Staatliche Förderung

Warum die betriebliche Pflegeversicherung bald boomen könnte

Die bPV ist wahrlich kein Verkaufsschlager. Noch nicht. Denn die Notwendigkeit ist da und Produkte bereits vorhanden. Nun werden Förderungen wahrscheinlicher, die den Vertrieb anheizen könnten.

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10:06 Uhr | 13. Juni | 2025
Pflegekraft blickt zuversichtlich drein

Zuversicht für die betriebliche Pflegeversicherung: Mehr staatliche Förderung für die Vorsorge könnte diesen Sektor bald boomen lassen.

| Quelle: SDI Productions

Was Sie erfahren werden:

  • Warum die betriebliche Pflegeversicherung noch nicht zündet 

  • Welche wichtigen Vertriebshürden bald fallen könnten 

  • Welche Produkte im Markt bereits verfügbar sind 

Die Hoffnung stirbt zuletzt. Dieses Sprichwort passt zur Situation in der betrieblichen Pflegeversicherung (bPV). Vor einigen Jahren sind die ersten Versicherer mit solchen Produkten an den Start gegangen; zum Beispiel Arag, DKV, Hallesche, HanseMerkur und SDK. Bis heute sind kaum weitere Anbieter hinzugekommen. Auf Anfrage von procontra bei etlichen Gesellschaften hieß es stets: „Bieten wir nicht an.“  

Manche Versicherer decken das Thema über Bausteine in der betrieblichen Altersvorsorge ab. So offeriert Volkswohl Bund das Modul Rente Plus, um eine höhere Leistung im Pflegefall zu bekommen. Insgesamt aber ist die Nachfrage nach bPV gering; ganz im Gegensatz zur betrieblichen Krankenversicherung. Dabei sind die Vorteile ähnlich: für Arbeitnehmer günstiger Schutz dank Gruppentarif und/oder Arbeitgeberfinanzierung und für Arbeitgeber ein starkes Argument zur Mitarbeitergewinnung und -bindung. Der Arbeitgeber finanziert und bestimmt die Leistungen. Offenbar gibt es aber spezifische Vertriebshürden im Bereich Pflege.

Starthilfe durch Politik?! 

Jetzt aber könnte Bewegung in den Markt kommen. Aufhorchen lassen Äußerungen von Alexander Braas, Leiter der Produktentwicklung Betriebe bei der Allianz Private Krankenversicherung: „Aktuell haben wir keine betriebliche Pflegeversicherung im Angebot. Wir machen uns aber stark für eine staatlich geförderte kapitalgedeckte betriebliche Pflegezusatzversicherung.“ Auch der Verband der Privaten Krankenversicherung legt sich für eine Förderung der Pflege ins Zeug. „Die Politik muss endlich anfangen, die zusätzliche kapitalgedeckte Eigenvorsorge zu stärken“, meint Verbandsdirektor Florian Reuther.

Laut einer Assekurata-Studie im Auftrag des PKV-Verbands müssten Pflegebedürftige im Heim im Schnitt 3.000 Euro monatlich aus eigener Tasche zahlen. Auch in der ambulanten Pflege gäbe es hohe Eigenanteile. Dass Union und SPD eine Pflegereform einschließlich verbesserter Rahmenbedingungen für den Abschluss von Pflegezusatzversicherungen auf den Weg bringen, ist Beobachtern zufolge wahrscheinlich – und dann dürften nicht nur die Pioniere in diesem Segment auf spürbare Beitragseinnahmen kommen. 

Kristin Wolf, Leiterin des dezentralen Vertriebs bei der Hallesche Krankenversicherung, sieht „ein großes Potenzial“, weil der Bedarf angesichts der demografischen Entwicklung wächst. „Der große Pflegenotstand liegt erst noch vor uns.“ Seit März 2021 sei das Unternehmen mit FeelCare am Markt. Das Besondere: Das Produkt schütze nicht nur Mitarbeitende vor dem Pflegefall. Auch wer sich um pflegebedürftige Angehörige wie zum Beispiel die Eltern kümmert, erhalte Geld- sowie Unterstützungsleistungen. Damit vermeide das Produkt die emotionale Abschlusshürde, dass der Nutzen in der Regel erst eintritt, wenn der Mitarbeiter das Unternehmen verlassen hat. Wolf räumt ein, dass Vermittler in der betrieblichen Pflegeversicherung mehr Überzeugungsarbeit leisten müssten als in der betrieblichen Krankenversicherung. 

Angehörige mitversichert 

Bei der SDK können Unternehmen ab 20 Mitarbeiter eine betriebliche Pflegeversicherung abschließen. Auch Olaf Engemann, Vorstand Vertrieb und Marketing, erwartet Wachstum. Bundesweit steige die Zahl der Pflegebedürftigen rasant. Waren 2018 noch 3,8 Millionen Menschen pflegebedürftig, so lag die Zahl Ende 2023 bei 5,7 Millionen. SDK verlange nur eine vereinfachte Gesundheitsprüfung. Das Angebot erlaube die Absicherung bestimmter Bereiche der Belegschaft – etwa Führungskräfte. Auch Ehepartner und Kinder ab 16 Jahren könnten über die SDK mitversichert werden.  

Die Mitversicherung von Angehörigen ist ein starkes Vertriebsargument, dass auch der Tarif von HanseMerkur ermöglicht. Der modulare Aufbau erlaube speziell für Unternehmen konzipierte Angebote. Insgesamt habe diese Zusatzversicherung „enormes Potenzial“, sagt Marko Böttger, Leiter Betriebliche Benefits bei HanseMerkur. Das Produkt von DKV können Unternehmen ab 25 Mitarbeiter abschließen. Die Belegschaft werde obligatorisch versichert. Es gebe keine Gesundheitsprüfung, alle Vorerkrankungen seien mitversichert, und das Pflegemonatsgeld fließe selbst, wenn bei Abschluss bereits eine Pflegebedürftigkeit besteht. Die Branche bietet durchaus einige attraktive Produktmerkmale. Sollte die neue Bundesregierung sich zur Förderung entschließen, könnten die Wachstumshoffnungen der Branche erfüllt werden.