Multi-Asset-ETFs: Mehrwert oder Mogelpackung?

Mit Blackrock und Vanguard haben die beiden weltgrößten ETF-Anbieter jüngst Multi-Asset-Produkte in Deutschland lanciert. Was die Fonds leisten und was nicht – und warum Vermittler die versprochenen Vorteile hinterfragen sollten.

07:03 Uhr | 05. März | 2021
Weiterhin setzen viele Anleger auf Produkte, die das Vermögen über verschiedene Anlageklassen verteilen. Bild: Adobe Stock/ Nuthawhut

Weiterhin setzen viele Anleger auf Produkte, die das Vermögen über verschiedene Anlageklassen verteilen. Bild: Adobe Stock/ Nuthawhut

Mischen bleibt in Mode. Keine andere Fondsgattung verzeichnet so konstant Zuflüsse wie Mischfonds. Die Produkte, in ihrer modernen Variante auch als Multi-Asset-Fonds unterwegs, verwalten heute zehnmal so viel Kapital wie vor 20 Jahren. Zum Vergleich: Das in Aktienfonds angelegte Volumen hat sich im selben Zeitraum gerade einmal verdoppelt, wie aus der Statistik des Fondsverbands BVI hervorgeht (siehe Grafik).

Auch wenn der Zuspruch im abgelaufenen Jahr erstmals seit 2012 geringer ausfiel als der zu Aktienfonds: Offensichtlich setzt weiterhin eine sehr große Zahl von Anlegern auf die Produkte, die das Vermögen über verschiedene Anlageklassen verteilen.

Nur konsequent erscheint da, dass auch die ebenfalls mit zunehmendem Zuspruch bedachte ETF-Branche das Thema Multi-Asset verstärkt in den Blick nimmt. Nach DB Xtrackers und Lyxor bieten nun auch die beiden weltweit größten ETF-Anbieter Blackrock beziehungsweise iShares und Vanguard Multi-Asset-ETFs in Deutschland an. Statt bloßer Bausteine, mit denen Selbstentscheider, Robo-Advisors, Fondsmanager und entsprechend aufgestellte Berater das Portfolio bestücken, wollen sie damit nun selbst bequeme Komplettlösungen für eine einfache Vermögensverwaltung offerieren.

Dafür kombinieren beide Häuser eine Reihe konzerneigener ETFs zu gemischten Portfolios mit unterschiedlichen Risikoprofilen. Drei sind es bei Blackrock, vier bei Vanguard. Beide Anbieter treten dabei mit den branchenüblichen Versprechen an: breite Streuung, hohe Transparenz und geringe Kosten. So liegt die Gesamtkostenquote bei beiden Gesellschaften bei gerade 0,25 Prozent.

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Bekanntes Konzept

Nun ist das Konzept, verschiedene ETFs in einer Fondslösung zu bündeln, keineswegs neu. „Die Idee war einfach: ein vermögensverwaltender Fonds, bei dem die flexible Steuerung der Assetquoten im Mittelpunkt steht“, sagt Markus Kaiser, der bereits 2007 mit dem ersten ETF-Dachfonds gestartet ist, seinerzeit für die Fondsgesellschaft Veritas. „Berater und Privatanleger erhalten so einen einfachen Zugang zu ETFs“, so der Leiter der neu gegründeten ETF-Sparte des Freiburger Vermögensverwalters Greiff Capital, der weiterhin einige Dachfonds und Mandate betreut.

Gut ein Jahr später folgte die ETF-Tochter der Deutschen Bank mit dem DB Xtrackers Portfolio ETF, der ein dynamisch gemanagtes ETF-Portfolio wiederum in einen ETF verpackt. Einen statischeren Ansatz verfolgen die ursprünglich bei der Commerzbank-Tochter Comstage aufgelegten Multi-Asset-ETFs, die seit der Übernahme durch den französischen ETF-Spezialisten als Lyxor Strategy ETFs geführt werden. Neben der Streuung über unterschiedliche ETFs für die Anlageklassen Aktien, Anleihen und Rohstoffe ist die regelmäßige Wiederherstellung der Ausgangsgewichtungen wichtiges Merkmal.

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Gleiches gilt für die neuen Multi-Asset-ETFs von Vanguard, wobei sich das Haus auf Aktien und Anleihen beschränkt. Im Vordergrund steht die strategische Asset Allokation, die auf unterschiedliche Rendite-Risiko-Vorstellungen zugeschnitten ist und in regelmäßigen Abständen wiederhergestellt wird. Die US-Fondsgesellschaft bietet ihre LifeStategy-Reihe mit Aktienquoten von 20, 40, 60 und 80 Prozent an, der mehr oder minder große Rest ist in Anleihen investiert. 7 bis 13 ETFs landen im Dachfonds-Portfolio. Den Kern bilden jeweils ein globaler Aktien- und Renten-ETF, ergänzt je nach Variante um Staatsanleihen aus der Eurozone, den USA und Großbritannien, Unternehmensanleihen und Aktien-ETFs mit Ausrichtung auf die Schwellenländer, Nordamerika, Asien ex-Japan und Japan.

Blackrock hingegen verzichtet in den drei Multi-Asset-Portfolios auf ETFs mit globaler Ausrichtung und verknüpft den Ansatz stattdessen mit einem weiteren Megatrend der Investmentbranche: Wo immer möglich, mindestens aber zu 80 Prozent, kommen ESG-Produkte zum Einsatz, die bestimmte Kriterien hinsichtlich Umwelt, sozialer Aspekte sowie die Unternehmensführung (Environment, Social, Governance, ESG) betreffend erfüllen. Auswahl und Gewichtung der jeweils 15 Ziel-ETFs erfolgen ausgehend von einer strategischen Asset Allokation auf Basis einer vergleichsweise komplexen Risikoanalyse. Turnusgemäß werden die Gewichtungen vierteljährlich überprüft, zwischenzeitliche dynamische Anpassungen an die Marktlage sind möglich.

Beide ETF-Riesen verzichten auf eine Beimischung weiterer Anlageklassen. Für ein Basisportfolio mag das ausreichend sein. Denn Vergleiche zeigen immer wieder, dass einfache gemischte Portfolios mittel- bis langfristig zu guten Ergebnissen führen können. Auch bedarf es nicht zwangsläufig aktiver Allokationsentscheidungen.

„Wer sich um nichts kümmern und sich auch nicht von den Geschicken eines Managers abhängig machen möchte, kann mit einem statischen Portfolio-ETF gut fahren. Zwar wird man nie zu den Besten zählen, aber aller Voraussicht nach einen fairen Anteil an der Entwicklung der Kapitalmärkte erzielen.“ Thorsten Pörschmann von der Analysegesellschaft Drescher & Cie

Dass das mit unterschiedlichen Multi-Asset-ETF-Ansätzen grundsätzlich möglich ist, zeigen die Produkte von DB Xtrackers und Lyxor: Die ausgewogenen Varianten schneiden über ein und drei Jahre nicht nur besser ab als der Durchschnitt der Morningstar-Kategorie Mischfonds Euro ausgewogen global, sie schlagen auch beispielsweise die Top-Seller Flossbach von Storch Mutliple Opportunities und DJE Zins & Dividende – wenn auch mit etwas höheren Schwankungen.

Am Ende bleibt es eine Frage des Geschmacks und des Gebührenmodells, ob ein aktiver vermögensverwaltender Fonds, ein dynamischer oder ein eher statischer Multi-Asset-ETF die geeignetere Lösung für ein Basisinvestment darstellt. Sicher erscheint angesichts des positiven Images von ETFs, das Presse und Finanzportale vermitteln, und der Empfehlungen von Verbraucherschützern, dass Anleger verstärkt ETF-Lösungen nachfragen werden. Unsicher ist hingegen, ob sie bereit sein werden, entsprechende Beratungs- und Vermittlungsleistungen separat zu honorieren, wie es Vanguard vorschwebt.

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