Hiscox KI-Umfrage

Absicherung von KI-Risiken: In diesen Branchen besteht der größte Bedarf

Mehr als jedes zweite Dienstleistungsunternehmen in Deutschland nutzt Künstliche Intelligenz bereits regelmäßig, Künstliche Intelligenz ist in vielen Unternehmen auf dem Vormarsch. Doch über Risiko-Absicherung herrscht oft Unklarheit. Wie Makler dies für sich nutzen, erklärt Marc Thamm, Product Head, Technology, Media Communications & General Liability bei Hiscox Deutschland.

12:10 Uhr | 01. Oktober | 2025
Marc Thamm

Marc Thamm, Product Head, Technology, Media Communications & General Liability bei Hiscox Deutschland

| Quelle: Hiscox

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procontra:

Herr Thamm, wenn Sie von Künstlicher Intelligenz sprechen, ziehen Sie gern den Vergleich mit einer Zeitreise – wieso? 

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Marc Thamm:

Vielen ist nicht bewusst, dass KI ja kein neues Phänomen ist. Wie ein altes Segelboot ist der gesamte Sektor IT und Telekommunikation im Grunde seit den 1950er-Jahren vor sich hingeschippert und hat die KI wie in einem Beiboot praktisch nebenher entwickelt. Schon 1956 prägten Wissenschaftler für simulierte, maschinelle Intelligenz den Begriff „KI“. Dann ging die Entwicklung rasant weiter. Sicher erinnern Sie sich noch an den KI-basierten Schachcomputer „Deep Blue“, der 1997 den Schachweltmeister Garri Kasparow besiegte. Seit Beginn der 2010er-Jahre ist KI allgegenwärtig, etwa als Sprachassistent im Smartphone. Zuletzt haben OpenAI mit ChatGPT und andere Unternehmen das Anwendungsfeld komplett revolutioniert. Und wohin die Reise künftig geht, ist heute noch nicht absehbar.

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procontra:

Dann bleiben wir doch erstmal in der Gegenwart: Eine aktuelle HiscoxUmfrage ergab, dass 75 Prozent der befragten Unternehmen KI nutzen oder dies zeitnah planen, es aber gleichzeitig große Wissenslücken um die Absicherung von Cyber-Risiken im Zusammenhang mit KI gibt…  

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Thamm:

Richtig. Was sicher besonders interessant für Maklerinnen und Makler ist: Nur jedes vierte Unternehmen ist gegen KI-Risiken versichert. 17 Prozent haben vor, demnächst eine Versicherung abzuschließen – aber 29 Prozent wissen nicht einmal, ob ein entsprechender Schutz besteht oder glauben, dass eine Absicherung gar nicht möglich ist. Insgesamt hat sich gezeigt, dass drei Viertel aller Unternehmen hohen Beratungsbedarf zur Absicherung von KI-Risiken haben. Für Vermittler ergeben sich daraus enorme Vertriebschancen.

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procontra:

In welchen Branchen besteht das größte Potenzial?

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Thamm:

Als erstes ist hier natürlich die gesamte IT- und Softwarebranche zu nennen, außerdem Beratungsunternehmen, die mit Datenanalyse und Strategieentwicklung zu tun haben. Aber auch die Kreativ-Branche, etwa Marketing-, Werbe-, Design- und PR-Agenturen sowie Unternehmen aus Einzelhandel und E-Commerce kommen als Kunden in Betracht. Wichtig ist in allen Fällen, dass wir uns als Versicherer nicht als Innovationsbremser und Schwarzmaler präsentieren, sondern uns klar positionieren und vermitteln, dass Risikotransfer seit jeher die Innovationskraft gestärkt hat.

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procontra:

Welchen Schutz gegen KI-Risiken bieten Sie als Hiscox Unternehmen denn an?

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Thamm:

Ansprüche Dritter aus dem Nutzen oder dem Bereitstellen von KI-Anwendungen sind automatisch im Rahmen der Hiscox Berufs- bzw.Vermögensschadenhaftpflicht mitversichert. Bei Maklern und Kunden herrscht hier manchmal eine gewisse Unklarheit, weil KI-Risiken im Bedingungswerk unserer branchenspezifischen Vermögensschadenhaftpflichtversicherungen nicht ausdrücklich aufgeführt werden. Der Hintergrund ist ganz einfach: Es handelt sich hier um eine offene Deckung, das heißt also, es ist alles versichert, was nicht explizit ausgeschlossen ist. Und da es keinen KI-Ausschluss gibt, sind diese Risiken dementsprechend versichert, auch wenn sie im Bedingungswerk nicht genannt werden. Um hier möglichst viel Transparenz zu geben, werden wir mit jeder Neuauflage unserer Berufshaftpflicht-Versicherungen KI klarstellend innerhalb der mitversicherten Tätigkeiten nennen. Den Start haben wir mit unserem Produkt Consult by Hiscox gemacht; folgen wird nun NetIT by Hiscox.

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procontra:

Was können Makler ihren Kunden raten, wie sie selbst KI-Risiken vermeiden?

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Thamm:

Zunächst einmal sollte unbedingt der bestehende Versicherungsschutz dahingehend überprüft werden, ob Risiken durch Künstliche Intelligenz abgedeckt sind. Wichtig ist auch, sicherzustellen, dass KI-Fachwissen im Unternehmen vorhanden ist, etwa durch regelmäßige Mitarbeiterschulungen. In der aktuellen Hiscox Umfrage haben 64 Prozent, also knapp zwei Drittel der Unternehmen angegeben, dass Mitarbeitende noch keine oder keine ausreichenden Kenntnisse zu KI-Nutzung haben. Das stellt einen enormen Risikofaktor dar. Wir unterstützen hier mit unserem Expertennetzwerk und stellen im Rahmen unserer Vertriebs Academy für Vermittler sowie unserer Hiscox Business Academy, einer Wissensplattform für den Versicherungsnehmer, kostenfreie Webinare u. a. mit Rechtsanwälten zur Verfügung.

Außerdem sollte natürlich die IT-Infrastruktur solide gegen Angriffe geschützt sein. Dazu empfiehlt es sich, regelmäßige Risikoanalysen durchzuführen, um Haftungsrisiken frühzeitig zu erkennen.

Last but not least sollten zudem die Vorgaben des AI Act, welchen die europäische Kommission verabschiedet hat, eingehalten werden.

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procontra:

Zum Schluss: Wie nutzt Hiscox eigentlich selbst Künstliche Intelligenz?

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Thamm:

Auf dieser Reise sind wir bereits zügig unterwegs, um das Bild vom Anfang noch einmal aufzugreifen. Sehr stark setzen wir KI zum Beispiel im Portfoliomanagement und im Underwriting ein. Künstliche Intelligenz hilft uns aber auch bei der Risikobewertung auf Basis digitaler Bilanz- und Industry-Daten bei D&O-Verträgen. Außerdem laufen zurzeit diverse Pilotprojekte, etwa was das Auslesen von Fragebögen betrifft oder zu Unterstützungsmöglichkeiten in der Schadenabteilung. Da haben wir noch so einiges in der Pipeline!