Wandel am Investmentmarkt

So lohnen sich Small-Cap-Investments

Viele Privatanleger wissen nicht um die Vorteile von Small Caps. Dabei liefern sie langfristig eine Outperformance – und derzeit laut Experten einen günstigen Einstiegspunkt.

16:09 Uhr | 14. September | 2023
Investieren am Smartphone

Momenttan ist ein güpnstiger Einstiegspunkt für das Investieren in Small Caps.

| Quelle: champpixs

In der ersten Jahreshälfte standen die Zeichen auf Erholung an den Aktienmärkten. Der MSCI World Index legte von Jahresbeginn bis Ende Juli rund 19 Prozent zu. Besonders Schwergewichte wie Apple, Microsoft und Amazon trieben das Wachstum und verbuchten allein in der gleichen Zeit zwischen 30 und 50 Prozent Plus. Bei weniger prominenten Unternehmen mit kleinerer Marktkapitalisierung fiel der Aufholeffekt bislang geringer aus: Der MSCI World Small Cap Index kletterte in der gleichen Zeit nur um 13 Prozent.

Darin sieht Dr. Götz Albert, Vorstandsmitglied und Leiter Portfoliomanagement Small & Mid Caps bei der Vermögensverwaltung Lupus alpha, eine Chance: „Small Caps sind derzeit so günstig bewertet, wie schon lange nicht mehr“, betont er. Das macht der Portfoliomanager auch am durchschnittlichen Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) fest: Der breite World-Index kommt derzeit auf ein erwartetes KGV von 18, während der Small-Index bei einem Wert von 16 liegt. „Das spricht dafür, dass wir hier noch eine Erholung sehen werden“, so Albert. Ein Investment für Makler wie Kunden lohne sich daher umso mehr.

Volatiler, aber langfristig rentabler

Der jüngste Kursabschwung sei vor allem auf die Zurückhaltung der Anleger und die Sorge vor einer Rezession zurückzuführen. Small Caps lassen sich dem Portfoliomanager zufolge nämlich in zwei Arten von Unternehmen unterteilen: Wachstumswerte auf ihrem Weg nach oben und Spezialisten, die in einem Geschäftsfeld besonders gut positioniert sind. Beide können unter einem Wirtschaftsabschwung leiden: Zinsen verteuern Wachstum und die hohe Fokussierung schafft Abhängigkeit von der Konjunktur – so die Logik vieler Investoren. „Auch wenn der Zusammenhang in der Realität nicht ganz so einfach ist, da viele weitere Faktoren ebenfalls eine wichtige Rolle spielen“, ergänzt Albert.

In den vergangenen zehn Jahren waren Small Caps zumindest deutlich volatiler: Ihre durchschnittliche jährliche Standardabweichung liegt bei 17,1 Prozent, während die durchschnittliche Volatilität im MSCI World 14,6 Prozent beträgt. Small-Cap-Investoren müssen sich also auf stärkere Schwankungen einstellen. „Deshalb eignen sich Small Caps auch eher weniger für Personen, die bei den ersten Kursverlusten ihre Position räumen“, sagt Albert.

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Ansonsten gehörten die Titel aber in jedes Portfolio, weil sie langfristig höhere Renditen als der breite Markt abwerfen. Das ist sogar statistisch bewiesen: Die sogenannte Small-Cap-Prämie besagt, dass kleine Unternehmen langfristig eine durchschnittlich höhere Aktienrendite erwirtschaften als der Gesamtmarkt. Dafür, dass sie diesen Zusammenhang bewiesen haben, wurde den Ökonomen Eugene Fama und Kenneth French im Jahr 2013 sogar der Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften verliehen. Ein Vergleich beider Indizes bestätigt den Effekt: Zwischen 1998 und 2021 verbuchte der MSCI World Small Cap Index durchschnittlich 9,7 Prozent Rendite pro Jahr, während es beim MSCI World nur 6,7 Prozent waren – das Krisenjahr 2022, wo Small Caps besonders schlecht abschnitten, mal ausgenommen.

„Klein“, aber nicht unbekannt

Für Finanzberater bietet sich hier eine Chance, denn viele Kunden haben die Anlageklasse kaum auf dem Schirm: „Die meisten Personen, die zu mir in die Beratung kommen, wissen fast nichts über Small Caps“, sagt Davor Horvat, Institutsleiter und Vorstand der Honorarfinanz AG. „Sie denken bei dem Begriff vor allem an kleine Garagenfirmen.“ Ein großer Irrtum, wie der Blick auf den MSCI World Small Cap beweist: Dort liegt die durchschnittliche Marktkapitalisierung bei 1,66 Milliarden US-Dollar – also weit entfernt von einem wackligen Start-up.

Für Horvat gehören Small Caps zu jedem ausgewogenen Portfolio. „Es wäre fahrlässig, die Titel bei der Portfoliokonstruktion nicht zu berücksichtigen“, sagt er. Ihm zufolge sollte die Anlageklasse im Depot rund 15 bis 20 Prozent stellen. Finanzberater raten hier zu aktiv gemanagten Small-Cap-Fonds oder Small-Cap-ETFs, die beispielsweise den MSCI World Small Cap nachbilden. Im klassischen MSCI-World-ETF sind die Unternehmen ‘aus der zweiten Reihe’ nämlich nicht enthalten: Er deckt nur 85 Prozent der Marktkapitalisierung in Industrieländern ab – also Large und Mid Caps, während im Small-Cap-Index weitere 14 Prozent der Börsennotierungen stecken. Allein schon, um die ökonomische Realität abzubilden, sollte man deshalb auch in Small Caps investieren.

Kleine Stars ganz groß

Auch wenn viele Anleger sie nicht kennen, gibt es auch in der Small Cap-Riege ‘Stars’, die mit etablierten Blue Chips durchaus mithalten können. Der größte Titel im weltweiten Index, dem MSCI World Small Cap, ist beispielsweise Super Micro, ein US-Computerhersteller für Rechenzentren. Der Titel verbuchte seit Jahresbeginn 209 Prozent Plus – und liegt damit nur knapp hinter Nvidia (+220 Prozent). Super Micro ist aber deutlich günstiger bewertet: Der Titel kommt für das laufende Geschäftsjahr nur auf ein geschätztes KGV von 17, während Nvidia das 49-fache des Gewinns kostet. Auch der deutsche LKW-Hersteller Traton scheint unbeeindruckt von den Problemen der Automobilbranche: Im Vergleich zum Jahresanfang verbucht der Titel 35 Prozent Plus. Gleichzeitig ist das KGV (2023e) von 4 im Branchenvergleich nicht übermäßig bewertet. Traton ist der größte Titel im SDax, dem deutschen Index für Small Caps.

Beeindruckend ist ebenfalls die Performance von Gigabyte Technology, einem taiwanischen Hersteller von Computerhardware. Auf Jahressicht steht der Titel stolze 232 Prozent im Plus, das KGV kann mit 43 allerdings auch mit Blue Chips mithalten. Von Small Caps in Emerging Markets rät Portfoliomanager Albert derzeit aber eher ab: „Das liegt an der Reife der Kapitalmärkte“, sagt er. „Die Berichterstattung ist nicht so standardisiert wie in Europa und in den USA, da ist es erheblich schwieriger, verlässliche Informationen zu finden.“ Das mache sich bei Small Cap-Werten noch stärker bemerkbar als ohnehin schon.

Auch auf anderen Märkten sei es schwierig, die Gewinner von morgen zu identifizieren, sagt Albert. „Es gibt viele Einzeltitel, die eine extrem gute Performance geliefert haben – genauso wie es Titel gibt, die extrem verloren haben“, sagt er. Während der MSCI-Large-Cap-Index 668 Titel umfasst, stecken im Small-Cap-Pendant mehr als sechsmal so viele: insgesamt 4.324 Einzelwerte. „Ich kann mir kaum vorstellen, dass Privatanleger diese Menge an Informationen verarbeiten können und wollen“, sagt er. „Da nutzen sie ihre Zeit besser an anderer Stelle.“ Wenn man von einem Unternehmen und dessen Geschäftsmodell besonders überzeugt sei, könne man natürlich auch investieren. „Das ist das gleiche Risiko wie bei anderen Einzelaktien“, sagt er. „Insgesamt würde ich hier aber eher zu einem Fonds raten.“

Finanzberater, die sich zu dem Thema informieren wollen, werden bei vielen Fondsanbietern, die sich auf das Thema spezialisiert haben, fündig, sagt Finanzberater Horvat. Am bekanntesten sind klassische Investmenthäuser wie Blackrock, Threadneedle und Aberdeen Standard „Im Bereich ETFs und Indexfonds sind Vanguard sowie Dimensional besonders stark“, zählt er auf. Dort gebe es genügend Informationsmaterial, um sich für die Beratung einzudecken.