Krypto-Fonds locken neue Privatanleger

Immer mehr Anleger wollen in Kryptowährungen investieren, finden die Lagerung über virtuelle Geldbörsen aber suspekt. Aktive Krypto-Fonds und ETFs bedienen neue Anlegerinteressen und schützen auch vor Totalverlust. Was die Produkte ausmacht und wo die Risiken liegen.

10:07 Uhr | 02. Juli | 2021
Kryptofonds, Bild: Adobe Stock/topshots

In der Finanzwelt tauchen vermehrt aktive Fonds auf Kryptowährungen auf. Bild: Adobe Stock/topshots

Manchmal kostet Vergesslichkeit ein Vermögen – so geschehen im Fall Stefan Thomas. Der Programmierer aus Deutschland hatte vor einigen Jahren 7.002 Bitcoins gekauft und in seiner digitalen Geldbörse (Wallet) hinterlegt. Heute sind diese Bitcoins über 200 Millionen Euro wert. Zu seinem Pech vergaß Thomas den Privat Key – eine Art Schlüssel, der sich aus einer ellenlangen Abfolge aus Buchstaben und Zahlen zusammensetzt. Ohne diesen Schlüssel sind die Bitcoins verloren und Thomas kein Multi-Bitcoin-Millionär.

Viele scheuen genau aus solchen Gründen das Investment in Kryptowährungen. Und das, obwohl das Interesse eigentlich groß ist: Laut einer Studie von crypto.com hielten im Januar dieses Jahres zwischenzeitlich 71 Millionen Menschen Bitcoins. Auch immer mehr Großinvestoren erhoffen sich gerade in Zeiten drohender Inflation eine Art Inflationsschutz durch Cyberwährungen. Wer aber die begehrten Coins kaufen möchte, muss sich zunächst auf einer der zahlreichen Plattformen wie Coinbase, Etoro oder Binance registrieren und dort ein Wallet eröffnen. Nur in dem Wallet lassen sich die digitalen Währungen speichern. Zugang erhalten Investoren dann über den Private Key. Vielen Anlegern ist das zu kompliziert. Für sie gibt es mittlerweile andere Möglichkeiten, um vom Krypto-Hype zu profitieren.

Wachstumsmarkt: Börsengehandelte Kryptowährungen

Digitale Währungen lassen sich nämlich auch indirekt über die Börse handeln. „Das Geschäft mit Finanzprodukten auf Kryptowährungen ist ein junger, aber aufstrebender Markt“, sagt Patrick Karb, Portfolio Manager und Geschäftsführer der Investmentgesellschaft Hauck & Aufhäuser Innovative Capital in Deutschland. So tauchen in der Finanzwelt vermehrt aktive Fonds auf Kryptowährungen auf. Die US-amerikanische Bank JP Morgan plant, einen eigenen aktiv verwalteten Bitcoin-Fonds für wohlhabendere Privatanleger einzuführen – das Produkt könnte nach Angaben des Finanzinstituts noch im Sommer dieses Jahres an den Start gehen.

Anzeige

Der große Vorteil aktiver Krypto-Fonds ist, dass erfahrene Fondsmanager die Entscheidung übernehmen, welche Kryptowährungen sich für ein Investment eignen. Das scheint auch nötig, denn das Angebot verschiedener Kryptowährungen ist in den vergangenen Jahren gewaltig gewachsen: Laut der Online-Plattform Coinmarketcap gibt es derzeit über 10.000 verschiedene, handelbare Kryptowährungen. Für Vermittler mit wenig Krypto-Expertise dürfte es kein Leichtes sein zu entscheiden, welche Kryptowährungen langfristig erfolgreich sein werden und welche bald wieder in der Versenkung verschwinden. „Von den 10.000 sind für uns maximal ungefähr 10 Prozent wirklich interessant“, schätzt Karb.

Vorreiter in Sachen Krypto-Fonds ist Kanada: Das Land hat erst kürzlich den ersten öffentlich gehandelten Exchange-Traded Fund (ETF) auf den Bitcoin eingeführt. Der ETF bildet die Wertentwicklung des Bitcoins eins zu eins ab. Das Besondere ist, dass die Investition der Anleger hier zum Sondervermögen zählt. Sie sind also im Falle einer Insolvenz des Emittenten vor einem Totalverlust geschützt. Das ist gerade im Bereiche Kryptowährungen nicht selbstverständlich. In Deutschland zum Beispiel können Anleger bereits über sogenannte Exchange-Traded Notes (ETN) in Kryptowährungen investieren. Hierbei handelt es sich um sogenannte Inhaberschuldverschreibungen. Im Gegensatz zum ETF sind Anleger bei diesem Anlageinstrument nicht vor einem Insolvenzrisiko des Emittenten geschützt. Ein Beispiel ist der VanEck Vectors ETN, der an der Deutschen Börse Xetra notiert.

Inflationsschutz und hohe Renditen

Nach Meinung des Analysten und Krypto-Experten Timo Emden wecken zwei Faktoren so großes Interesse für Kryptowährungen: Zum einen locken die virtuellen Münzen mit überdurchschnittlichen Gewinnen. Laut Daten des Krypto-Marktforschungsinstituts Coin Metrics hätten selbst Anleger, die erst nach dem Rekordhoch im Jahr 2017 in Bitcoin eingestiegen sind, mehr als 20 Prozent Rendite jährlich erwirtschaften können. (Hier gehts zum Interview)

Zum anderen erhoffen sich Anleger von Kryptowährungen eine Art Inflationsschutz. „Gerade in Zeiten drohender Teuerung flüchten sich viele Anleger in Kryptowährungen“, sagt Emden, Blockchain-Experte und Gründer des Analysehauses Emden Research. Sie sollen ähnlich wie Gold als Wertspeicher dienen, und so vor Geldentwertung schützen. „Ob dies in der Praxis tatsächlich so ist, steht auf einem anderen Blatt Papier“, meint Emden. Die Aufsichtsbehörden betrachten den Krypto-Hype zumindest mit Argwohn. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht BaFin warnte dieses Jahr erneut deutlich vor Investments in Kryptowährungen, bei denen Verbraucherinnen und Verbraucher erhebliche Kapitalverluste erleiden können. „Auch ein Totalverlust ist möglich“, schreibt die BaFin auf ihrer Homepage. Dieses Risiko besteht immerhin bei Krypto-ETFs nicht.

Für sie gilt im Gegenzug allerdings auch das Risiko einer zu hohen Marktkapitalisierung, was Kritiker immer wieder anprangern. Ihrer Meinung nach sind Kryptowährungen, insbesondere der Bitcoin, an den Finanzmärkten stark überbewertet. „Das stimmt nur bedingt“, meint Emden. „Die Marktkapitalisierung des Bitcoins ist zwar tatsächlich relativ hoch, vergleicht man sie jedoch mit der Marktkapitalisierung von Gold ist sie eher niedrig“, sagt der Experte. Während die gesamte verfügbare Menge Gold etwa zehn Billionen US-Dollar wert ist, liegt die Marktkapitalisierung des Bitcoins zum Beispiel zurzeit nur bei 615 Milliarden US-Dollar. Berater sollten Anlegern dennoch ans Herz legen, immer nur ihr „Spielgeld“ zu investieren, also Geld, das sie nicht zum Leben brauchen.

Krypto-Investments sind attraktiv, aber riskant

Mit anderen Worten: Investments in Kryptowährungen sind attraktiv, aber eben auch riskant. Das liegt vor allem an der hohen Preisvolatilität. „Die Schwankungen bei Kryptowährungen sind im Vergleich zu anderen Assets wirklich extrem“, meint Emden. Allein das Beispiel Bitcoin zeigt, wie extrem: Im April und Mai dieses Jahres brach der Bitcoin-Kurs um bis zu 50 Prozent ein, nachdem er zuvor gerade erst innerhalb weniger Wochen auf seinen Höchststand bei 64.895 US-Dollar geklettert war. Hunderte Milliarden US-Dollar verpufften einfach.

Ohne die richtige Beratung können Anleger auch bei börsengehandelten Krypto-Fonds am Ende auf das falsche Pferd setzen. Denn da Fonds die Wertentwicklung der Kryptowährungen abbilden, können auch hier die Kursschwankungen hoch sein. Trotzdem können Berater mit sorgfältig ausgewählten Fonds die Risiken für Anleger minimieren, „da das Prinzip der Risikostreuung auch bei Kryptowerten funktioniert“, sagt Karb. Und zwar immer dann, wenn sie mehrere verschiedene Kryptowährungen mit ins Portfolio nehmen. Vermittler solcher Finanzprodukte sollten also darauf achten, dass ein aktiver Fonds immer mehrere Cyberwährungen abbildet.

Klar ist: Der Markt börsengehandelter Krypto-Produkte wächst und diese Entwicklung lässt sich auch hierzulande nicht mehr aufhalten. Es lohnt sich deshalb, solche Finanzprodukte im Auge zu behalten. „Drei bis fünf Jahre kann es noch dauern bis aktive Krypto-Fonds dann auch für Privatanleger in Deutschland salonfähig werden“, prognostiziert Karb. Aus Sicht des Fondsmanagers eine notwendige Entwicklung. „Fondsprodukte sind bei allen Anlegergruppen ein etabliertes Vehikel und genießen entsprechend Vertrauen. Nun wird es Zeit, dass sich diese neue Assetklasse der Kryptowerte in Fonds wiederfinden darf. Daran arbeiten Gesetzgeber und Marktteilnehmer", meint Karb.