BU-Versicherung: Studie deckt 3 Schwachstellen auf

Wie kundenorientiert und professionell agieren Versicherer in BU-Leistungsfällen? Wie lange brauchen sie für die Regulierung? Dass hier an einigen Stellen noch ordentlich Luft nach oben ist, zeigt eine aktuelle Analyse von Franke und Bornberg.

Author_image
11:10 Uhr | 21. Oktober | 2022

Wie ist es um die Leistungspraxis der Berufsunfähigkeitsversicherer bestellt? Wie nervenaufreibend ist für Kunden der Weg bis zur ersten BU-Rente? Zahlt der Versicherer und wenn ja: wann? Diesen und anderen Fragen ist die Ratingagentur Franke und Bornberg in einer aktuellen Studie nachgegangen. Dafür befragte sie insgesamt zehn Versicherer (siehe unten), deren Bestände einer Marktabdeckung von mehr als 60 Prozent entsprechen. Die teilnehmenden BU-Versicherer verwalten rund 7,76 Millionen Verträge und ließen ihre Leistungspraxis anhand klar definierter Kriterien überprüfen. Dabei förderten die Analysten drei Schwachstellen zutage:

1. Viele Versicherer brauchen zu lang für die Leistungsbearbeitung. Laut der Untersuchung benötigen sie im Schnitt 18 Tage – vom Eingang der letzten Unterlagen bis zur Entscheidung. Dies sei mehr, als in vielen Versicherungsbedingungen vereinbart, schreiben die Analysten. In den meisten Fällen sei in den Bedingungen eine Frist von zehn Arbeitstagen oder 14 Kalendertagen festgeschrieben. „Die Wahrscheinlichkeit, dass nicht teilnehmende Versicherer gerade hier auf bessere Ergebnisse kommen, ist gering“, heißt es dazu in der Studie.  

Höchste Anerkennungsquote bei Krebserkrankungen

Weitere Fakten: Im Schnitt brauchen Versicherte zwischen 35 und 45 Tage für die Beantwortung des Fragebogens. Vier von fünf Anträgen auf BU-Leistungen wurden 2021 anerkannt. Besonders hoch war naturgemäß die Anerkennungsquote bei Krebserkrankungen: Fast 95 Prozent aller Anträge wurden positiv beschieden. Auch Krankheiten des Kreislaufsystems führten mit hoher Wahrscheinlichkeit zur Anerkennung (83 Prozent). Bei psychischen Krankheiten und Verhaltensstörungen lag die Quote bei 70 Prozent.

2. Die Versicherer unternehmen zu wenig, um Leistungsempfänger bei ihrer Rückkehr ins Arbeitsleben zu unterstützen. Zu diesem Fazit kommt Michael Franke, Gründer und Geschäftsführer von Franke und Bornberg. So wurde in der Analyse in einem Teilbestand von 23.333 Leistungsfällen untersucht, aus welchen Gründen die BU-Leistung endete. Das Ergebnis: In mehr als der Hälfte aller Fälle war das bei Ablauf der Leistungsdauer der Fall. „Viele Versicherte finden sich in dieser Situation mit dem Rentenbezug ab. Zudem fehlt oft die Fantasie oder Erfahrung welche Tätigkeiten sie mit ihren Einschränkungen ausüben können“, sagt Franke, der in diesem Punkt die Versicherer in der Pflicht sieht.

Sie sollten aus seiner Sicht mehr Aufmerksamkeit auf die Nachprüfung richten. Dabei gehe es nicht um die absolute Zahl der eingeleiteten Nachprüfungen, sondern um deren Qualität. Gemeinsam entwickelte Lösungen könnten Kunden den Weg zurück in den Arbeitsmarkt ebnen und zudem das Risiko einer späteren Altersarmut senken. „Altersarmut ist nicht nur ein individuelles Schicksal, sondern auch ein gesellschaftliches Problem. Versicherer tun gut daran, ihren Teil zur Lösung beizutragen“, so Franke.

3. Immer noch haben mehr Männer als Frauen eine BU-Versicherung abgeschlossen. So zählt die Ratingagentur im Bestand der analysierten Versicherer 60 Prozent Männer und lediglich 40 Prozent Frauen – auch das ist eine Schwachstelle, an der Versicherer und Berater arbeiten sollten. Zwar arbeiten Frauen häufiger in Teilzeit. Doch wenn das Teilzeiteinkommen unabdingbar für die Lebensführung ist, sollte es auch versichert werden. Darüber hinaus können auch konkret die Tätigkeiten als Hausfrau oder Hausmann gegen Berufsunfähigkeit versichert werden. Dass Haushalt und Kinderbetreuung locker eine vierstellige Summe im Monat verschlingen können, sollte man nicht erst realisieren, wenn es schon zu spät ist.

Kein Manko, aber auffällig: In Bezug auf die BU-Ursachen zeigen sich ebenfalls Unterschiede zwischen den Geschlechtern. Bei Männern führen deutlich häufiger Krankheiten des Kreislaufsystems, der Muskulatur und des Skelettsystems sowie Unfälle zu einer BU als bei Frauen. Als mögliche Ursachen nennen die Studienautoren mehr körperliche Tätigkeiten sowie eine höhere Risikobereitschaft als bei Frauen. Auf der anderen Seite schließen Frauen offenbar früher BU-Verträge ab als Männer: Sie sind bei Abschluss im Schnitt 32,7 Jahre alt, Männer hingegen 33,5 Jahre.

Diese Versicherer nahmen an der Analyse teil: