Goldanlagen: Hier lauern juristische Fallstricke in der Beratung
Insbesondere in der Krise gilt: Geldanlagen müssen vor allem sicher sein. 61 Prozent der deutschen Anleger gaben kürzlich in einer Umfrage der Quirion Privatbank an, dass ihr Sicherheitsbedürfnis durch Corona weiter gestiegen ist. Das macht offenbar Investments in Edelmetalle wie Gold attraktiv: 44 Prozent der Befragten halten diese für interessanter als noch vor einem halben Jahr. Doch auch hier lauert einiges an Konfliktpotential.
Worauf kommt es in einer seriösen Beratung zu Edelmetallanlagen an? Georgios Aslanidis, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht sowie Partner der Kanzlei Aslanidis, Kress & Häcker-Hollmann, hat procontra die wichtigsten Fragen dazu beantwortet.
procontra: Herr Aslanidis, die Investition rund um Gold und Edelmetalle umfasst unterschiedlichste Anlagemöglichkeiten: Neben dem physischen Goldkauf wären da der Kauf von Edelmetallen als Barren oder Münzen, goldbasierte Wertpapiere oder geschlossene Fonds, die in Goldminen und Goldproduzenten oder als Direktinvestition anlegen. Bei welcher dieser Möglichkeiten gibt es besonders viel juristisches Konfliktpotenzial?
Georgios Aslanidis: Im Allgemeinen bergen Goldanlagen mit hohem Risiko oft das größere Konfliktpotential. Das Risiko eines Totalverlustes findet sich regelmäßig bei geschlossenen Fonds und Direktinvestitionen. ETC, also Exchange Traded Commodities als goldbasierte Wertpapiere, haben im Vergleich zu ETFs ein deutlich höheres Ausfall- und Emittentenrisiko. ETFs sind durch das Sondervermögen bei der Insolvenz eines Emittenten geschützt. Anleger müssen dessen Bonität daher genau prüfen. Meist sind die Ansprüche der Gläubiger aus den Schuldverschreibungen nicht besichert. In der jüngeren Vergangenheit haben wir verstärkt Anfragen von Anlegern, die in Goldsparpläne investiert haben. Der Goldkauf über einen Sparplan ist mit allen Risiken verbunden, die Gold- und Edelmetallanlagen mit sich bringen.
procontra: Die da wären?
Aslanidis: Das sind zum Beispiel Wechselkursrisiken oder das Risiko der eingeschränkten Veräußerbarkeit. Bei Goldsparplänen werden regelmäßig kleine Mengen gekauft, die Aufschläge beim Kauf sind bei kleinen und Kleinststückelungen aber besonders hoch. Erwerben Anbieter hingegen große Goldbarren, da das Aufgeld geringer ist, erwerben die Sparer lediglich ein Bruchteilseigentum. Im Falle einer Insolvenz ist die eindeutige Zuordnung unter Umständen nicht möglich, das eingelagerte Gold könnte in die Insolvenzmasse fließen. Geben Anbieter ihren Kunden eine Rückkaufgarantie, ist für eine solche Tätigkeit in Form eines Einlagengeschäfts eine Zulassung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht nötig. In einigen Fällen fehlt den Anbietern jedoch eine solche Zulassung. In der Praxis ist die Antwort auf die Frage nach dem meisten juristischen Konfliktpotential oft nicht in der Anlageform und den innewohnenden Risiken der jeweiligen Anlage begründet, sondern im zuweilen eklatanten Unterschied zwischen prognostiziertem Erfolg und der tatsächlichen Performance der Goldanlage.
procontra: Welche Fehler seitens Anlageberatern begegnen Ihnen immer wieder?
Aslanidis: Größtes Manko bei der Beratung ist eine unterlassene oder unzureichende Aufklärung über die Risiken der Anlage und über Provisionen oder wenn Anlageziele nicht berücksichtigt werden. Dabei sind die Risiken je nach Anlageform unterschiedlich ausgestaltet. Wichtig bei fast allen Goldanlagen ist der Hinweis, dass Gold selbst keine Zinsen oder Dividenden abwirft. Ein Anbieter, der eine laufende Rendite oder Zinsen auf den Goldkauf verspricht, muss erklären können, wie er diese dauerhaft erwirtschaften möchte. Achtung ist daher geboten bei Anbietern, die hohe Goldzinsen, Bonus-Gold oder Gold-Rabatte in Aussicht stellen.
procontra: Gerade im Zuge der Corona-Auswirkungen ist die Anlage in Edelmetalle beliebt. Worauf ist in der aktuellen Situation zu achten?
Aslanidis: Gold gilt insbesondere in Krisenzeiten, in denen man vermeintlich in keine anderen Finanzprodukte investieren kann, als „sicher“ weil Aktienmärkte stark einbrechen oder die Zinsen niedrig sind. Ein Vermittler sollte gerade in dieser Situation auch darauf hinweisen, dass in solchen Zeiten eine Spekulationsblase entstehen kann. Eine solche kann auf Grund der Knappheit des Rohstoffs Gold zu erheblichen Verlusten führen. Über den spekulativen Charakter müssen Berater und Vermittler aufklären. Auch Anleger, die eine „risikobewusste“ Anlagestrategie verfolgen, dürfen in einer Anlageberatung erwarten, dass sie vollständig und zutreffend über die Risiken einer Anlageform unterrichtet werden. Das gilt insbesondere, wenn die Anlageform dem Anleger vorher nicht bekannt war.
procontra: Wo gibt es seitens der Kunden Unwissen und Unsicherheiten?
Aslanidis: Besondere Aufmerksamkeit sollten Anleger den Nebenkosten beim Goldkauf schenken. Beim Kauf von Gold müssen Anleger einen Aufschlag zahlen. Dieser ist umso höher, je kleiner die Stückelung des Goldes ist. Hinzu kommen Lagerkosten, gegebenenfalls auch Versicherungskosten. Stark überhöhte Einrichtungsgebühren oder ähnlich benannte Gebühren können dazu führen, dass es viele Jahre – oder sogar Jahrzehnte – dauert, bis Anleger ihre ursprüngliche Einlage wieder zurückerhalten. Vorsicht geboten ist bei Anbietern, die Kunden Gold in Kleinststückelungen verkaufen, das Gold aber zu einem späteren Zeitpunkt als größere Barren ausliefern. Denn die hohen Mehrkosten für die Kleinststückelungen sehen Kunden oft nicht wieder, sie landen in den Taschen der Anbieter. Auch ist bei einer Einlagerung des gekauften Goldes nicht immer sichergestellt, dass Anleger wirklich physisches Gold erhalten. Anleger sollten ihre Goldbestände stets selbst in Augenschein nehmen oder nachprüfen und testieren lassen, ob das Gold physisch vorhanden ist. Die gilt vor allem auch für Vermittler dieser Goldanlagen und wenn es Warnhinweise gibt, die Zweifel an den tatsächlichen Goldbeständen entstehen lassen.
procontra: Kommt es zur Klage wegen Falschberatung steht vor Gericht steht die Aussage des Klägers gegen die des Anlageberaters. Wie sehen hier mögliche Belege aus?
Aslanidis: Die Zivilprozessordnung kennt mehr als nur den Zeugenbeweis. Ferner ist die Stimme des Klägers nicht zu unterschätzen, zumal auch eine formelle Parteivernehmung stattfinden kann. Dann hat die Aussage des Klägers die Qualität einer Zeugenaussage. Nicht zu unterschätzen ist auch, dass in vielen Fällen der Kläger nicht allein bei einem Beratungsgespräch anwesend war, sondern auch Familienangehörige oder Freunde zugegen waren. Diese gelten dann ebenfalls als Zeugen. Weitere wichtige Beweismittel können je nach Fall unter anderem auch Urkunden, Prospekte, interne Dokumente von Vertriebsgesellschaften und ggfs. staatsanwaltliche Ermittlungsakten sein.
procontra: Edelmetallanlagen sollen künftig als Vermögensanlage eingestuft werden, Anbieter müssen also bei der BaFin einen Prospekt vorlegen. Reicht das aus Ihrer Perspektive aus, um unseriöse Anbieter vom Markt zu verdrängen?
Aslanidis: Das ist mit Sicherheit ein Schritt in die richtige Richtung. Einige kleinere Anbieter, welche die Kosten für die notwendige Beratung zur Prospekterstellung und die rechtliche Beratung im Genehmigungsverfahren der BaFin scheuen, werden vom Markt verschwinden. Es müssten allerdings weitere Schritte der Politik folgen, die über eine bloße Prospektgenehmigung hinausgehen. Denn die vielen bekannten Negativbeispiele im Bereich der Goldanlagen der vergangenen Zeit hätten wahrscheinlich einem Prospektgenehmigungsverfahren Stand gehalten. Die BaFin prüft nicht die Existenz von Edelmetallen oder die Plausibilität des Geschäftsmodells, sondern die Formalien der Prospekterstellung. Wichtig ist auch, dass wir Verbraucherschützer eine entsprechende Öffentlichkeitsarbeit betreiben und über die Risiken von Edelmetallanlagen aufklären. Die meisten Laien sehen in einer Edelmetallanlage lediglich den Sachwert des entsprechenden Edelmetalls ohne auf Vertragsbedingungen, Insolvenzschutz, Auszahlungsbedingungen und versteckte sowie offen ausgewiesene Renditefresser wie Provisionen zu achten.