Vorheriges Urteil aufgehoben

BGH sieht Regelungslücke bei Existenzschutzversicherung

Existenzschutzversicherungen zahlen häufig auch bei Pflegebedürftigkeit. Doch was gilt, wenn laut Vertrag die Leistung von der Pflegestufe abhängt, diese aber seit 2017 nicht mehr existieren? Ein Fall für den BGH.

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12:08 Uhr | 26. August | 2025
Eine Statue der Justitia vor einem wolkigen Himmel

Der BGH musste sich jüngst mit dem Thema Existenzschutzversicherungen befassen.

| Quelle: batuhan toker

Mit einer Existenzschutzversicherung kann man sich gegen die Folgen von schweren Unfällen oder Krankheiten absichern. Viel Verträge enthalten zudem eine Pflegekomponente: Die Versicherung zahlt folglich, wenn der Versicherungsnehmer aufgrund eines Unfalls bzw. einer Krankheit pflegebedürftig wird.

Das erhoffte sich auch ein Versicherungsnehmer aus Hessen, dessen Fall (Az: IV ZR 164/23) vor kurzem vor dem Bundesgerichtshof verhandelt wurde. Dieser hatte einen entsprechenden Vertrag im Jahr 2011 abgeschlossen.

In dessen Bedingungswerk heißt es unter anderem zu den Voraussetzungen einer Leistung:

„Die versicherte Person erhält auf Grund eines Unfalls oder wegen einer während der Vertragslaufzeit aufgetretenen oder diagnostizierten Krankheit eine Einstufung der Pflegestufe I, II oder III nach SGB.“

Pflegegrade statt Pflegestufen

Das System der Pflegestufen wurde mit dem zweiten Pflegestärkungsgesetz mit Wirkung zum 1. Januar 2017 jedoch abgeschafft. An die Stelle der Pflegestufen traten die Pflegegrade 1 bis 5. Eine Anpassung der Versicherungsbedingungen durch den Versicherer fand allerdings nicht statt.

Im November 2017 ließ sich der Versicherungsnehmer, der Polizist von Beruf war, aufgrund einer Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzen. Ein Gutachter stufte ihn aufgrund mehrerer Erkrankungen in den Pflegegrad 2 ein. Doch sein Antrag auf Leistungen gegenüber seinem Versicherer wurde verneint: Schließlich war der Mann nicht in Pflegestufe I eingruppiert worden.

Das war zum Zeitpunkt des Leistungsantrags aufgrund der oben genannten Gesetzesänderung auch gar nicht mehr möglich. Der Versicherer argumentierte jedoch, dass der Vertrag keine dynamische Verweisung auf die neue Gesetzeslage enthalte. Entsprechend sei die Regelung zur Pflegestufe somit weiterhin gültig. Eine Ansicht, der auch das OLG Frankfurt gefolgt war.

Doch der Bundesgerichtshof bewertete die Angelegenheit anders und hob das Urteil des Oberlandesgerichts auf. Durch das Fehlen einer dynamischen Verweisung liege hier eine planwidrige Regelungslücke vor. Denn: Ohne Ergänzung der Versicherungsbedingungen liefe das im Rahmen der Pflegerente gegebene Leistungsversprechen des Versicherers durch den Wegfall der Pflegestufen ins Leere.

Vertragsanpassung nötig

Entsprechend müsse der Vertrag unter Berücksichtigung der Interessen beider Parteien angepasst werden, so der BGH. Hier könnte beispielsweise geprüft werden, ob Versicherungsnehmer, denen mindestens Pflegegrad 2 zuerkannt wird, automatisch leistungsberechtigt sind. Allerdings dürfte ein solcher Schritt die Tarifkalkulation des Versicherers beeinflussen, da der Pflegebedürftigkeitsbegriff durch die Reform deutlich weiter ausfällt. Entsprechend könnte sie das Recht bekommen, ihre Prämien entsprechend anzupassen.

Hierüber muss nun erneut das OLG Frankfurt entscheiden, an das der BGH den Fall zurück verwies.