Urteil stärkt Verbraucher

BGH kippt Riester-Klausel der Allianz Lebensversicherung

Machtwort aus Karlsruhe: Der Bundesgerichtshof hat eine Klausel in einer fondsgebundenen Riester-Versicherung gekippt, die eine nachträgliche Senkung des Rentenfaktors erlaubte. Das Urteil dürfte über den nun verhandelten Fall weit hinausgehen.

Palais des Bundesgerichtshofes

Der Bundesgerichtshof befindet eine umstrittene Klausel in fondsgebundenen Riester-Versicherungen der Allianz für unwirksam. | Quelle: Joe Miletzki

Der Bundesgerichtshof hat eine umstrittene Klausel in einem Riester-Vertrag der Allianz Lebensversicherung für ungültig erklärt. Die besagte Klausel sei intransparent und folglich unwirksam, urteilte der vierte Senat (Az: IV ZR 34/25).

Das Urteil dürfte für zigtausende Riester-Sparer eine große Bedeutung haben – geht es doch um die Höhe ihrer zu erwartenden Rente. Diese ergibt sich aus dem sogenannten garantierten Rentenfaktor. Dieser gibt an, wie hoch die Rente je 10.000 Euro Guthaben ausfällt. In dem nun verhandelten Fall hatte die Allianz ihrem Kunden anfangs einen Rentenfaktor von 38,74 garantiert. Entsprechend groß war der Schock des Kunden, als ihm mitgeteilt wurde, dass der Rentenfaktor auf 30,84 gesenkt worden sei – schließlich reduzierte sich seine Rente damit um gut 20 Prozent.

Klausel erlaubt Rentenfaktor-Senkung

Die Allianz stützte sich bei der Rentenfaktor-Senkung auf eine Klausel aus ihren allgemeinen Vertragsbedingungen, die zwischen Juni und November 2006 verwendet worden waren. In diesen heißt es:

„Wenn aufgrund von Umständen, die bei Vertragsabschluss nicht vorhersehbar waren, die Lebenserwartung der Versicherten sich so stark erhöht oder die Rendite der Kapitalanlagen (siehe § 25 Abs. 1 a Satz 4) nicht nur vorübergehend so stark sinken sollte, dass die in Satz 1 genannten Rechnungsgrundlagen voraussichtlich nicht mehr ausreichen, um unsere Rentenzahlungen auf Dauer zu sichern, sind wir berechtigt, die monatliche Rente für je 10.000 € Policenwert so weit herabzusetzen, dass wir die Rentenzahlung bis zu Ihrem Tode garantieren können.“

Kurzum: Wenn es an den Kapitalmärkten schlechter läuft als erwartet, darf der Versicherer den Rentenfaktor absenken. Das tat die Allianz dann auch mit dem Verweis auf die damalige Niedrigzinsphase.

Hiergegen klagte die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg, kassierte vor dem Landgericht Stuttgart jedoch erst einmal eine Niederlage. Das Oberlandesgericht folgte jedoch den Argumenten der Verbraucherschützer und untersagte es dem Versicherer, sich auf besagte Klausel in seiner fondsgebundenen Riesterrente zu berufen.

Moniert wurde vor allem, dass sich der Versicherer zwar das Recht vorbehielt, den Rentenfaktor bei sich verschlechternden Umständen senken zu dürfen. Ein Passus, dass der Versicherer den Rentenfaktor bei sich verbessernden Umständen jedoch wieder anhebe, fand sich nicht in den Vertragsbedingungen. Auch bestand für die Versicherungsnehmer nicht die Möglichkeit, nach erfolgter Anpassung das Rentenniveau mithilfe zusätzlicher Beiträge wieder anzuheben.

Warum der BGH die Klausel kippt

Zwar legte die Allianz gegen dieses Urteil Revision ein, diese wurde nun aber vom BGH gekippt. Die entsprechende Klausel sei für den Versicherungsnehmer nicht zumutbar, so das Karlsruher Gericht. "Unzumutbar ist das Anpassungsrecht aber, wenn der Versicherer - wie hier - nur zu einer Herabsetzung der versprochenen Leistung berechtigt und nicht zugleich im Fall einer nachträglichen Verbesserung der Umstände zu deren Wiederheraufsetzung verpflichtet ist", heißt es hierzu in einer Pressemitteilung des Gerichts. Dies sei ein Verstoß gegen das sogenannte Symmetriegebot.

Dies würde auch nicht anderweitig geheilt, beispielsweise durch hohe Überschüsse, so der BGH. Auch eine Zusage des Versicherers, den Rentenfaktor bei sich verbessernden Umständen nach oben anzupassen, sei nicht ausreichend. "Die beanstandete Klausel sieht keine Verpflichtung des beklagten Versicherers zur Abgabe einer solchen Erklärung vor, so dass nicht sichergestellt ist, dass er sich auch bei zukünftigen Herabsetzungen des Rentenfaktors entsprechend erklären wird", teilt der BGH mit.

Das Urteil geht dabei nach Einschätzung der Verbraucherschützer weit über die Allianz hinaus. Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg geht davon aus, dass zahlreiche Versicherer auf entsprechende Klauseln zurückgreifen. So hatte unter anderem das Landgericht Köln eine Rentenkürzung durch die Zurich Deutscher Herold für unwirksam befunden. Auch hier befanden die Richter, dass eine Absenkung des Rentenfaktors im laufenden Vertragsverhältnis nicht erlaubt sei. Der Versicherer kündigte daraufhin eine Berufung an, zog diese jedoch wieder zurück.

Auch gegen die Axa und die LPV Versicherung laufen derzeit Verfahren wegen ähnlicher Klauseln. Insgesamt ist nach Schätzung der Verbraucherzentralen eine hohe sechs- bzw. gar siebenstellige Zahl von Kunden durch entsprechende Klauseln betroffen.