Versicherungsmakler dürfen sich nicht als „unabhängig“ bezeichnen. Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Dresden jetzt entschieden (Aktenzeichen: 14 U 1740/24). Es hob damit in einem Berufungsverfahren eine Entscheidung des Landgerichts (LG) Leipzig auf, das noch zu einer ganz anderen Auffassung gekommen war und den Begriff der Unabhängigkeit nicht beanstandet hatte (Az: 05 O 1092/14).
Verbraucherschützer setzen sich durch
In dem verhandelten Fall hatte der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) aus wettbewerbsrechtlichen Gründen Unterlassungsansprüche gegen einen Leipziger Versicherungsmakler geltend gemacht, weil dieser auf seiner Internetseite mit einer unabhängigen Beratung geworben hatte.
Damit täusche der Makler interessierte Verbraucher darüber, dass er keineswegs eine unabhängige, sondern eine interessengebundene Vermittlung und Beratung betreibe, so der vzbv. Die Beratung könne – anders als etwa bei einem Versicherungsberater – nie ganz unabhängig sein, da die Versicherungsvermittlung in der Regel provisionsbasiert erfolge.
Hohe Ordnungsgelder bei Verstößen
Der 14. Zivilsenat des OLG Dresden schloss sich dieser Argumentation schließlich an. Die Bezeichnung „unabhängiger Versicherungsmakler“ sei tatsächlich irreführend, wenn diesem eine Vergütung vom Versicherer zuwachse, so die Richter. Die Angabe könne deshalb bei vielen Verbrauchern die Fehlvorstellung auslösen, der Makler erbringe seine Dienstleistung frei von finanziellen Vorteilen durch Versicherer und damit ohne auch nur die Möglichkeit eines entsprechenden Eigeninteresses.
Das Dresdener Gericht verurteilte den Makler dazu, auf seiner Webseite nicht mehr mit dem Begriff der Unabhängigkeit zu werben. Im Fall der Zuwiderhandlung droht ihm ein Ordnungsgeld bis zu 250.000 Euro, ersatzweise auch Ordnungshaft.
Scharfe Kritik des AfW am Urteil
Norman Wirth, Geschäftsführender Vorstand des AfW Bundesverband Finanzdienstleistung, geht mit dem aktuellen OLG-Urteil hart ins Gericht: „Versicherungsmaklerinnen und -makler sind gesetzlich ausdrücklich als Sachwalter ihrer Kundinnen und Kunden definiert – sie stehen rechtlich auf der Seite der Verbraucher, nicht der Produktgeber“, meint er. „Dass diese gesetzlich verankerte Stellung durch eine rein auf eine vermeintliche Verbrauchererwartung bezogene, wettbewerbsrechtliche Betrachtung unterlaufen wird, ist aus unserer Sicht nicht nachvollziehbar.“
Empfehlungen für Makler
Makler, die eine Courtagevergütung erhalten, sollten nun zunächst auf den Begriff „unabhängig“ in Werbung, Online-Präsenz, Broschüren und Anzeigen verzichten, rät Wirth. Stattdessen sollten Leistungen wie die „Vermittlung aus einem breitem Marktangebot" oder das „Fehlen von vertraglichen Bindungen an Produktgeber" konkret herausgestellt werden.
„Das Urteil mag juristisch argumentierbar sein – politisch und berufspraktisch bleibt es hochproblematisch, weil es genau jene schwächt, die für unabhängige Finanz- und Versicherungsberatung und eine bedarfsgerechte Versorgung der Menschen stehen“, so Wirth. Der AfW werde sich weiterhin dafür einsetzen, dass die besondere Stellung der Maklerschaft auch in der wettbewerbsrechtlichen Bewertung Berücksichtigung findet und nicht weiter verwässert werde.
BGH-Urteil könnte Klarheit bringen
In der jüngsten Vergangenheit sind bereits mehrere Gerichtsentscheidungen zur Frage der Unabhängigkeit von Versicherungsmaklern ergangen, die der Argumentation des vzbv gefolgt sind – so etwa vom OLG Köln (Az.: 6 U 103/23) oder vom LG Bremen (Az.: 9 O 1081/22). Das einzige Urteil, das von dieser Linie abgewichen war, wurde jetzt vom OLG Dresden aufgehoben. Endgültige Rechtssicherheit in diesem Streitfall dürfte wohl erst ein BGH-Urteil bringen.
Long Story short
Das OLG Dresden hat entschieden, dass Versicherungsmakler nicht mit „unabhängiger Beratung“ werben dürfen, wenn sie Courtagen von Versicherern erhalten.
Der AfW kritisiert das Urteil deutlich und warnt, dass dadurch die gesetzlich verankerte Rolle der Makler als Sachwalter der Kunden geschwächt werde.
Mehrere Gerichte folgten zuvor bereits der Argumentation des vzbv; endgültige Rechtssicherheit wird voraussichtlich erst ein BGH-Urteil bringen.
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