procontra-Interview sorgt für Diskussionen

BU-Leistungsprüfung: Spielen Versicherer wirklich auf Zeit?

Versicherer spielen bei BU-Leistungsprüfungen bewusst auf Zeit. Das behauptete dieser Tage BU-Rechtsdienstleister Bernhard Rauch in einem procontra-Interview. Dafür erntet er jetzt Widerspruch.

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07:08 Uhr | 15. August | 2025
Sachbearbeiter liest am Schreibtisch in Papieren

Taktik oder Personalmangel: Warum dauern BU-Leistungsprüfungen mitunter so lang? (Symbolfoto)

| Quelle: AndreyPopov

Was Sie erfahren werden:

  • Welche Kritik BU-Rechtsdienstleister Rauch an Versicherern übt

  • Warum die vom GDV kommunizierte Leistungsquote umstritten ist

  • Wie Versicherer auf die Verzögerungsvorwürfe reagieren

  • Warum auch der Fachkräftemangel Einfluss auf die Leistungsbearbeitung hat

Es ist ein schwerer Vorwurf, den BU-Rechtsdienstleister Bernhard Rauch jetzt in einem procontra-Interview erhob: Seiner Einschätzung nach werden BU-Leistungsprüfungen von manchen Versicherern bewusst verzögert, insbesondere wenn der Leistungsfall teuer zu werden drohe.

Auch die vom Branchenverband GDV kommunizierte Leistungsquote von 80 Prozent sei irreführend, da sie lediglich auf einer Umfrage beruhe und nur jene Anträge berücksichtige, in denen sämtliche Rückfragen der Versicherung vollständig geklärt worden seien. In rund 40 Prozent der Fälle erfolge aber nach einer Antragstellung keine Zahlung, weil Versicherte die Kommunikation mit ihrem Anbieter abbrächen.

Versicherer weisen Kritik zurück

Bei den Versicherern kommen solche Aussagen gar nicht gut an. So weist die Dialog Lebensversicherung zum Beispiel den Vorwurf einer bewussten Verzögerung bei der Bearbeitung von BU-Leistungsanträgen „entschieden“ zurück. Auch eine Abbruchquote von rund 40 Prozent könne man nicht bestätigen.

„Die Dauer der Leistungsprüfung und der Umfang der zur Leistungsentscheidung erforderlichen Informationen sind sehr stark vom individuellen Leistungsfall abhängig“, heißt es dazu aus der Pressestelle der Generali. „Unsere IHK-zertifizierten, professionellen Leistungsprüfer unterstützen unsere Versicherten und Makler zur Klärung dieser Fragen im gesamten Leistungsprüfungsprozess telefonisch, schriftlich und vor Ort.“

Auch Simone Szydlak vom Volkswohlbund stellt klar: „Als erfahrener und vielfach ausgezeichneter Berufsunfähigkeitsversicherer legen wir großen Wert darauf, dass unsere berufsunfähigen Kunden so schnell wie möglich ihre versicherte Leistung erhalten – ganz gleich, wie hoch die Zahlungen am Ende sind.“ Und weiter: „Um das Verfahren zu beschleunigen, bieten wir bereits mit dem ersten Versand der Fragebögen unsere Hilfe bei der Beantwortung an. Falls der Versicherte nicht reagiert, erinnern wir zweimal an die Erledigung. Erst dann stellen wir die Prüfung ein.“

Und wie positioniert sich der Branchenverband GDV in dieser Angelegenheit? Dort verweist man gegenüber procontra schlicht auf die bereits erwähnte Umfrage, wonach im Mittel rund drei Monate ab Leistungsantrag bis zur Leistungsbewilligung vergingen und 80 Prozent aller Anträge auf eine Berufsunfähigkeitsrente bewilligt würden. „Berücksichtigt sind hierbei alle Fälle, in denen dem Versicherer genügend Informationen vorlagen, um eine Entscheidung über den Leistungsantrag treffen zu können“, so eine GDV-Sprecherin. 

„Makler mit ins Boot holen"

Auch Versicherungsmakler und BU-Experte Matthias Helberg kann nicht bestätigen, dass Versicherer bei der Leistungsprüfung bewusst auf Zeit spielten. Dass aber so viele Kunden während der Leistungsprüfung aufgäben, empfindet er – wie auch BU-Rechtsdienstleister Rauch – als kein gutes Zeichen. „Für die Versicherer mag das wirtschaftlich zunächst angenehm sein, auf Dauer schadet es“, so Helberg. „Ich habe mal vorgeschlagen, die Versicherer sollten Makler in Leistungsfällen mit ins Boot holen. Schließlich sind wir die Vertrauenspersonen unserer Kunden, die Versicherer und deren Mitarbeitende sind es eher nicht.“

Personalmangel führt zu „unhaltbaren Zuständen"

Hört man sich weiter in der Branche um, gewinnt man den Eindruck, dass hinter den mitunter sehr langen Bearbeitungszeiten von BU-Leistungsanträgen nicht unbedingt Taktik steht, sondern dass dies schlicht mit dem allgemeinen Fachkräftemangel zu tun hat. Ein BU-Makler, der nicht namentlich genannt werden möchte, spricht in diesem Zusammenhang von „unhaltbaren Zuständen“ in manchen Leistungsabteilungen, die dem Kunden gegenüber unzumutbar und treuwidrig seien. Manche Versicherer hätten inzwischen Bearbeitungsrückstände von mehreren Monaten. Das Ganze laufe immer mehr aus dem Ruder...