Auf Streugut ausgerutscht – wer haftet?

Nicht nur Glatteis, auch vom Winterdienst ausgebrachter Splitt kann zu schmerzhaften Stürzen führen. Wann muss er wieder entfernt werden? Eine verunglückte Radfahrerin wollte auf diese Frage eine Antwort vom Schleswig-Holsteinischen OLG.

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10:01 Uhr | 15. Januar | 2021

Schnee und Eis sorgen derzeit besonders im Süden der Republik für rutschige Straßen und Wege. Vielerorts lassen die Kommunen ihre Streufahrzeuge ausrücken, um die Straßen vor Ort befahrbar zu halten. Doch was passiert eigentlich, wenn nicht das Glatteis, sondern das Streugut für einen Unfall verantwortlich ist? Ist die Gemeinde dafür haftbar zu machen? Mit dieser Frage beschäftigte sich nun das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht (Az: 7 U 25/19).  

Was war passiert?  

Im schleswig-holsteinischen Mildstedt, einem Vorort von Husum, war im März eine Radfahrerin beim Abbiegen in eine Straße auf einem Rest Winterstreugut ausgerutscht. Beim nachfolgenden Sturz zog sich eine schwere Handverletzung zu. Noch immer sei ihre Feinmotorik gestört, gab die Frau an. Seit dem Unfall könne sie mit der verletzten Hand nicht mehr greifen.  

Die Frau sah in dem liegengebliebenen Rest Streugut eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht der Gemeinde. Zwar habe diese den Großteil des im Winter ausgebrachten Streuguts bereits entfernt gehabt, hätte jedoch auch dafür Sorge tragen müssen, den verbleibenden Rest zu räumen. Zudem, so die Meinung der Frau, habe die Gemeinde das falsche Streugut verwendet. Statt einem Gemisch aus Sand und Splitt hätte nach Ansicht der Frau Streusalz verwendet werden müssen. Durch die unterlassene Räumung und die Verwendung des ungeeigneten Streugutes habe die Gemeinde gleich zweimal gegen ihre Verkehrssicherungspflicht verstoßen.  

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Die Frau machte ein Schmerzensgeld und einen Haushaltschaden von rund 40.000 Euro gegenüber der Gemeinde geltend, der Fall landete vor Gericht.    

Das Urteil  

Wie bereits die Vorinstanz wies auch das Oberlandesgericht die Klage der Frau ab. Der Gemeinde sei es nicht zuzumuten gewesen, nach jeder Verwendung das Streugut zu beseitigen. Schließlich diene es auch präventiv dazu, die Gefahren aus zukünftigen Schneefällen und Eisbildungen zu mindern. So könne es auch Ende März an der schleswig-holsteinischen Nordseeküste zu Frösten kommen – Passanten müssen also auch zu dieser Zeit mit Streurückständen rechnen.  

Der Argumentation der Klägerin, das von der Gemeinde verwendete Streugut sei ungeeignet gewesen, schloss sich das Gericht nicht an. Die Auswahl des Streumittels liege grundsätzlich im Ermessen des Verkehrssicherungspflichtigen, in diesem Fall der Gemeinde.  

Die Frau ging im Hinblick auf Schmerzensgeld folglich leer aus.