Müssen GKV-Kunden den Zahnarzt künftig selbst zahlen?
Der CDU-nahe Lobbyverband „Wirtschaftsrat der CDU“ spricht sich in einem aktuellen Thesenpapier dafür aus, den von Bundeskanzler Friedrich Merz angekündigten „Herbst der Reformen“ energisch umzusetzen. „Der Herbst der Reformen muss beherzt umgesetzt werden, nur dann kann ein Frühling des Aufschwungs folgen“, erklärte Wolfgang Steiger, Generalsekretär des Wirtschaftsrats.
Der Verband trägt die Überzeugung: Nur mit tiefgreifenden Strukturreformen ist Deutschland wieder wettbewerbsfähig. Im Fokus steht dabei auch die Sozialpolitik: „„Die wirksame Begrenzung der Sozialabgaben ist dabei ganz besonders wichtig. Hierfür braucht es einen grundlegenden Kurswechsel hin zu mehr Eigenverantwortung in sämtlichen Zweigen der Sozialversicherung“, so Steiger.
10-Punkte-Agenda veröffentlicht
In seiner am Montag veröffentlichten 10-Punkte-Agenda spricht sich der Verband für mehr Eigenverantwortung in sämtlichen Bereichen der Sozialversicherungen aus. So fordert er unter anderem eine Stärkung der privaten kapitalgedeckten Altersvorsorge – ein Punkt, den die CDU-SPD-Regierung zwar in ihrem Koalitionspapier vereinbart hat, zu dem in den vergangenen Jahren jedoch eine Einigung nicht möglich war.
Gleichzeitig spricht sich der Wirtschaftsrat dafür aus, das Renteneintrittsalter an die Lebenserwartung zu knüpfen. Ein Vorhaben, das aus Reihen der Bundesregierung bislang stets abgelehnt worden war, das aber auch von vielen Experten immer wieder gefordert wird. Zudem führe am Wegfall von Frühverrentungsanreizen kein Weg vorbei, heißt es weiter in der Agenda.
Mehr Eigenverantwortung soll künftig auch in der Krankenversicherung gelten. So sollen, das zumindest schlägt der Wirtschaftsrat der CDU vor, zahnärztliche Leistungen, Kieferorthopädie und Fahrkosten für Behandlungen künftig nicht mehr von der gesetzlichen Krankenversicherung übernommen werden. „Verschiedene Leistungen lassen sich gut privat absichern oder selbst tragen und sollten nicht länger im Umlageverfahren den Beitragszahlern zur Last fallen“, heißt es hierzu.
Sollte ein solcher Plan umgesetzt werden, könnten die gesetzlichen Krankenkassen rund 18 Milliarden Euro sparen. So viel – insgesamt 18,2 Milliarden Euro – gaben die Kassen laut einer Statistik des vdek im vergangenen Jahr für die zahnärztliche Versorgung inklusive Zahnersatz aus – das entspricht rund 5,6 Prozent der Gesamtausgaben.
Dass in den Kosten für Zahnbehandlungen Einsparpotenzial schlummert, ist keine neue Erkenntnis. Bereits 2004 waren sie Bestandteil der damaligen Gesundheitsreform. Seitdem gibt es in der gesetzlichen Krankenversicherung ein Festzuschusssystem: Die Kasse zahlt einen festen Zuschuss zu den Kosten der sogenannten Regelversorgung. Dieser Anteil lag lange Zeit bei 50 Prozent, seit 2020 schließlich bei 60 Prozent. Auch deshalb wurden private Zahnzusatzversicherungen in den vergangenen Jahren für die privaten Krankenversicherer zu einem Verkaufsschlager.
Reformen auch in gesetzlicher Unfallversicherung
Neben der Verschlankung des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenkassen spricht sich der Wirtschaftsrat zudem für mehr Selbstbeteiligungen seitens der Patienten aus.
Auch in der Unfallversicherung sieht der Verband Reformpotenzial. Im Gegensatz zur Krankenversicherung wird die gesetzliche Unfallversicherung allein vom Arbeitgeber gezahlt – für Unfälle, die während der Arbeit und auf dem Weg dahin bzw. von der Arbeit nach Hause passieren.
Der Wirtschaftsrat schlägt nun aber vor, dass Arbeitnehmer für Unfälle, die auf dem Weg zur und von der Arbeit stattfinden, künftig selber aufkommen sollen. Ein Vorschlag, der der Versicherungswirtschaft gefallen dürfte: Sie hätte ein weiteres Vertriebsargument für den Verkauf privater Unfallversicherungen. Die Zahl der für die Versicherer sehr lukrativen Verträge war über die vergangenen Jahre zurückgegangen.
Ob die Bundesregierung sich jedoch aus den Vorschlägen des Lobbyverbands bedient, bleibt abzuwarten.
Long Story short
Der CDU-nahe Wirtschaftsrat fordert in einer 10-Punkte-Agenda tiefgreifende Strukturreformen, mehr Eigenverantwortung in der Sozialversicherung und eine Begrenzung der Sozialabgaben, um Deutschlands Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Konkret schlägt er unter anderem vor, zahnärztliche Leistungen aus der GKV zu streichen, das Rentenalter an die Lebenserwartung zu koppeln und Arbeitnehmer stärker an Unfallkosten zu beteiligen.