„Der Makler wird der größte Gewinner der FIDA-Verordnung sein“
Die EU-Kommission hat kürzlich ein sogenanntes Non-Paper zur Finanzdatenzugriffsverordnung (FIDA) veröffentlicht, das den ursprünglichen Gesetzesentwurf vereinfachen soll. Was steckt dahinter?
Langrehr: Das Non-Paper ist ein informelles Diskussionspapier, das als Grundlage für die Trilogverhandlungen zwischen EU-Kommission, Parlament und Rat dient. Nach der ersten Verhandlungsrunde erhielt die Kommission deutliches Feedback: Der ursprüngliche Entwurf sei zu komplex und müsse vereinfacht werden. Daraufhin verpflichtete sich die Kommission, innerhalb von vier Wochen eine überarbeitete Version vorzulegen – das ist das Non-Paper, das veröffentlicht wurde.
Wie ist der weitere Fahrplan für FIDA? Wird das Vorhaben noch vorangetrieben – Anfang des Jahres gab es plötzlich Zweifel daran?
Langrehr: Die Trilogverhandlungen laufen und es wird erwartet, dass FIDA in der zweiten Jahreshälfte 2025 finalisiert wird. Das Thema steht nach wie vor fest im Arbeitsprogramm der EU-Kommission, entgegen zwischenzeitlichen Gerüchten über eine mögliche Streichung. Allerdings ist die Interessenslage in Europa als auch in Deutschland durchaus differenziert – sie reicht von Stimmen, die den Impuls haben, das Vorhaben zu stoppen, bis hin zu solchen, die eine konstruktive Weiterentwicklung befürworten; dabei scheint die konstruktive Weiterentwicklung in der aktuellen Phase gefühlt im Vordergrund zu stehen.
Können Sie die aktuelle Interessenslage näher beschreiben?
Langrehr: Die EU-Kommission treibt das Thema mit Nachdruck voran, unterstützt von progressiven Vermittlerverbänden aus ganz Europa. Gleichzeitig formiert sich Widerstand, weil Mehrbelastungen oder mangelnde Praxistauglichkeit befürchtet werden.
Es wird erwartet, dass FIDA bis Jahresende finalisiert wird. Was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Ziele von FIDA?
Kretz: FIDA zielt darauf ab, den Datenzugang im Finanzsektor deutlich zu vereinfachen und zu standardisieren. Unternehmen sollen nicht nur als Datenhalter fungieren, sondern auch als aktive Datennutzer neue Geschäftsmodelle entwickeln und Prozesse optimieren können. Dabei steht ein ausgewogenes Kosten-Nutzen-Verhältnis im Fokus – der Implementierungsaufwand soll in einem angemessenen Verhältnis zum Nutzen stehen.
Doch viele Vermittler reagieren skeptisch auf neue Regulierungen. Ist diese Haltung für Sie nachvollziehbar?
Kretz: Eine pauschale Blockadehaltung ohne inhaltliche Auseinandersetzung empfinde ich immer als kontraproduktiv. FIDA ist eine der wenigen Regulierungen, die echte Chancen zur Modernisierung von Geschäftsmodellen, zur Prozessoptimierung und zur Verbesserung der Kundenbeziehung bieten kann. Natürlich weist der Entwurf noch Schwächen auf, die wir konstruktiv zu korrigieren versuchen. Aber deshalb das gesamte Projekt zu verwerfen, wäre kurzsichtig.
Trotzdem sehen Sie spezifische Kritikpunkte. Welche sind das im aktuellen Entwurf?
Kretz: Ein problematischer Punkt ist die geplante Einbeziehung von Großunternehmen mit bis zu 50 Millionen Euro Umsatz. Für diese Anwendergruppe ist der Aufwand seitens der Dateninhaber zur Bereitstellung / Standardisierung der Daten unverhältnismäßig hoch, da die Produkte oft individuell und nicht standardisiert sind – besonders im Industrieversicherungsgeschäft. Der Mehrwert ist begrenzt, da diese Kunden ohnehin über spezialisierte Makler betreut werden. Wir plädieren daher für eine Ausnahme dieser Segmente vom Anwendungsbereich. Dieser Vorschlag wurde bereits im erwähnten Non-Paper aufgegriffen und das unterstützen wir mit FRIDA. Ein weiterer wichtiger Punkt ist aus unserer Sicht der Ausschluss von Vertrieben im Sinne der Dateninhaberschaft. Wir sehen hier keine zusätzlichen Kundenmehrwert – die wesentlichen Primärdaten liegen beim Versicherer und nicht beim Vermittler. Die Daten, die ein Vermittler hält, sind zudem oft noch nicht standardisiert und damit mit einem unverhältnismäßig großen Aufwand in der Bereitstellung verbunden.
Über FIDA-Services, die in Maklerverwaltungsprogramme oder CRM-Systeme integriert werden, erhält der Vermittler schnellen, digitalen Zugriff auf alle relevanten Kundenfinanzdaten – selbstverständlich nur mit ausdrücklicher Kundenzustimmung. So kann er umfassend und effizient beraten, ohne zeitaufwändig Dokumente sammeln oder Ordner durchforsten zu müssen.Julius Kretz
Maklern fehlt oft die Vorstellung konkreter Anwendungsmöglichkeiten. Wie profitiert die Versicherungsvermittlung ganz konkret von FIDA?
Langrehr: Der Makler wird der größte Gewinner von FIDA sein. Über FIDA-Services, die in Maklerverwaltungsprogramme oder CRM-Systeme integriert werden, erhält der Vermittler schnellen, digitalen Zugriff auf alle relevanten Kundenfinanzdaten – selbstverständlich nur mit ausdrücklicher Kundenzustimmung. So kann er umfassend und effizient beraten, ohne zeitaufwändig Dokumente sammeln oder Ordner durchforsten zu müssen.
Was raten Sie unabhängigen Maklern?
Langrehr: Beschäftigen Sie sich intensiv mit FIDA – das Thema birgt echte Chancen für Ihre Branche. Identifizieren Sie, wo die Regulierung entlastet, Prozesse verbessert und neue Geschäftsfelder eröffnet. Wer Unterstützung benötigt, kann sich gern an FRIDA wenden – FRIDA arbeitet an konkreten Use Cases und Praxislösungen, die auch den Mehrwert von FIDA greifbar machen.
Können Sie ein paar dieser praktischen Anwendungsbeispiele nennen?
Kretz: Bei der Altersvorsorgeberatung kann der Makler, statt auf veraltete Unterlagen aus dem Ordner zurückzugreifen, über FIDA Echtzeitdaten aus privaten, betrieblichen und gesetzlichen Vorsorgeverträgen abrufen und eine fundierte, datenbasierte Analyse erstellen. Im Bereich Wohngebäudeversicherung kann eine Bank durch Einsicht in bestehende Versicherungen bessere Kreditkonditionen anbieten.
Besonders spannend sind KI-gestützte Beratungsansätze: KI-Agenten analysieren Kundendaten, erkennen Lebensveränderungen und schlagen passende Produkte vor. Insgesamt bedeutet das für Makler eine erhebliche Effizienzsteigerung bei gleichzeitig verbesserter Beratungsqualität.
Welche Rolle spielt BiPRO bei den technischen Grundlagen?
Kretz: Mit den BiPRO-Normen haben wir bereits eine gute Basis in Deutschland geschaffen. Das sollte wo möglich wiederverwendet und im Rahmen von sogenannten Financial Data Sharing Schemes weiterentwickelt werden.
Es gibt Kritik, dass FIDA zu stärkerer Risikosegmentierung führen und das Solidarprinzip aushebeln könnte. Wie bewerten Sie das?
Kretz: Grundsätzlich entscheidet der Kunde selbst, welche Daten er teilt. Die Regulierung ermöglicht mehr Transparenz, aber der Datenschutz bleibt zentral. Die Bedenken sind berechtigt, aber auch überschaubar, da niemand zur Preisgabe sensibler Daten verpflichtet wird. Es geht immer um freiwilligen und bewussten Datenzugriff.