Aktuelle BaFin-Umfrage

So oft nutzen Fondshäuser die neuen Anlegerregeln

Um die Folgen einer Finanzkrise zu begrenzen, können Vermögensverwalter neue Regeln in ihren Anlagebedingungen verankern. Wie oft sie das bisher getan haben, zeigt eine aktuelle BaFin-Erhebung.

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11:01 Uhr | 17. Januar | 2023
Neue Anlegerregeln: So häufig werden sie eingesetzt

Die BaFin hat herausgefunden, wie oft Fondsgesellschaften die neuen Regeln für Anleger nutzen.

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Die Anspannung an den Kapitalmärkten war in den vergangenen Monaten groß. Auch im neuen Jahr – dem fulminanten Börsenstart zum Trotz – zeigen sich Finanzexperten noch zurückhaltend. Das Ende der Krise gilt noch nicht als ausgemacht. 2022 hat schließlich abermals vor Augen geführt, wie unwägbar politische und damit auch wirtschaftliche Entwicklungen sein können. 

Für Anleger können derlei Turbulenzen schnell in einem Affektverkauf enden. Der Impuls, die eigenen Anteile schnell zu verkaufen, ist naheliegend. Fordern allerdings Scharen von Anlegern gleichzeitig ihr Geld zurück, verstärkt das nicht nur die ungünstige Börsen-Dynamik. Im schlimmsten Fall mussten in der Vergangenheit offene Immobilienfonds geschlossen werden – wie es 2008 der Fall war. Anleger kamen dann nicht mehr an ihr Geld.

Es geht darum, das härteste aller Werkzeuge, die Fondsschließung, zu verhindern.
Peggy Steffen, Fondsverband VBI

Um eine solche Kettenreaktion zukünftig zu verhindern, wurden die Anlagebedingungen verändert. Seit 2013 gelten für die offenen Immobilienfonds strengere Mindesthalte- und Rückgabefristen. Seit 2017 setzt sich auch der Fondsverband für mehr Werkzeuge zur Liquiditätssteuerung von Wertpapierfonds ein. „Es geht darum, das härteste aller Werkzeuge, die Fondsschließung, zu verhindern“, erklärt Peggy Steffen, Leiterin Risikomanagement beim Fondsverband BVI. Seit Frühjahr 2022 kann nun auch die restliche offene Investmentwelt sich ähnlicher Instrumente bedienen.

Dazu gehören die Rücknahmebeschränkung (Gating), das Swing Pricing (Umverteilung der Transaktionskosten) und die Begrenzung der Rücknahmefristen. Nun wollte die BaFin wissen, wie viele Unternehmen seit der Einführung dieser neuen – optionalen – Regeln, bereits in den Instrumentenkasten gegriffen haben. Die Finanzaufsicht befragte alle 53 Kapitalverwaltungsgesellschaften und EU-Verwaltungsgesellschaften, die zum 31. Mai 2022 offene deutsche Fonds aufgelegt hatten. Es geht dabei um 5.600 Fonds mit einem Gesamtvolumen von 2,3 Billionen Euro.

Schlusslicht: Swing Pricing

Das Ergebnis: Nur etwa 39 Prozent der Gesellschaften nutzten bis zum Stichtag 31. Mai vergangenen Jahres die neuen sogenannten Liquiditätssteuerungsinstrumente. Der Grund: Manche Unternehmen gaben an, die Instrumente schlichtweg nicht zu benötigen. Andere erklärten, sie seien gerade dabei, die neuen Regeln einzuführen. Waren die technischen Grundlagen erst einmal geschaffen, stieg auch die Bereitschaft, die Instrumente in den Anlagebedingungen festzuschreiben.

Das sind die 3 neuen Liquiditätssteuerungsinstrumente

Jene, die die neuen Regeln nutzen, führten am häufigsten die Rücknahmebeschränkungen ein. Bereits bei einem Viertel der erfassten Fonds kommt dieses Instrument bereits zum Einsatz. Nach Fondsvolumen liegt der Anteil bei 15,2 Prozent. Rückgabefristen werden bei 14 Prozent aller Fonds genutzt (Fondsvolumen: 17,5 Prozent). Swing Pricing wird bisher nur bei weniger als einem Prozent der Fonds und des Fondsvolumens eingesetzt.

Unterschiede zwischen Publikums- und Spezialfonds

Unterschiede zeigen sich in Abhängigkeit von der Art des Fonds. Publikumsfonds, in die meist private Anleger investieren, führen mit 72 Prozent am häufigsten die Rücknahmebeschränkung im Bedingungswerk. Mit Blick auf den Einsatz der Rücknahmebeschränkung in Abhängigkeit zur jeweiligen Fondsgattungen zeigt sich: Es ist nicht entscheidend, ob es sich um weniger liquide Wertpapiere oder liquide Aktienfonds handelt. Wenngleich es Fondshäusern freigestellt ist, ob sie neue Regeln einsetzen, hatte die BaFin erwartet, dass zumindest die Rücknahmebeschränkung bei Publikumsfonds vereinbart wird.

Viele Fondshäuser halten dieses Instrument auch für ausreichend, weitere Regeln seien demzufolge für viele nicht notwendig. Tatsächlich war auch der BVI nicht davon ausgegangen, dass Fondsgesellschaften die Rücknahmefristen als Instrument wählen. Schließlich würde es Anleger dauerhaft beschränken.

In Spezialfonds wiederum, die vor allem für institutionelle Investoren interessant sind, spielen weder Rücknahmebeschränkungen noch Swing Pricing eine Rolle. Es zeigt sich: Swing Pricing ist offenbar kein Liebling der Vermögensverwalter. Damit hatte auch der BVI im Vorfeld gerechnet. Das Instrument ist komplex und dadurch wenig attraktiv. Relevanter ist die Rücknahmefrist, die zu 19 Prozent verankert wird. Der Grund liegt auf der Hand: Die Kapitalverwaltungsgesellschaften halten einen überraschenden Abzug vieler Anteile für unwahrscheinlich. Schließlich würde das auf den oftmals einzigen Investor zurückfallen, der die Wertverluste dann zu tragen hätte. 

Müssen Berater über neue Bedingungen informieren?

Über die Änderung der Anlagebedingungen erfahren Kunden durch die depotführenden Stellen. Anlageberater stehen jedoch nicht in der Pflicht, in besonderem Maße über die neuen Instrumente aufzuklären, sagt Martin Klein, Geschäftsführender Vorstand des Votum-Verbands. Denn die BaFin werte die Instrumente als verbraucherschützend.

Zudem sei davon auszugehen, dass die Kapitalverwaltungsgesellschaften ihrerseits in den Anlegerinformationen die entsprechenden Hinweise ergänzen. Dennoch dient es der professionellen Kundenbetreuung, wenn Berater ihre Kunden über die möglichen Änderungen ihrer Liquidität informieren.