Ausnahmeregel läuft aus

Erhöhte Zusatzbeiträge: Die Mehrheit weiß von nichts

Zum Jahresauftakt haben viele Krankenkassen ihre Zusatzbeiträge erhöht. Doch viele ihrer Kunden haben davon offenbar nichts mitbekommen – mit entsprechenden Auswirkungen auf ihr Sonderkündigungsrecht.

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11:06 Uhr | 09. Juni | 2023
Zusatzbeitrag

Viele Krankenkassen haben zum Jahresbeginn ihre Zusatzbeiträge erhöht – doch offenbar haben viele ihrer Kunden davon gar nichts mitbekommen.

| Quelle: Crispin la valiente

Viele Krankenkassen erhöhten zum Jahresbeginn ihren Zusatzbeitrag. Die Besonderheit dabei: Die Krankenkassen mussten nicht wie sonst üblich ihre Mitglieder per Brief über die Anpassung der Zusatzbeiträge informieren. Stattdessen genügte es, den veränderten Zusatzbeitrag auf der eigenen Homepage oder in der Mitgliederzeitschrift zu veröffentlichen.

Nur ein Drittel war informiert

Allerdings haben durch diese Aussetzung der Briefpflicht viele Kassen-Patienten nichts von der Erhöhung ihres Zusatzbeitrags mitbekommen. Das legt zumindest eine Umfrage des Verbraucherzentrale Bundesverbands nahe, für die 1.005 Menschen befragt wurden.

Der Auswertung zufolge hat nur ein knappes Drittel (32 Prozent) mitbekommen, dass ihr Zusatzbeitrag erhöht wurde. Ein weiteres Drittel gab an, der Zusatzbeitrag ihrer Kasse habe sich nicht erhöht – damit lagen sie allerdings falsch. Weitere 33 Prozent gaben an, nicht zu wissen, ob ihre Krankenkasse den Zusatzbeitrag erhöht habe.

Das ist aus Sicht der Versicherten problematisch. Denn das Sonderkündigungsrecht, das bei der Erhöhung des Zusatzbeitrags greift, gilt nur bis zum Ende des Monats, in dem der neue Zusatzbeitrag gilt. Bekommen die Versicherten allerdings nichts von der Erhöhung mit, wird es schwierig bis unmöglich, fristgerecht zu kündigen.

„Viele Verbraucher:innen müssen derzeit bereits jeden Euro drei Mal umdrehen. Deshalb ist die Politik schlecht beraten, wenn sie ausgerechnet in Krisenzeiten zu weniger Kostenklarheit beiträgt. Hier wurde am falschen Ende gespart“, kritisierte vzbv-Vorständin Ramona Pop.

Den Großteil der Befragten weiß sie in dieser Angelegenheit hinter sich. So erklärten 84 Prozent, dass die rein postalische Information der geeignete Informationsweg sei. Lediglich neun Prozent der Befragten hielt es für angemessen, dass die Krankenkassen ausschließlich über ihre Internetseite auf eine Beitragserhöhung hinweisen. Immerhin 37 Prozent halten eine Informierung per Mail für angemessen, 15 Prozent heißen auch eine alleinige Bekanntgabe in der Mitgliederzeitschrift für einen gangbaren Weg.

Webseiten werden selten bis nie besucht

Das hängt auch damit zusammen, dass die Webseiten der Krankenkassen selten bis nie seitens der Kunden frequentiert werden. Knapp die Hälfte (49 Prozent) erklärte, nie die Webseite ihrer Kasse aufzusuchen. Weitere 39 Prozent gaben an, maximal ein- bis dreimal im Jahr oder seltener die Kassen-Homepage aufzusuchen. Laut vzbv hätten die meisten Kassen die Homepage als Mitteilungsweg gewählt – einige hätten die entsprechenden Informationen zudem regelrecht versteckt.

Die Aussetzung der postalischen Informationspflicht ist für die Kassen jedoch bis zum 30. Juni dieses Jahres begrenzt – danach müssen die Kunden wieder per Brief informiert werden.

Der vzbv wiederholte in diesem Zusammenhang seine Forderung nach einem unabhängigen Qualitätsportal, so dass die Kassen-Kunden eine informierte und bedarfsgerechte Wahl treffen könnten. „Ziel muss ein Qualitätswettbewerb der Krankenkassen sein. Die Bundesregierung muss die Eckpunkte für ein entsprechendes Gesetz nun zügig vor der Sommerpause vorlegen“, forderte Pop.