Assistent. Im März 2019 wurde er am Flughafen in Los Angeles auf dem Weg nach Bulgarien festgenommen. Am selben Tag erklärten US-Behörden OneCoin zu einem Betrug.

Sollte Ignatova tatsächlich untergetaucht sein, könne es sein, dass sie ihr Aussehen, möglicherweise durch operative Eingriffe, verändert hat. Es sei anzunehmen, dass sie einen großen Unterstützerkreis habe: „Sie verfügt über globale Unterstützer und Kontakte. Sie dürfte zudem über erhebliche finanzielle Ressourcen verfügen“, erklärt das BKA.

Die Behörde hat für Hinweise, die zu einer Festnahme der Täterin führen, eine Belohnung von bis zu 5.000 Euro ausgesetzt. Eine nahezu läppische Summe, über die ihre Helfer und Helfershelfer sicher nur lachen können. Am Landgericht Münster findet derzeit der Prozess gegen ein Ehepaar statt, das 320 Millionen Euro aus dem Verkauf von besagten Schulungspaketen an Ignatova weitergeleitet habe, wie Spiegel Online berichtet.

Angeblich hat sich sogar Hollywood der Geschichte angenommen: Medienberichten zufolge werde derzeit ein Film über die Krypto-Queen produziert, mit Kate Winslet in der Hauptrolle. Schenkt man dem Bericht Glauben, handelt es sich bei der Schauspielerin um eine der durch Ignatova geprellten Anlegerinnen.

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