Das europäische Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, kurz Lieferkettengesetz, kommt: Am 15.03.2024 stimmte der Ausschuss der Ständigen Vertreter des Rats der Europäischen Union (COREPER) für die neue Richtlinie. Deutschland enthielt sich bei der Abstimmung. Dennoch kann das Gesetz, wenn auch in einer abgeschwächten Form, im Juni verabschiedet werden. Das Lieferkettengesetz stellt einen bedeutenden Schritt dar, der Unternehmen dazu verpflichtet, für ihre kompletten Liefer- und Produktionsketten Verantwortung zu übernehmen.
Das Lieferkettengesetz im Detail
Das Lieferkettengesetz soll dafür sorgen, dass international agierende Unternehmen, Verantwortung für ihre gesamten Wertschöpfungsketten übernehmen. Betriebe sollen künftig nicht nur darauf achten, ihre Gewinne zu maximieren, sondern auch soziale und ökologische Standards zu beachten. Konkret sollen Schäden an Mensch und Umwelt identifiziert, vermieden und für verursachte Schäden gehaftet werden.
Von der Kakao-Ernte, bei der Kinderarbeit im Einsatz ist, bis hin zum Abbau von Mineralien unter gefährlichen Bedingungen – das Gesetz adressiert eine Vielzahl von Problembereichen entlang der globalen Lieferketten. In Kraft treten soll das Gesetz im Jahre 2032. Es richtet sich an Unternehmen ab einer Anzahl von 1.000 Beschäftigten und mit einem Jahresumsatz von mehr als 450 Millionen Euro. Damit gilt das EU-Lieferkettengesetz künftig europaweit für rund 5.500 Unternehmen.
Kerninhalte und Anforderungen
In Deutschland ist bereits seit 2023 ein Lieferkettengesetz in Kraft. Es setzt neu definierte Maßstäbe in Bezug auf die Verantwortung von Unternehmen für ihre Zulieferer. Es verlangt unter anderem, dass Unternehmen ihre Lieferketten hinsichtlich der Einhaltung von Menschenrechten und Umweltstandards überprüfen und dokumentieren. Verstöße können mit hohen Bußgeldern und dem Ausschluss von öffentlichen Aufträgen geahndet werden. Das EU-Lieferkettengesetz, das noch tiefgreifendere Bestimmungen enthält, stellt zusätzlich klar, dass auch Unternehmen außerhalb der EU, die auf dem EU-Markt aktiv sind, diesen Regelungen unterliegen.
Chancen & positive Auswirkungen
Verbesserung der Lebensbedingungen: Das Gesetz hat das Potenzial, die Arbeits- und Lebensbedingungen von Millionen von Menschen in Zulieferländern signifikant zu verbessern.
Förderung eines fairen Wettbewerbs: Durch die einheitlichen Regeln wird sichergestellt, dass alle Unternehmen nach den gleichen Standards agieren.
Stärkung der Unternehmensreputation: Transparentes Handeln und die Übernahme sozialer Verantwortung stärken das Vertrauen der Verbraucher und die Marktposition von Unternehmen.
Herausforderungen & kritische Betrachtungen
Wirtschaftliche und administrative Belastungen: Die Implementierung des Gesetzes erfordert von den Unternehmen erhebliche Investitionen in die Überwachung ihrer Lieferketten.
Komplexität der globalen Lieferketten: Die umfassende Kontrolle und Dokumentation der gesamten Lieferketten ist angesichts ihrer globalen Ausdehnung und Komplexität eine immense Aufgabe.
Befürchtungen hinsichtlich der internationalen Wettbewerbsfähigkeit: Kritiker argumentieren, dass das Gesetz europäische Unternehmen im Vergleich zu ihren internationalen Wettbewerbern benachteiligen könnte.
In Deutschland hatte die FDP ein Veto eingelegt, sie fürchtete, dass das Lieferkettengesetz Betriebe vor zu große Herausforderungen hinsichtlich der Bürokratie stellt und damit Europa als Wirtschaftsstandort schwächen könnte.
Ein bedeutender Schritt mit Raum für Entwicklung
Das Lieferkettengesetz repräsentiert trotz aller Kritik einen wichtigen Fortschritt im internationalen Handel. Es setzt einen neuen Standard für die Verantwortung, den Unternehmen für ihre Lieferketten tragen müssen, und adressiert langjährige Probleme im Bereich der Menschenrechte und des Umweltschutzes.