BGH-Urteil
Erneut hat sich der Bundesgerichtshof mit der Rückabwicklung fondsgebundener Lebens- und Rentenversicherungsverträge beschäftigen müssen. Im konkreten Fall ging es um eine Versicherungsnehmerin, die Ende 2002 zwei entsprechende Versicherungen nach dem sogenannten Policenmodell abgeschlossen hatte. 2016 beziehungsweise 2017 wurden die entsprechenden Verträge dann gekündigt. Im Jahr 2018 hatte die Kundin dann jedoch von ihrem Widerspruchsrecht gemäß Paragraph 5a VVG Anspruch nehmen wollen.
Sie monierte, über ihr Widerspruchsrecht von Seiten des Versicherers fehlerhaft informiert worden zu sein. Dieser hatte ihr mitgeteilt, dass sie ihre Verträge schriftlich widerrufen müsse. Allerdings genügte laut damaliger Gesetzeslage bereits die Textform.
Während für den Laien Text- und Schriftformen nach Synonymen klingen, die ein- und dasselbe beschreiben, sind die Unterschiede durchaus markant. Während die Schriftform beispielsweise eine eigenhändige Unterschrift beziehungsweise elektronische Signatur voraussetzt, kann in der Textform hierauf verzichtet werden. Hierfür brauche es laut Gesetz lediglich eine „lesbare Erklärung, in der die Person des Erklärenden genannt ist“.
Ein solch geringfügiger Belehrungsfehler reiche allerdings nicht aus, befand nun der Bundesgerichtshof (Az: IV ZR 353/21, Urteil vom 15. Februar 2023) und schloss sich damit den Vorinstanzen an.
Laut dem für das Versicherungsvertragsrecht zuständigen IV. Senat des Bundesgerichtshofes verstoße die Ausübung des Widerspruchsrechts gegen Treu und Glauben, wenn nur ein geringfügiger Belehrungsfehler vorliegt, durch den dem Versicherungsnehmer nicht die Möglichkeit genommen wird, sein Widerspruchsrecht im Wesentlichen unter denselben Bedingungen wie bei zutreffender Belehrung auszuüben. Im Klartext: Die Tatsache, dass der Versicherer fälschlicherweise die Schrift- statt Textform als Erfordernis für die Widerspruchserklärung nannte, habe den Versicherungsnehmer nicht ernsthaft von der Ausübung seines Widerspruchsrechts abgehalten. Stattdessen habe der Versicherer auf den Fortbestand des Vertrages vertrauen können.
Die Frau kann ihren Vertrag entsprechend nicht rückabwickeln und die eingezahlten Prämien zurückfordern.