Hinterbliebenenabsicherung: Bankrott zurückgelassen?!

Geld weg, Rente weg. Dumm gelaufen für den, der den anderen überlebt. Trotz neuer Vielfalt bei der Alters- und Hinterbliebenenvorsorge – der Markt allein kann es nicht richten. Der zweite Teil kommt oft zu kurz. Dazu braucht es Makler, die das Ganze steuern.

06:09 Uhr | 12. September | 2022

Eine halbe Million Euro fürs Alter investiert und trotzdem auf ergänzende Grundsicherung angewiesen? Gar nicht so weit hergeholt dieses Szenario – für ein Paar um die 60, das sich mit dem Geld aus einem Immobilienverkauf eine private Rente sichern wollte. Beide vorher selbstständig, beide mit einer gesetzlichen Rente unterhalb der Grundsicherung.

„Deshalb brauchten sie in jedem Fall eine Ergänzung – egal, wer wen überlebt“, so Brigitte Mayer von der Verbraucherzentrale Hessen. Der Wunsch waren 1.500 Euro Rente auf verbundene Leben, das tatsächliche Angebot vom Vermittler 1.350 Euro, „wieder einmal versteckt in einer Prognoserente – und auch nicht auf verbundene Leben“. Bei diesem Modell hätte der Mann als Hinterbliebener ergänzende Grundsicherung gebraucht, wenn seine Frau während des Rentenbezugs gestorben wäre. Denn der Vertrag war auf sie kalkuliert. 400.000 Euro von der halben Million wären in ihre private Rente gegangen, 60.000 Euro in eine Hinterbliebenenabsicherung respektive Rente für ihn.

Grob und fein

Wie sind die Hinterbliebenen in Altersvorsorgeverträgen abgesichert? Eine Frage, die sich einmal mehr stellt, wenn jetzt die Babyboomer – wie im konkreten Fall oft als Paar und im statistischen Durchschnitt auch mit höherer Lebenserwartung – in den Ruhestand gehen. „Bei manchen Modellen müsste man tatsächlich sagen – am besten vor Rentenbeginn das Zeitliche segnen‘“, überspitzt Mayer.

„Differenzierter und flexibler, von daher aber auch unübersichtlicher“, beschreibt Makler Bert Heidekamp aus Berlin die Angebotssituation. Vergleichsprogramme helfen nach seiner Erfahrung da nur bedingt weiter. „Regelungen für die Absicherung der Hinterbliebenen sind dort oft nur sehr grob gefasst.“

Andererseits: Deutlich längere Rentengarantiezeiten von bis zu 30 Jahren etwa bei HDI oder Auflösung des Guthabens noch bis zum 80. Lebensjahr etwa bei der Ideal, bevor es verrentet wird – in der neuen Vielfalt stecken auch neue Möglichkeiten. Wenn man sie sich denn erschließt.

Im Wechselspiel

Heidekamp nutzt für seine Kundschaft in bestimmten Konstellationen beispielsweise die Unterschiede zwischen Anspar- und Rentenphase: durch unterschiedlichen Rentenbeginn von zwei oder mehreren Verträgen – je nach Prämienhöhe. Selbst wenn bei dem einen Vertrag, der deutlich früher einsetzt, die Rentengarantiezeit für den Hinterbliebenen schon überschritten ist, bleibt dann immer noch der zweite Vertrag.

Soweit noch in der Ansparphase, wird für die Hinterbliebenen dann typischerweise das Guthaben fast hundertprozentig ausgekippt, in der Rentenbezugsphase das Restguthaben oder es gibt die Auszahlung entsprechend der Rentengarantiezeit. „Auch das kann man je nach Bedarf steuern.“

Dazu sei aber im Vorfeld zu klären: Kommt der Kunde zu Lebzeiten mit diesem Splitting überhaupt klar? „Was will er wirklich – eine klassische Rente oder eventuell einen Teil in Fonds?“ Welches Risiko hat er und welche Risikoneigung? Aufschlussreich insofern auch, was Thomas Lüer, im Vorstand von HDI für den Makler- und Kooperationsvertrieb verantwortlich, in Bezug auf das hauseigene Angebot feststellt: „Bei rund 80 Prozent derjenigen, deren fondsgebundene Rentenversicherung fällig zur Auszahlung ist, überwiegt eindeutig der Wunsch nach einer Kapitalleistung, die anderen entscheiden sich für die Rentenzahlung.“

Vor Jahren sei dieses Verhältnis bei Altersvorsorgeprodukten noch fast ausgeglichen gewesen. Mayers Fazit: Man sollte durchaus auch über Alternativen zur klassischen Rentenversicherung nachdenken, über befristete Renten, Fonds- und Bankentnahmepläne. Das erwähnte Paar hat sein Geld auf ihren Rat hin – zunächst kurzfristig – in einen gestaffelten Bankentnahmeplan angelegt – „wo der Anspruch der Erben nicht verfallen kann und aus dem sich auch die gewünschten 1.500 Euro finanzieren lassen“. Das letzte Wort ist insofern noch nicht gesprochen. So oder so. Eine Grundsatzentscheidung, die erhebliche Ansprüche an das Beratungsgespräch stellt.