So versichert ein Makler Kinder mit Down Syndrom
procontra: Wie kamen Sie dazu, sich mit Versicherungen für Menschen mit Down Syndrom zu beschäftigen?
Juraschuk: Das hat seinen Ursprung 2015 genommen durch eine zu diesem Zeitpunkt langjährige Kundin, die Mutter einer Tochter geworden ist, bei der nach der Geburt das Down Syndrom diagnostiziert wurde. Wie das oftmals der Fall ist, war die Familie am Anfang noch völlig überfordert mit der Situation. Das war im April 2015 und der Startschuss, um mich mit dem Thema zu beschäftigen.
procontra: Bei welchen Versicherungen liegen besondere Knackpunkte?
Juraschuk: Ursprünglich hatte ich angefangen mit Versicherungen für junge Familien. Und die Themen unterscheiden sich zum Teil gar nicht besonders von denen anderer Familien. Aber ich musste dann doch feststellen: Ohne Down Syndrom stehen einem mehr Tarife und Versicherer zur Verfügung. Meistens geht es den Familien um Krankenzusatzversicherungen und Unfallversicherungen. 2015 konnte ich der Familie sogar noch zu einer Pflegezusatzversicherung verhelfen, da es zu diesem Zeitpunkt noch eine Lücke im System gab. Das ist heutzutage nicht mehr möglich. Inzwischen wird Trisomie 21 in den Gesundheitsfragen mit abgefragt. Deshalb sehe ich derzeit keine Möglichkeit mehr eine Pflegezusatzversicherung anzubieten. Aber vieles andere ist durchaus versicherbar.
procontra: Gesundheitsfragen gibt es ja auch bei Krankenzusatztarifen und Unfallversicherungen. Können Sie da weiterhelfen?
Juraschuk: Eine Zahnzusatzversicherung oder eine Versicherung für Brillen, Hörgeräte oder Naturheilkunde abzuschließen ist in den meisten Fällen kein Problem, denn dabei geht es ja eher um den aktuellen Status und weniger um das Down Syndrom. Viele Familien haben auch schon Krankenhausaufenthalte hinter sich und wollen sich in diesem Bereich besser absichern, was allerdings nicht ganz einfach ist. Da habe ich es aber geschafft, Lösungen zu finden. Man kann zum Beispiel ein Einbettzimmer absichern, auch wenn die Chefarztbehandlung nicht inkludiert ist. Krankenhaustagegeld ist ebenfalls möglich. Oft kommen die Eltern auf mich zu, weil sie schon recht verzweifelt sind und keinen richtigen Ansprechpartner gefunden haben. Aber es gibt Tarife, die passen könnten, auch wenn es vielleicht nicht die A-Lösung ist, sondern dann die B-Lösung.
Die Unfallversicherung ist ebenfalls ein großes Thema. Denn viele Kinder mit Down Syndrom haben einen Pflegegrad. Im Kleingedruckten der Versicherer steht jedoch des öfteren, dass Menschen ab einem Pflegegrad 3 nicht mehr versicherbar sind. Ich helfe dann zum einen dabei, einen Tarif zu finden, bei dem der Pflegegrad keine Hürde darstellt und zum anderen helfe ich bei der Rückabwicklung von Verträgen. Aber 95 Prozent der Versicherungen sind in diesem Bereich schwierig. Es gibt nur wenige, die den Pflegegrad nicht als Einstiegshindernis ansehen.
In erster Linie muss ich genau zuhören. Und das ist auch der Grund, warum sich die Eltern bei mir sehr gut aufgehoben fühlen.Dennis Juraschuk
procontra: Hat sich die Spezialisierung für Sie gelohnt?
Juraschuk: Seit 2021 betreue ich knapp 300 Eltern und habe es geschafft, mich in dieser Nische sehr gut zu vernetzen. Beispielsweise kommen ortsgebundene Down-Syndrom-Vereine auf mich zu, bei denen ich dann Webinare halte. Daraus resultieren sehr oft Einzelberatungen. Meist sind die Eltern untereinander gut vernetzt und ich werde weiter empfohlen. Zudem entsteht durch den Beratungsprozess ein Vertrauensverhältnis, so dass die Familien dann andere Versicherungen bei mir abschließen und zum Teil zu Komplettkunden werden, ohne dass ich das proaktiv forciere.
procontra: Sie sitzen in der Nähe von Dortmund, wie erreichen Sie die Familien in ganz Deutschland?
Juraschuk: Ich biete eine kostenlose Online-Beratung an. Ich merke, dass die Kunden die Beratung sehr dringend brauchen. Sie sind oftmals schon sehr enttäuscht, dass sich der Ansprechpartner nicht damit beschäftigt hat. Die Kunden sind sogar skeptisch, aber das kann ich gut verstehen. Was die Entfernung angeht, gibt es keine Hindernisse.
procontra: Haben Sie denn inzwischen eine Standardberatung in diesem Bereich?
Juraschuk: Es gibt definitiv nicht den einen Versicherer, wo ich alles hinbringe, sondern mein Angebot ist breit gestreut. Man muss sich tatsächlich jeden Tarif genau angucken. Die Versicherer spielen da nicht gerade mit offenen Karten. Aber wenn man sich einmal die Arbeit gemacht hat und die Tarife kennt, bei denen es funktioniert, kann man schon vielen Kunden helfen. Jedes Kind ist aber trotzdem anders. Manchmal gibt es Erkrankungen neben der Behinderung wie Epilepsie, da muss ich dann auch wieder schauen, was passt. Man kann Kinder so nicht einfach kategorisieren, ob mit Behinderung oder ohne. In erster Linie muss ich genau zuhören. Und das ist auch der Grund, warum sich die Eltern bei mir sehr gut aufgehoben fühlen.
procontra: Was sollte eine Familie aus Versicherungssicht auf dem Schirm haben, wenn ein Kind mit Behinderung auf die Welt kommt?
Juraschuk: Meine Erfahrung der letzten Jahre zeigt, man muss sich jemand suchen, der sich wirklich damit auskennt. Manchmal wird dazu geraten, dass Frauen, wenn sie schon in der Schwangerschaft von der Diagnose erfahren, schnell noch eine Pflegezusatzversicherung abschließen sollen. Aber auch das hat sich inzwischen schon bei vielen Versicherern geändert und ich muss die Kunden dann leider enttäuschen.
procontra: Kann sich etwas verändern, wenn die Menschen mit Trisomie 21 bereits erwachsen sind?
Juraschuk: Es kommen durchaus junge Erwachsene auf mich zu. Meist auch durch die Eltern. Zuletzt hatte ich einen Kanusportler aus Berlin, der auch schon in einer Fernsehsendung war, und eine eigene Wohnung hat. Kein Mensch mit Down Syndrom ist wie der andere. Es ist nicht anders als bei anderen Kindern. Natürlich sind die Eltern anfangs sehr besorgt und wollen viel versichern, aber je älter die Kinder werden, stehen auch andere Dinge im Fokus. Und so ändert sich auch der Versicherungsbedarf. Da kommen auf einmal die Themen Privathaftpflicht und Rechtschutz ins Spiel. Bei der Privathaftpflicht spielt es eine Rolle, dass geistig behinderte Menschen nicht wirklich haftbar gemacht werden können. Aber es gibt Tarife im Markt, bei denen das Kind mit Pflegegrad auch über das 30. Lebensjahr hinaus noch über die Eltern mitversichert ist. Im Bereich Rechtschutz geht es zum Beispiel um Streitigkeiten mit Behörden oder Pflegekassen – das ist auch ein wichtiges Randthema. Eigentlich mache ich nichts anderes als der richtige Versicherungsmakler für die Familien und ihre Bedürfnisse zu sein. Das ist bei einer Familie mit Trisomie 21 gar nicht viel anders als bei einer Familie ohne.