Folge von Vertriebskosten

Teure Fonds sterben früher und performen schlechter

Eine Analyse zeigt, dass teure aktive Fonds schlechter performen und früher wieder vom Markt verschwinden als günstigere Pendants. Wie sich die Performance steigern lässt und warum ETFs nicht immer die beste Lösung sind, erklärt Ali Masarwah, CEO beim Fondsdiscounter Envestor.

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14:11 Uhr | 07. November | 2023
Ali Masarwah

Ali Masarwah ist geschäftsführender Gesellschafter und CEO des Fondsdiscounters Envestor. Der Finanzjournalist und Fondsanalyst war von 2011 bis Frühjahr 2021 als Chefredakteur für die deutschsprachigen Anleger-Websites von Morningstar verantwortlich.

| Quelle: Envestor

procontra:

Sie haben 44 europäische Aktien- und Rentenfondskategorien mit über 33.000 Fonds hinsichtlich ihrer Performance und Lebensdauer verglichen. Zu welchem Ergebnis sind Sie gekommen?

Ali Masarwah:

Unsere Erkenntnisse sind vielleicht nicht revolutionär neu, haben uns allerdings in dieser Klarheit überrascht. Wir haben die Fonds in den jeweiligen Kategorien in Kostenquartile aufgeteilt und die Bilanz des teuren Viertels der Bilanz des günstigen Viertels gegenübergestellt. Zum einen werden teure aktiv verwaltete Fonds sehr viel häufiger vom Markt genommen als günstige aktive Fonds. Anleger teurer Fonds laufen also Gefahr, dass ihr Fonds auf dem Weg zum Investmentziel vorzeitig liquidiert wird. Das ist mindestens ein Ärgernis.

procontra:

Haben kostspielige Fonds vielleicht eine kürzere Lebensdauer, laufen dafür aber besser?

Masarwah:

Ihre Performance fiel sehr viel schlechter aus als die günstiger Fonds. Von den 39 Kategorien konnten teure Fonds nur in einer einzigen besser performen, nämlich Sektorfonds für Technologieaktien. Das Ergebnis war in der Eindeutigkeit schockierend. Um Ihnen ein Beispiel zu geben: Das günstigste Viertel der aktiv verwalteten Schwellenländer Aktienfonds wies eine Erfolgsquote von knapp 40 Prozent auf, das teuerste Viertel dagegen nur eine Erfolgsquote von zehn Prozent. In der Kategorie USA Standardwerte war das Verhältnis 25 versus 0,8 Prozent.

procontra:

Wie genau definieren Sie die Erfolgsquote? Ausschließlich über die Rendite?

Masarwah:

Als erfolgreich gilt ein Fonds nach unserer Definition, wenn er die Zehnjahres-Periode überlebt und zugleich den Durchschnitt der Indexfonds der identischen Kategorie outperformt hat. Durch die Einbeziehung der inzwischen liquidierten Fonds konnten wir den sogenannten Survivorship Bias eliminieren.

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procontra:

Sie wollen – nicht ganz ohne Eigennutz – anhand der Analyse zeigen, dass das sogenannte Cashback-Modell, also die Erstattung der Vertriebsgebühren, die Performance aktiv verwalteter Fonds deutlich verbessern kann. Wie funktioniert das Modell?

Masarwah:

In unserer Untersuchung hatte ein Cashback einen durchschlagenden Erfolg auf die Bilanz teurer Fonds. Unser Cashback funktioniert recht einfach: Wir behalten bei aktiv verwalteten Fonds, die eine Vertriebsgebühr bezahlen, maximal 19 Basispunkte ein, den Rest kehren wir jedes Quartal an die Anleger aus. Ein Beispiel: Ein Fonds kostet pro Jahr 1,5 Prozent an laufenden Gebühren. Wir nehmen an, dass die Hälfte davon, also 0,75 Prozent an den Vertrieb geht. Ziehen wir unsere Marge von 0,19 Prozentpunkten ab, dann erstatten wir mit dem Cashback 0,56 Prozent des Fondsvermögens pro Jahr an den Anleger. Die Fondskosten sinken damit in dem Beispiel von 1,5 Prozent auf 0,94 Prozent pro Jahr.   

procontra:

Schlechte teure Fonds zu Outperformer machen – das klingt fast zu schön, um wahr zu sein. Wie kann die „Frischzellenkur“ gelingen? Und in welchen Anlagekategorien ist der Cashback-Effekt am größten und wo am geringsten?

Masarwah:

Das kommt ganz darauf an, wie man es deuten will. Wenn man die Folgen des Cashbacks auf die erfolglosesten teuren Fonds taxiert, dann landet man bei Kategorien wie Aktien USA Value. Da hat nach zehn Jahren kein einziger teurer Fonds überlebt und den Durchschnitt der Indexfonds der identischen Kategorie übertroffen. Der Cashback hat aus einer 0,0 Prozent Erfolgsquote immerhin eine Quote von 8,4 Prozent gemacht. Bei der Kategorien Staatsanleihen USA stieg die Quote von null Prozent auf 5,4 Prozent. Aber wenn man auf bekannte, große Kategorien schaut, dann erhöht sich die Erfolgsquote bei den teuren Fonds der Kategorie Aktienfonds für deutsche Standardwerte von 6,7 Prozent auf halbwegs ordentliche 20 Prozent. Bei Fonds für Euro-Unternehmensanleihen erhöht sich die Erfolgsquote teurer Fonds von 24 Prozent auf 46 Prozent. Das macht aktiv verwaltete Fonds in manchen Kategorien schon zu einer Alternative zu ETFs.

procontra:

Gerade die jüngere Generation greift dennoch gerne zu ETFs.

Masarwah:

In vielen Kernmärkten überzeugen ETFs, etwa bei Aktien USA, Europa, Japan. Aber es gibt etliche Kategorien, in denen sie nicht gut abschneiden im Vergleich zu aktiv verwalteten Fonds. Das betrifft vor allem Fondskategorien für Nebenwerte und Emerging Markets. Hinzu kommt, dass Indizes nicht immer ein guter Spiegel eines Marktes sind, etwa wenn sie nur wenige Wertpapiere enthalten. Das ist der Fall bei engen, illiquiden Märkten. Schlussendlich gibt es immer mehr ETFs, die fantasievoll-klingende Themen abdecken, aber oft ziemlich teuer und hochriskant sind – und damit nicht empfehlenswert.

procontra:

Dafür sind sie doch aber günstiger als aktiv verwaltete Fonds.

Masarwah:

ETF-Anleger müssen eine Gesamtrechnung aufmachen. Wer sein ETF-Portfolio von einem Berater betreuen lässt, muss die Vertriebskosten, die separat anfallen, miteinkalkulieren. Viele Anleger sind erstaunt, wenn sie hören, dass Beraterkosten mitunter deutlich mehr als 1,0 Prozent des verwalteten Vermögens ausmachen. Laut unserer Provisionsliste machen Vertriebsprovisionen durchschnittlich 0,52 Prozent aus. Aktiv verwaltete Fonds mit Cashback-Lösung können ETFs schon Konkurrenz machen. Der Cashback ist oft eine Art Silver Bullet, eine einfache Lösung, für Selbstentscheider, die in aktiv verwaltete Fonds investieren.

procontra:

Wie hoch fällt der Rabatt auf den Ausgabenaufschlag durchschnittlich bei Ihnen aus?

Masarwah:

Wir rabattieren Ausgabeaufschläge grundsätzlich mit 100 Prozent. Die DWS-Riester-Rente ist in der Version Top-Rente nicht rabattierfähig, aber wir erstatten das, was an Ausgabeaufschlag bei uns ankommt, vollständig. Die Rückzahlungen werden automatisch einmal im Quartal vorgenommen, die Kunden müssen da nichts anstoßen.

procontra:

Wodurch rentiert sich Ihr Geschäft, wenn ein Großteil der Gebühren an die Investoren zurückfließt?

Masarwah:

Unser Cashback-Geschäft ist nicht sehr margenträchtig. Deswegen sind wir schlank aufgestellt und bemühen wir uns, möglichst alle Geschäftsabläufe zu automatisieren oder zumindest so effizient aufzusetzen, dass wir von Skaleneffekten profitieren. Mit einer mittleren zweistelligen Millionen-Euro-Summe haben wir operativ den Break-even geschafft. Jeder Euro, der uns heute zufließt, macht uns profitabler. Aber ganz klar: Wir hoffen auf viel Wachstum.

procontra:

Für welche Klientel sind Fondsdiscounter wie Envestor geeignet?

Masarwah:

Im Prinzip für jeden Anleger, der in aktiv verwaltete Fonds investiert und keine Beratung braucht. Wir schenken diesen Kunden Geld, ganz im Gegensatz zu Online-Banken und den meisten Fondsdiscountern, die nicht beraten, aber trotzdem oft eine Vertriebsprovisionen einstreichen.