Nachfrage nach Baufinanzierungen bricht ein

Steigende Bauzinsen und Materialpreise vergrätzen offenbar vielen Interessierten die Lust am Immobilienkauf. Bei den Sparkassen ging das Geschäft mit Baufinanzierungen zuletzt schlagartig zurück. Nun sind Lösungen gefragt.

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13:10 Uhr | 11. Oktober | 2022

Sei es dank stetig steigender Preise oder der günstigen Finanzierungsbedingungen: Immobilien galten für viele Deutsche lange Zeit als Königsweg in der privaten Altersvorsorge. Doch mittlerweile scheint die Leidenschaft für die eigenen vier Wände oder die Immobilie als Geldanlage deutlich erkaltet zu sein. Im Interview mit dem Handelsblatt sprach Helmut Schleweis, Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands, von einer in den vergangenen Wochen schlagartig einbrechenden Nachfrage im Baufinanzierungsgeschäft. „Das hat mit der allgemeinen Unsicherheit zu tun und damit, dass es durch fehlende Materialien und höhere Preise kaum Kalkulationssicherheit gibt. Viele Interessenten warten nun erst einmal ab“, erklärte Schleweis.  

Nicht nur Preise und Lieferzeiten für Holz, Stahl und Klinker sind in den vergangenen Monaten in die Höhe beziehungsweise Länge geschossen, auch die Bauzinsen haben eine rasante Entwicklung durchgemacht. So liegen die Zinsen für zehnjährige Darlehen derzeit bei rund 3,8 Prozent, nachdem sie vor einem Jahr noch bei einem Prozent lagen.  „Das ist ein großer Zinsanstieg innerhalb einer relativ kurzen Zeit“, sagt Mirjam Mohr, Vorständin für das Privatkundengeschäft beim Baufinanzierungsvermittler Interhyp. Das Interhyp-Bauzins-Trendbarometer sagt zudem weiter steigende Zinsen voraus.  

Zahl der Stornierungen steigt

Die derzeitige Zurückhaltung von potenziellen Bauherren zeigt sich nicht nur bei den Baufinanzierungen. Auch bereits geplante Bauvorhaben werden immer häufiger storniert. So meldeten laut IFO-Institut im September 16,7 Prozent der befragten Bauunternehmen Auftragsstornierungen – im Vormonat waren es noch 11,6 Prozent gewesen. „Für einige Bauherren ist das alles nicht mehr darstellbar. Sie stellen Projekte zurück oder ziehen ganz die Reißleine", zitiert „NTV“ IFO-Experte Felix Leiss.  

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Für die kommenden Monate geht Sparkassenpräsident Schleweis davon aus, dass die Nachfrage noch weiter zurückgehen wird. Beziehungsweise sich verschieben. „Ich denke, dass die energetische Sanierung die Baufinanzierung der kommenden Jahre sein wird“, zeigte sich Schleweis optimistisch. Angesichts von 30 Millionen Wohnimmobilien mit einem Alter von über 30 Jahren bestehe hier enormes Potenzial.  

Nichtsdestotrotz wird die Politik auch eine Lösung für Häuslebauer finden müssen. Schließlich hatte es sich die Bundesregierung auf die Fahnen geschrieben, Wohneigentum wesentlich mehr Bürgern als bislang zu ermöglichen. 400.000 neue Wohnungen sollen schließlich jedes Jahr neu gebaut werden – ohne private Bauvorhaben wird dieses Ziel kaum zu stemmen sein.  

Kreditprogramm soll Abhilfe schaffen

Als erste Maßnahme hatte vor wenigen Wochen Bauministerin Klara Geywitz ein milliardenschweres Kreditprogramm angekündigt, das vor allem Familien mit kleinen und mittleren Einkommen (bis zu 60.000 Euro zu versteuerndes Einkommen) finanziell in Form verbilligter Kredite unter die Arme greifen soll. Gefördert werden sollen dabei ausschließlich Gebäude, die den neuesten Energiestandard erfüllen.  

Auch Schleweis sprach sich gegenüber dem Handelsblatt für gezielte Förderprogramme aus. „Wir dürfen uns nicht damit abfinden, dass für eine junge Familie mit zwei Durchschnittsgehältern Wohneigentum nur schwer erschwinglich ist.“ In die gleiche Kerbe hatte zuletzt auch SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert geschlagen, der insbesondere Familien mit festem Einkommen, aber ohne Eigenkapital unterstützt wissen will. Um das bestehende Eigenkapital zu schützen, forderte Schleweis zudem die Abschaffung der Grunderwerbssteuer, die bis zu 6,5 Prozent des Kaufpreises der Immobilie betragen kann. Gerade die beim Immobilienkauf anfallenden Nebenkosten fressen häufig einen großen Teil des vorhandenen Eigenkapitals auf.