E-Mails sind zur heimlichen Zeitfalle im Maklerbüro geworden. Zwischen Policen, Nachträgen, Schadenmeldungen und Rückfragen der Kunden verbergen sich täglich Hunderte Nachrichten – viele davon wichtig, noch mehr davon Routine. Die Folge: Beraterinnen und Berater verbringen Stunden im Posteingang, anstatt in der Beratung, im Bestand oder im Vertrieb. Studien zeigen, dass im Büro zu viel Zeit für die Bearbeitung von E-Mails aufgewendet wird: Manche Studien sprechen von bis zu 60 Prozent der täglichen Arbeitszeit, die für das Erfassen, die Bearbeitung sowie die Archivierung draufgehen.
Doch die Flut an Informationen ist kein Naturgesetz. Künstliche Intelligenz kann Ordnung in das Chaos bringen – nicht als Gimmick, sondern als echter Produktivitätshebel. KI-gestützte Tools erkennen Inhalte, klassifizieren automatisch Vorgänge wie Vertragsänderungen, Schadenmeldungen oder Kündigungen und priorisieren, was sofortige Aufmerksamkeit verdient. Sie übernehmen Routineaufgaben, erstellen To-dos, liefern Antwortvorschläge und schaffen Freiräume für das, was Makler wirklich stark macht: die persönliche Beratung und das unternehmerische Denken.
Wir haben uns angesehen, wie moderne KI-Lösungen diese Transformation konkret unterstützen – und welche Tools im Alltag tatsächlich den Unterschied machen können.
Afori
Was kann das Tool?
Afori nutzt Künstliche Intelligenz, um den Informationsfluss im Makleralltag zu strukturieren. Die Lösung erkennt in Echtzeit, worum es in einer E-Mail geht – ob um eine Vertragsänderung, eine Kündigung, eine Schadenmeldung oder eine einfache Rückfrage. Auf Basis dieser Analyse legt Afori automatisch Aufgaben im CRM-System an, versieht sie mit Priorität, Frist und Zuständigkeit und kann sogar passende Antwortvorschläge generieren.
Ferner lassen sich mit Afori auch komplexere Prozesse teilautomatisieren: etwa Deckungsanfragen, Dokumentenprüfungen oder Nachbearbeitungen von Kundenvorgängen. So wird aus einem simplen Posteingang eine durchgängige Workflow-Steuerung, die weit über das reine E-Mail-Management hinausgeht.
Gibt es Schwachstellen?
Die größte Schwachstelle ist das frühe Entwicklungsstadium der Software. Entscheidend wird sicherlich sein, wie schnell das Team die Anbindung an die gängigen MVPs herstellen kann, denn nur dann kann der Datenaustausch zwischen dem Verwaltungsprogramm und dem Mail-Programm greifen und das Tool seine volle Wirkung entfalten.
Wie können Makler damit arbeiten?
Afori wird über das E-Mail-Programm in den Arbeitsprozess des Maklers integriert und aktuell als intelligente KI-Seitenleiste für Outlook eingesetzt. Weiterhin lässt es sich nutzen, um etwa Vertragsinhalte aus- und bewerten zu lassen.
Kosten
Pro Mitarbeiter und Nutzer wird eine Lizenz fällig. In der frühen Phase sollten Makler sich direkt mit Afori in Verbindung setzen und die Rahmendaten für die Zusammenarbeit abstecken.
Wie gut unterstützt das Tool bei der E-Mail-Organisation (4 von 5 Sternen)?
Ein Tool mit Potenzial: Entscheidend wird sein, wie schnell das Tool einer breiteren Masse an Maklern zugänglich gemacht werden kann. Gelingt die schnelle Anbindung an die marktführenden MVPs und ermöglicht Afori bei weiteren Mailprogrammen die Einbindung, wird es eine Alternative für viele Makler sein.
Muffintech
Was kann das Tool?
muffintech bietet eine spezialisierte Conversational-KI für die Versicherungsbranche, die weit über ein simples Chatbot-Tool hinausgeht. Muffintech kann so Kundennachrichten beantworten. Die KI wurde mit über 30.000 Versicherungsgesprächen trainiert und hat eine Prüfung (34d) im Versicherungsvermittler-Kontext bestanden – dies spricht für Branchenfokus und Qualität. Der Fokus liegt weniger auf einem Ansatz zur Automatisierung, sondern auf einem Support für den Kundenservice.
Gibt es Schwachstellen?
Fachlich gewiss nicht, aber das Tool ist vor allem als ganzheitliche KI-Plattform für Vertrieb, Service und Operationen konzipiert. Das heißt: Ansatz ist nicht die Organisation und Automation des E-Mail-Verkehrs, sondern die Kommunikation mit dem Kunden mithilfe der KI zu erleichtern. Es gibt keine API und keine Schnittstellen zur E-Mail-Struktur des Maklers.
Wie können Makler damit arbeiten?
Makler können auf feste KI-Workflows mit vorformulierten Prompts zurückgreifen, etwa, um eine fachlich fundierte E-Mail zu einem bestimmten Thema formulieren zu lassen. Um solche Konversationen vorzubereiten, gibt es weitere Workflows: So kann der Versicherungsschein zusammengefasst oder eine Vorteilskommunikation von der KI vorgenommen werden.
Kosten
Die Lizenz für einen Arbeitsplatz kostet bei jährlicher Zahlung 25 Euro im Monat, bei monatlicher Abrechnung sind es 30 Euro.
Wie gut unterstützt das Tool bei der E-Mail-Organisation (4 von 5 Sternen)?
Bei der E-Mail-Organisation im Sinne von Automation und Erledigung hilft Muffintech eher nicht. Es kann aber dabei helfen, die Kommunikation fachlich zu verbessern und einfacher zu gestalten.
Dreifach.ai
Was kann das Tool?
Dreifach AI positioniert sich als KI-Dienstleister speziell für die Versicherungsbranche. Es ist also keine Software, sondern ein Beratungsprozess, den der Kunde bekommt. Es werden KI-Usecases definiert und die Umsetzung wird begleitet. Und das nicht nur beim Mail-Management, sondern z. B. auch bei der Schadenbearbeitung, Dokumentenprüfung oder der Datenextraktion.
Schwachstelle?
Wer als Makler das Thema E-Mail-Management separat anpacken möchte, der greift mit Dreifach ai eventuell zu hoch ins Regal. Der Fokus von Dreifach AI liegt primär auf Beratung und Umsetzung von Projekten – weniger auf einem sofort „einsetzbaren Mail-Plug-in“ für jedes Maklerbüro.
Wie lässt sich damit als Makler arbeiten?
Dreifach AI ist die „Hilfe zur Selbsthilfe“: Es geht darum, Prozesse zu definieren, anzupassen und mit KI-Partnern zusammenzuarbeiten. Ist eine individuelle Lösung erarbeitet, kann sie eingesetzt werden, um eingehende Nachrichten automatisch zu klassifizieren, relevante Daten zu extrahieren und vordefinierte Folgeprozesse auszulösen.
Kosten
Die Kosten richten sich nach dem individuellen Aufwand für die Projekte, die Beratung, die Umsetzung und die Schulung.
Wie gut unterstützt das Tool bei der E-Mail-Organisation (4 von 5 Sternen)
Im ersten Step wahrscheinlich gar nicht, weil erst einmal die Prozesse definiert werden müssen: Es kann keine Software angeknipst werden, die nach kurzer Konfektionierung arbeitet. Aber Dreifach AI erarbeitet Lösungen. Und die zielen darauf ab, E-Mails zu automatisieren, Daten aus ihnen zu extrahieren und Folgeprozesse zu initiieren. Dazu kommt der Beratungs- und Implementierungsansatz, der über das reine Mailtool hinausgeht – also ein strategischer Ansatz zur Produktivitätssteigerung. Langfristig gesehen lässt sich so die E-Mail-Verarbeitung natürlich extrem effizient gestalten.
Make
Was kann das Tool?
Make.com ist eine cloudbasierte Automatisierungsplattform, die sich als Schaltzentrale zwischen E-Mail-Postfach, Maklerverwaltungsprogramm und weiteren Anwendungen einsetzen lässt. Das Tool liest eingehende Nachrichten aus, erkennt definierte Auslöser (z. B. bestimmte Betreffzeilen, Anhänge oder Absender) und kann daraufhin automatisiert Aktionen ausführen – etwa Daten in ein CRM-System übertragen, PDF-Anhänge abspeichern oder Folgeaufgaben erstellen.
Ferner kann make.com komplexe Abläufe modellieren, etwa die automatische Erkennung von Policen in E-Mails, das Extrahieren relevanter Vertragsdaten mithilfe von KI-Modulen oder das Anlegen von Aufgaben in Maklerverwaltungsprogrammen oder Marketing-Tools. Für Makler wird Make damit zu einem zentralen Bindeglied zwischen E-Mail, Dokumentenmanagement und Prozessautomatisierung, das frei nach den Vorstellungen des jeweiligen Maklers konfiguriert werden kann.
Gibt es Schwachstellen?
Make.com ist kein Spezialtool für die Versicherungsbranche – und das merkt man an der Einstiegshürde. Ohne technisches Grundverständnis für API-Verbindungen, JSON-Formate oder Webhooks kann die Einrichtung schnell überfordern. Zudem muss man für jede Schnittstelle und jeden Prozess eigenständig definieren, wie Daten verarbeitet werden sollen. Der große Vorteil der Flexibilität ist also zugleich die größte Schwäche: Ohne saubere Logik, technisches Verständnis und Pflege verliert sich der Nutzen im Detail.
Wie können Makler damit arbeiten?
Make.com lässt sich direkt mit E-Mail-Programmen wie Gmail oder Outlook verbinden und fungiert als Automatisierungsschicht. Eingehende Nachrichten können klassifiziert, in Datenbanken oder CRM-Systeme übertragen und anschließend mit Aufgaben oder Benachrichtigungen verknüpft werden. Für Makler, die bereits Tools wie Professional Works, HubSpot oder Google Drive nutzen, ist Make die Klammer, die alles miteinander verbindet. Voraussetzung: eine klare Prozessdefinition und etwas technischer Mut.
Kosten
Make.com bietet ein gestaffeltes Preismodell – von einem kostenlosen Einsteigerplan hin zu professionellen Business-Tarifen. Für kleinere Maklerbetriebe genügt meist der kostenpflichtige Core- oder Pro-Plan (ab etwa 9 € bis 16 US-Dollar monatlich pro Nutzer). Gebühren können anfallen, wenn die Zahl der Prozesse höher ist als in den Plänen vorgesehen.
Wie gut unterstützt das Tool bei der E-Mail-Organisation (4,5 von 5 Sternen)
Make.com ist kein E-Mail-Tool im klassischen Sinne, sondern eine Automatisierungsplattform, die E-Mails in strukturierte Prozesse verwandeln kann. Wer die technischen Grundlagen beherrscht oder sich Unterstützung holt, erschließt mit Make.com ein enormes Effizienzpotenzial. Für Makler mit digitalem Anspruch ein Gamechanger – für Einsteiger anfangs komplex, aber langfristig unbezahlbar.

