Wohngebäudeversicherungen

Der Preisdruck steigt

Die Kosten für Wohngebäudeversicherungen werden auch 2024 weiter steigen – genauso wie die Zahl der Wetterextreme. Diese müssen Immobilienbesitzer aber gezielt absichern. Makler sollten die potenziellen Stolperfallen für ihre Kunden kennen.

15:11 Uhr | 10. November | 2023
Wohngebäudeversicherung

Der Preisdruck in der Wohngebäudeversicherung steigt.

| Quelle: baona

Aus Schaden sollte man im Idealfall klug werden – allerdings kann sich diese Lektion auch als sehr kostspielig erweisen. Etwa bei einer eigenen Immobilie, wenn diese nicht ausreichend gegen potenzielle Schäden abgesichert ist. Um umfassend vorzubeugen, sollten Immobilienbesitzer eine Wohngebäudeversicherung abschließen, die Feuer-, (Leitungs-)Wasser-, Sturm- und Hagel-Schäden abdeckt. Verpflichtet sind sie dazu aber nicht.  

Laut einer Erhebung von Statista sichern hierzulande über 19 Millionen Menschen ihre eigenen vier Wände mit einer entsprechenden Police ab – die sich zu Jahresbeginn im Schnitt um 14,7 Prozent verteuert hat. Gründe dafür sind stark gestiegene Baukosten und hohe Energiepreise, sowie die steigende Zahl der Wetterextreme. Diese wirken sich unmittelbar auf die Prämie einer Wohngebäudeversicherung aus, da es sich bei ihr um eine ‚gleitende Neuwertversicherung‘ handelt. Heißt: im Schadenfall erstatten oder reparieren die Versicherer zum aktuellen Neuwert. „In welchem Umfang Beitrag und Leistung in der Wohngebäudeversicherung angepasst werden, richtet sich nach den vom Statistischen Bundesamt herausgegebenen Daten zur Entwicklung der Bau- und Lohnkosten“, erklärt Anja Käfer-Rohrbach, stellvertretende Hauptgeschäftsführerin beim Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Die nächste Preiserhöhung steht bereits fest: Laut dem GDV verteuern sich die Policen 2024 im Schnitt nochmals um 7,5 Prozent – wobei auch die hohe Inflation ein Treiber ist.

Elementarschutz nicht unterschätzen

Trotzdem sollten Immobilienbesitzer keine Milchmädchenrechnung aufstellen und am falschen Ende sparen, sondern darauf achten, dass ihre Immobilie ausreichend gegen Schäden versichert ist, die, wenn sie eintreten, finanziell existenzbedrohend sein können. Dazu zählen insbesondere solche, die durch Extremwetter und Naturkatastrophen entstehen können (Starkregen, Überschwemmung, Lawinen, Schneedruck, Erdrutsch, Erdbeben). Diese sind in der ‚reinen‘ Wohngebäudeversicherung nicht abgedeckt, sondern müssen explizit über den Zusatz-Baustein ‚Elementarschutz‘ (erweiterte Naturgefahren) in die Police integriert werden. „Die Elementarversicherung ist für fast jeden Hausbesitzer wichtig, da besonders Starkregen nicht prognostizierbar ist und oft auch mögliche Schäden durch bauliche Vorkehrungen nicht verhinderbar sind“, sagt Holger Schnittker von Schnittker Versicherungsmakler aus Steinfeld. „Was nützt die beste Regenwasserkanalisation auf dem Grundstück, wenn das öffentliche Abwassernetz es nicht mehr leisten kann, das Wasser vom Grundstück wegzuführen?“ Die im Zuge des Klimawandels steigende Zahl der Wetterextreme unterstreicht die Brisanz. Trotzdem ist bisher nur rund die Hälfte der Gebäude in Deutschland richtig gegen Naturgefahren versichert, wie der GDV ermittelt hat.

Üppige Aufschläge in zwei Varianten

Das mag auch an den mitunter deutlichen Zusatzkosten für Elementarschutz liegen. Wie hoch diese sind, hängt davon ab, in welcher der vier Gefahrenzonen des Zonierungssystems Zürs Geo sich die betreffende Immobilie befindet. Dieses wurde von Versicherern erstellt, um die Risiken für Überschwemmung, Starkregen und Rückstau für die unterschiedlichen Regionen in Deutschland grafisch darzustellen. Dabei gilt: In der Gefährdungsklasse (GK) 1 liegen Gebäude, die nicht von Hochwasser betroffen sind. In GK 4 jene, bei denen „mindestens einmal in 10 Jahren“ mit Hochwasser zu rechnen ist.

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Auch wenn sich keine konkreten Zahlen nennen lassen, weil die individuelle Beitragsbemessung von unterschiedlichen Faktoren abhängt (z.B. Art des Gebäudes, gewählter Leistungsumfang, Lage), lassen sich Schnittker zufolge zumindest grobe Hausnummern nennen: „Bei Wohngebäuden, die in den Zürs-Zonen 1 und 2 liegen, muss man mit einem Zuschlag von circa 35 Prozent rechnen. In Zürs-Zone 3 liegt er bei circa 300 Prozent und Gebäude in Zürs-Zone 4 sind in der Regel nicht versicherbar.“ Wichtig zu wissen: Den Baustein ‚Elementarschutz‘ gibt es in zwei Varianten. Neben der Wohngebäudeversicherung lässt sich dieser auch in die Hausratversicherung einbinden, um Schäden am mobilen Inventar abzudecken – falls beispielsweise ein Sturm das Dach abdeckt.

Policen auf aktuellem Stand halten

Um die Gefahr einer Unterversicherung zu vermeiden, ist es wichtig, die Wohngebäudeversicherung regelmäßig auf Aktualität und Leistungen hin zu überprüfen und gegebenenfalls nachzubessern – gerade, wenn Alt-Verträge übernommen werden. Bei diesen fehlt der Elementarschutz oft komplett oder ist nur unzureichend. Zudem sind damals vereinbarte Entschädigungshöchstgrenzen mittlerweile womöglich zu niedrig angesetzt oder bauliche Veränderungen oder neue Anschaffungen erfolgt, die noch nicht berücksichtigt sind. Im Lauf der Jahre verändern sich Risiken, beispielsweise durch den Kauf einer Wärmepumpe oder den Bau eines Carports und neue Gefahren kommen hinzu. Deshalb sollte der Versicherungsschutz von bestehenden Verträgen regelmäßig geprüft und angepasst werden“, bringt es GDV-Fachfrau Anja Käfer-Rohrbach auf den Punkt.

Zeiten und Bedürfnisse ändern sich und das spiegelt sich eben auch in den Angebotspaletten der Wohngebäudeversicherung wider: So berücksichtigen immer mehr Produkte Schäden an Smart Home-Systemen oder innovativen Umwelttechnologien wie einer Photovoltaikanlage in ihrem Leistungsangebot, oder bieten spezielle Nachhaltigkeits-Bausteine an.

Anknüpfungspunkte für Makler

Auch wenn die steigenden Kosten für Wohngebäudeversicherungen nicht gerade ein attraktiver Aufhänger für Makler sind, sollten sie ihre Kunden dafür sensibilisieren. Viele Immobilienbesitzer unterschätzen die Risiken für künftige Schadenereignisse, wie Umfragen von Verivox und anderen zeigen – und ergo auch die finanzielle Bredouille, in die sie geraten könnten. „Eine Überflutung durch Starkregen kann jeden treffen, an jedem Ort – ganz gleich, ob das Haus nun am Fluss steht oder nicht. Bei der Flutkatastrohe 2021 haben die Überschwemmungen auch viele Hausbesitzer weitab jeglicher Gewässer getroffen“, gibt GDV-Fachfrau Käfer-Rohrbach zu bedenken.

Hier können Makler gezielt anknüpfen, um die Dringlichkeit einer Wohngebäudeversicherung aufzuzeigen. Dabei sollten sie ihre Kunden auf potenzielle Stolperfallen hinweisen, von denen es einige gibt. Dazu zählen im Kleingedruckten versteckte Ausschlusskriterien oder Feinheiten bei Formulierungen und Klauseln, die im Schadenfall einen entscheidenden Unterschied machen.

Zudem können Makler ihren Kunden anbieten, bestehende Wohngebäude-Policen auf wichtige Leistungen hin abzuklopfen. Das kann einen echten Mehrwert bieten, denn vielen ist gar nicht bewusst, welche Schäden sie besser mitversichern sollten: Einige Beispiele sind der Einschluss von Schäden, die durch grobe Fahrlässigkeit entstehen (z.B. unbeaufsichtigt brennende Kerzen), Dienstleistungen wie Transport-, Abbruch- und Aufräumkosten sowie Mehrkosten durch neue Bauauflagen.

Da sich die Preise von Wohngebäudeversicherungen und damit einhergehender Zusatz-Bausteine stark unterscheiden, ist ein Anbieter-, Leistungs- und Tarifvergleich ein Muss. Makler sollten zudem auf die Option hinweisen, die Prämienkosten durch eine Selbstbehalt-Zahlung zu reduzieren. Diese ergeben auch vor dem Hintergrund Sinn, dass ein Versicherer nach einer Schadensregulierung den Vertrag kündigen kann – selbst bei einer Bagatelle – und neuer Versicherungsschutz ist gerade bei älteren Immobilien oder Immobilien mit Schadensfällen nicht immer leicht zu bekommen. Deswegen ist auch die Kündigung einer bestehenden Police keine gute Idee ist, sofern noch keine neue gesichert ist.