FinVermV: Bundesrat winkt „absurdes Taping“ durch
Der Bundesrat hat in seiner 980. Sitzung am heutigen Freitag der Finanzanlagen-Vermittlungsverordnung“ (FinVermV) zugestimmt. Im Tagesordnungspunkt 68 wurde die „Zweite Verordnung zur Änderung der Finanzanlagen-Vermittlungsverordnung“ durchgewunken. Damit tritt die Verordnung nach der anschließenden Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt endgültig in Kraft – mit großzügiger Übergangsfrist. Der Bundestag hatte kein Mitspracherecht eingefordert.
Das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) hatte bereits am 22. Juli den überarbeiteten Referentenentwurf für die neue Finanzanlagenvermittlungs-Verordnung (FinVermV) veröffentlicht. Die Verordnung hätte zur Umsetzung der Mifid-II-Richtlinie, die bereits zum 3. Januar 2018 in Kraft getreten war, längst verabschiedet sein müssen. Nachdem Verbände massive handwerkliche Mängel kritisiert hatten, schob der Bundesrat seine Entscheidung bereits seit Dezember 2018 vor sich her (procontra berichtete).
Nicht durchgesetzt wurden die Empfehlungen des Ausschusses für Agrarpolitik und Verbraucherschutz des Bundesrates. Er hatte härtere Informationspflichten für Finanzanlagenvermittlers auch bei Altersvorsorgeprodukten gefordert. Allein durch Übergabe des Produktinformationsblatts sei dafür nicht ausreichend. Außerdem wollte der Ausschuss, dass bei Altersvorsorgeprodukten automatisch die Kosten der Vermittlung offenzulegen sind.
Absurdes Taping vorgeschrieben
„Völlig absurd ist, dass wider besseres Wissen nun eine Regelung verabschiedet wurde, die den Kunden entmündigt und das Vertrauensverhältnis zwischen Berater und Kunden zumindest erheblich tangiert“, kritisiert Norman Wirth die Bundesrats-Entscheidung. Der geschäftsführende Vorstand des AfW Bundesverband Finanzdienstleistung meint damit die umstrittene Aufzeichnungspflicht für Telefongespräche mit Kunden - Taping genannt (procontra berichtete).
„Nur wenige Wochen, nachdem sich die Bundesregierung gegenüber Brüssel zum Taping klar ablehnend ausgesprochen hat, wird die FinVermV mit dem Taping für die unabhängigen Finanzdienstleister durchgewunken, statt darüber noch einmal gründlich nachzudenken“, so Wirth weiter. Er wäre nicht überrascht, wenn man bei der Mifid-II-Evaluation im kommenden Jahr feststellen würde, dass die Pflicht zum Taping kontraproduktiv ist.
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Einige positive Punkte
„Ansonsten kann man mit der FinVermV inhaltlich leben“, meint Wirth. Die Geeignetheitsprüfung ersetze nun die bisherige Beratungsdokumentation. „Wir werden sehen, wie das in der Praxis dann umgesetzt wird“, zeigte sich der AfW-Chef gespannt.
Positiv sei, dass das lange drohende Provisionsverbot durch die Hintertür nun nicht kommt. Dafür hatte sich auch der AfW stark gemacht (procontra berichtete). Vermittler dürfen auch in Zukunft Vergütungen erhalten, ohne dafür eine bessere Qualität der Beratung nachzuweisen - im Unterschied zu Banken oder Haftungsdächern mit Bafin-Lizenz nach Paragraf 32 Kreditwesengesetz.
Ebenfalls sei es im Sinne der Diversifikation beim Kunden und des Beratungsfreiraums gut, dass „wir uns und mit der Forderung durchsetzen konnten, dass es in begründeten Ausnahmefällen möglich sein muss, auch außerhalb des vom Produktgeber definierten Zielmarktes zu vermitteln“. Zudem sei zu begrüßen, dass nun eine angemessene Übergangsfrist von zehn Monaten ab der Verkündung der neuen Verordnung zur FinVermV-Umsetzung vorgesehen ist.
Konterkarieren neue Aufsichtspläne bald die FinVermV?
Welchen Sinn die Novellierung der FinVermV angesichts der Pläne zu einem Aufsichtswechsel der 34f- und 34h-Vermittler hin zu BaFin noch macht, bleibt abzuwarten. Ein Ende Juli veröffentlichtes Eckpunktepapier des BMF umschreibt den Rahmen für eine Gesetzesnovelle 2020 (procontra berichtete).
Mit Inkrafttreten der Neuregelungen im WpHG sechs Monate nach Verkündung 2021 „sollen die §§ 34f bis 34h GewO und die FinVermV außer Kraft treten“, heißt es darin. Offen bliebe, wie das Verfahren zur Berufszulassung einschließlich Weiterbildungspflichten außerhalb des Paragrafen 34f GewO künftig geregelt werden soll.
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