GKV-Wechsel: So geht es nach dem Maschmeyer-Deal für KassenKompass weiter
Fiona Jasmut:
Also wäre es uns allein um die Finanzierung gegangen, hätten wir nicht zur Höhle der Löwen gehen müssen. Es ging uns in erster Linie um einen Sparringspartner – jemand, der uns neue Türen öffnet und vielleicht auch neuen Wind mit reinbringt. Und genau das bringen unserer Meinung nach die Löwen ja mit – da haben wir einfach einmal unser Glück probiert.
procontra:
Die Sendung wurde bereits im Februar aufgezeichnet. Wie ging es danach weiter? Hatte der Deal auch nach der Sendung weiter Bestand?
Jasmut:
Der Deal hat Bestand und im Mai wurden dann die Verträge unterzeichnet. Seitdem ist Carsten Maschmeyer mit an Bord und stellt für uns Kontakte zu größeren Finanzvertrieben her. Gegen Ende des Jahres soll dann auch in die Integration in die Finanzguru-App erfolgen.
procontra:
Insgesamt 300.000 Euro habt ihr von Maschmeyer für 20 Prozent der Anteile am Unternehmen bekommen. Wie wird das Geld investiert?
Jasmut:
Ein großer Teil des Geldes ging in die Weiterentwicklung unseres KrankenKompass-Rechners, damit dieser die Vielzahl von Anfragen auch bewältigen kann und auch ein Teil ins Marketing. Darüber hinaus soll es weitere Möglichkeiten geben: Für Ende des Jahres ist beispielsweise eine White-Label-Lösung geplant, so dass jeder den Rechner mit seinem eigenen Logo versehen kann. Berater bekommen so auch ihr eigenes Dashboard, wo sie dann beispielsweise sehen können, welche ihrer Kunden die Krankenkasse gewechselt haben. Zudem soll es für Selbstständige die Möglichkeit geben, einen Beratungstermin zur PKV zu vereinbaren.
procontra:
Die Integration in die Finanzguru-App hatte Carsten Maschmeyer ja bereits in der Sendung vorgeschlagen. Wird das Auswirkungen auf euer bestehendes Geschäftsmodell haben – also gibt es euren Service künftig nur noch über Finanzguru?
Jasmut:
Nein, das hat keinen Einfluss auf unser Geschäftsmodell. Unser Hauptgeschäft ist weiterhin, dass wir selber den Wechsel durchführen – also die Leute über Social Media auf unser Angebot aufmerksam werden und dann auf unsere Seite kommen. Alles weitere ist „nice to have“. Prinzipiell besteht unser Modell ja aus 3 Säulen: Das B-to-C-Geschäft ist die erste Säule. Die zweite Säule ist das Geschäft über Makler oder Finanzkonstrukte. Die dritte Säule ist dann, dass wir unseren Rechner für Versicherungen nach deren Vorstellungen programmieren, dass er also beispielsweise – wenn der User über das erforderliche Gehalt verfügt oder selbstständig ist – auch eine PKV als Option angezeigt bekommt oder eine Zahnzusatzversicherung abschließen kann. Das können wir alles programmieren.
procontra:
Obwohl die Zielgruppe ja sehr groß ist, ist die Begeisterung vieler Makler im Hinblick auf die GKV-Beratung eher zurückhaltend. Woran liegt das eurer Meinung nach?
Jasmut:
So wie ich viele Makler kennengelernt habe, sind sie nicht zwingend die größten Fans von Innovationen und neuen Produkten. Das mussten wir selbst auf der vergangenen DKM erleben, als wir von einem Großteil der Makler für unsere Fokussierung auf das Thema GKV belächelt wurden. Gleichzeitig haben uns aber auch viele Makler, beispielsweise Bastian Kunkel, promotet und mit uns zusammengearbeitet.
Jasmut:
Ich denke, das hängt zum einen mit der Branche zusammen und zu einem großen Teil auch mit dem hohen Alter vieler Makler zusammen. Wir sehen es ja selbst bei uns: Von unseren bislang mehr als 300 Kooperationen sind die meisten mit jüngeren Maklern und eher weniger mit denen, die kurz vor der Rente stehen. Das ist aber auch verständlich: Ich denke, da gibt es ganz andere Dringlichkeiten als ein neues Tool einzuführen. Unser Tool richtet sich auch nicht an Makler, die bereits viele Kunden haben und damit zufrieden sind. Unser Tool ist für Makler, die neue Kunden gewinnen möchten.
Jasmut:
Um es ganz klar zu sagen: Man nutzt uns nicht, um mit der GKV reich zu werden. Man nutzt uns, weil man mit uns einen Türöffner gegenüber Neukunden hat. Man kann mit uns Budgets freimachen. 300 bis 500 Euro im Jahr, die dann natürlich in die private Altersvorsorge fließen können. Oder andersherum: Wer Geld bei seiner gesetzlichen Krankenkasse sparen kann, muss seine private Altersvorsorge nicht zusammenstreichen, wenn das Geld mal knapp wird. Wir stärken also die Kundenbindung.
procontra:
Zwar ist es mittlerweile relativ einfach, die gesetzliche Krankenkasse zu wechseln, doch nur wenige Kunden tun es auch. Wie hoch liegt denn eurer Meinung nach das tatsächliche Wechselpotenzial?
Jasmut:
Es gibt diverse Studien, die von einem sehr hohen Wechselpotenzial ausgehen. Laut einer BCG-Studie wollten 2024 rund 30 Millionen Menschen ihre Krankenkasse wechseln – im Jahr zuvor waren es nur 10 Millionen. Hier ist ein krasser Anstieg feststellbar. Viele Menschen sind derzeit unzufrieden, sei es aufgrund steigender Beiträge oder gekürzten Leistungen – darum ist der Krankenkassenwechsel ein absolutes Zeitthema. Vielleicht nicht bei älteren Menschen, die schon seit Jahrzehnten bei ihrer Kasse sind – auf jeden Fall aber bei den Jüngeren.
Jasmut:
Auf jeden Fall. Ich denke, das wird gegen Ende des Jahres bzw. Anfang kommenden Jahres noch einmal richtig knallen.
procontra:
Sind steigende Zusatzbeiträge tatsächlich der Treiber für die Menschen, ihre Kasse zu wechseln? Oder wann genau sollte der Makler das Thema ansprechen?
Jasmut:
Natürlich sind Beitragssteigerungen ein wesentlicher Treiber – entsprechend lohnt es sich für Makler, das Thema im Januar anzusprechen, wenn die Kassen die Beiträge sehr wahrscheinlich wieder anheben werden. Generell denke ich, dass das Thema GKV Bestandteil einer vollumfänglichen Beratung sein sollte. Ich kann verstehen, dass nicht jeder Makler das abdecken kann – die einfachste Lösung ist dann aber schlicht eine Kooperation mit uns. In dem Thema GKV ist einfach wesentlich mehr Musik drin, als viele denken.
procontra:
Höhle der Löwen-Investorin Janna Ensthaler erwähnte in der Sendung, dass man möglicherweise in naher Zukunft einfach ChatGPT fragen könne, zu welcher gesetzlichen Krankenkasse man gehen soll, und begründete so ihr Nicht-Investment bei euch. Wie groß ist das Risiko, dass KI bald euer Geschäftsmodell überflüssig macht?
Jasmut:
Ich denke, das Thema Künstliche Intelligenz kann uns so schnell einholen wie jeden anderen Makler auch – wir sind genauso ersetzbar. Gleichzeitig bleibt das Thema GKV, genauso wie die eigene Altersvorsorge, jedoch ein sehr persönliches Thema. Die Menschen informieren sich über diese Themen vielleicht über ChatGPT, sie vergleichen auch die Angebote – aber für den Abschluss wollen sie immer noch einen Menschen, dem sie vertrauen können. Entsprechend fürchte ich auch nicht, dass wir zeitnah ersetzt werden.
Long Story short
Krankenkomass-Gründerin Fiona Jasmut erzählt im Interview, dass Makler mit dem Thema GKV neue Kunden gewinnen können. Generell sollte das Thema Bestandteil einer vollumfänglichen Beratung sein, findet die Gründerin.