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Ihr Aktienfonds Uniglobal, zählt zu den bekanntesten, allerdings auch mit 2,4 Prozent laufenden Kosten im Jahr zu den teureren Produkten. Wie zeitgemäß ist das noch mit Blick auf die wachsende Konkurrenz durch ETF?

Anja Bauermeister:
Im Wettbewerb unterscheiden sich heute Fondsanbieter grob durch zwei Strategien: Kostenführerschaft und Qualitätsführerschaft. Während einige Anbieter über besonders preisgünstige Produkte insbesondere im ETF-Segment eine Position als Kostenführer einnehmen, setzen wir mit Fonds wie dem Uniglobal gezielt auf Qualitätsführerschaft. Das bedeutet: Wir investieren substanzielle Ressourcen in Analyse, Research, Risikomanagement und Portfoliosteuerung, um Mehrwert für unsere Anleger zu erzielen. Mit dieser Research-Basis kann der aktive Manager potenziell ertragreiche Unternehmen bereits vor Aufnahme in einen von einem ETF abgebildeten Index identifizieren und in sein Portfolio aufnehmen. Auch kann er besonders ertragreiche Unternehmen im Fonds gegenüber dem Index übergewichten und so überproportional von den Kursgewinnen profitieren. Die Attraktivität des Uniglobal ergibt sich aus der Kombination von aktiver Risikosteuerung, fundierter Marktkenntnis und einer langfristig orientierten Anlagestrategie.
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Welche Möglichkeiten haben die Fondsmanager, Kosten zu reduzieren? Von welcher Größenordnung sprechen wir hier?

Bauermeister:
Die Kosten kann ein Fondsmanager reduzieren, indem er auf die Liquidität der gehandelten Aktien und Ausführungswege und somit auf die Transaktionskosten achtet. Darüber hinaus spielt auch die Umschlaghäufigkeit des Portfolios eine Rolle. Es sind also verschiedene Faktoren, die sich auf die Kosten auswirken und die auch in Wechselwirkung stehen, so dass eine valide Aussage zur Größenordnung schwerfällt.
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Inwiefern zahlt sich der Investitionsaufwand etwa in Analyse und Research für die Anleger aus? Der von Anbietern vielzitierte Mehrwert aktiv gemanagter Produkte nach Kosten ist oftmals nicht gegeben.

Bauermeister:
In der Fünfjahresperiode von 2020 bis 2024 hat der Uniglobal jährlich im Durchschnitt eine Outperformance nach Kosten von 0,7 Prozent gegenüber dem MSCI World erwirtschaftet, insgesamt 5,6 Prozent mehr. Da kann man schon von einem Mehrwert sprechen. Aber auch unabhängig von konkreten Zahlen können wir den Anlegern den Unterschied zwischen Kostenführerschaft und Qualitätsführerschaft darlegen. Die Qualität zeigt sich nicht nur in Auswertungen der Performance einzelner Jahre, sondern vor allem in der Fähigkeit, Kapital über Marktzyklen hinweg beständig zu mehren und in Phasen von Marktverwerfungen zwischenzeitliche Verluste zu begrenzen.
Wir investieren in ein erstklassiges Research-Team, das sich nicht nur auf Daten, sondern insbesondere auf direkte Unternehmensgespräche stützt. Damit rücken für Privatanleger Aspekte wie Schutz vor negativen Überraschungen, Nutzung neuer Markttrends oder Berücksichtigung nachhaltiger Faktoren in den Mittelpunkt – Aspekte, die reines Kostenmanagement und passives Investieren allein nicht leisten können.
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Zahlreiche aktiv gemanagte Fonds berechnen eine erfolgsabhängige Vergütung. Müsste ein solches Modell im steigenden Kostendruck nicht auf den Prüfstand gestellt werden?

Bauermeister:
Erfolgsabhängige Vergütungen bieten grundsätzlich die Chance, die Interessen der Anleger und der Fondsmanager zu harmonisieren, da eine Performance Fee nur dann anfällt, wenn der Portfoliomanager nach Kosten für den Kunden einen Mehrwert erzielen konnte. Uns ist es aber wichtig, Performance Fees immer wieder auf Transparenz, Fairness und Marktkonformität zu prüfen. Wir prüfen deshalb nicht nur die Struktur, sondern auch die Höhe solcher Vergütungen regelmäßig.
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Für wie fair halten Sie zum Beispiel eine erfolgsabhängige Vergütung von 25 Prozent der Summe, die sich ein Fonds besser entwickelt hat als sein Vergleichsmaßstab, wie es bei einigen Fonds Ihres Hauses der Fall ist? Auch wenn die Vergütung höchsten 2,5 Prozent der besseren Entwicklung betragen darf.

Bauermeister:
Mit dieser Ausgestaltung der erfolgsabhängigen Vergütung sind die Interessen des Fondsmanagers und des Anlegers in Einklang gebracht. Ein besseres Modell der erfolgsabhängigen Vergütung lässt sich schwer finden. Besonders, wenn man beachtet, dass ein wichtiger Bestandteil der Regelung noch nicht erwähnt wurde: Wenn der Fonds über die letzten fünf Perioden eine schlechtere Wertentwicklung als der Vergleichsmaßstab hatte, muss diese negative Performance-Abweichung erst ausgeglichen werden, bevor eine erfolgsabhängige Vergütung fällig werden kann.

Bauermeister:
Die Regelungen für erfolgsabhängige Vergütungen sind seit vielen Jahren von der Regulierung vorgegeben, sowohl durch die Musterkostenklauseln der Bafin als auch durch entsprechende ESMA Guidelines, Leitlinien der EU-Aufsichtsbehörde.
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Institutionelle Anleger profitieren von günstigeren Konditionen gegenüber Privatanlegern. Könnte es im Wettbewerb eines Tages darauf hinauslaufen, dass aktiv gemanagte Fonds preislich nur noch für institutionelle Kunden attraktiv sind und Privatanleger gänzlich auf kostengünstigere ETF ausweichen?

Bauermeister:
Der Markt für Anlageprodukte segmentiert sich zunehmend, und in der Tat profitieren institutionelle Anleger meist von Größenvorteilen und günstigeren Konditionen. Für sie bleibt das Angebot aktiv gemanagter Fonds attraktiv. Für Privatanleger stellt sich die Herausforderung, dass reines Kostenmanagement wie bei ETF selten mit individueller Beratung entlang der Bedürfnisse des Kunden einhergeht. Gerade in komplexer werdenden Märkten steigt der Bedarf nach persönlicher Beratung. Hier hilft der Qualitätsvorteil, wie ihn aktiv gemanagte Produkte bieten – dies betrifft etwa flexible Reaktion auf Marktchancen, Krisenmanagement und Risikominderung.
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Wie geht Union Investment mit der im Wettbewerb perspektivisch vermutlich nötigen Kostenanpassung um und was ist in Hinblick auf niedrigere Kosten bereits geschehen?

Bauermeister:
Wir erkennen die Notwendigkeit stetiger Kostenkontrolle und -optimierung klar. Deshalb arbeiten wir an Automatisierung und Digitalisierung, beispielsweise im Backoffice, zur Effizienzsteigerung und Kostensenkung. Auch setzen wir in vielen Anwendungsgebieten auf die Möglichkeiten der künstlichen Intelligenz zur Kostenreduktion. Dennoch ist und bleibt unser Anspruch, Qualitätsführer zu sein und Leistungen mit zusätzlichem Kundennutzen zu erbringen. Ein Beispiel ist die Einführung moderner Depotmodelle und Fondsvermögensverwaltungslösungen, bei denen Vertriebsvergütungen an den Kunden ausgekehrt werden und im Gegenzug zwischen Bank und Kunde eine Servicegebühr vereinbart wird. Ein Depotmodell, bei dem sich die Höhe der Kosten nicht an den investierten Instrumenten, sprich Fonds oder ETF, bemisst, sondern an der Höhe der Anlagesumme.

Bauermeister:
In den letzten Jahren bemerken wir bei unseren Partnerbanken Nachfrage nach ETF, aber auf niedrigem Niveau, vorwiegend im Bereich globaler Aktien-ETF wie etwa zum MSCI World. Viele unserer Kunden nutzen ETF als Ergänzung, nicht als Ersatz zu aktiv gemanagten Fonds. Unsere Erfahrung spiegelt wider, dass viele Kunden aber Wert auf die persönliche Beratung, auf die Erfahrung etablierter Fondsmanager und auf ein breites Produktuniversum legen.
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Was wäre Ihnen zu Kostendruck in der Kapitalverwaltung und wachsendem ETF-Markt noch wichtig anzumerken?

Bauermeister:
Wir haben sehr viel über Kostendruck aufgrund der ETFs gesprochen, haben aber einen wichtigen Akteur dabei außer Acht gelassen: die Regulierung. Die Kapitalverwaltungsbranche wird hinsichtlich Kosten und entsprechender Kostentransparenz seit vielen Jahren deutlich stärker reguliert als andere Wirtschaftszweige. Auch die Anforderungen an die Vertriebe steigen ständig. All das produziert Kosten. Ein weiterer Punkt im Vergleich mit börsengehandelten ETF sollte nicht unerwähnt bleiben: ETF sind hinsichtlich der Produktkosten und deren Offenlegung gegenüber Fonds mit Anteilausgabe und Rücknahme durch die Kapitalverwaltungsgesellschaft im Vorteil, da viele Kostenarten bei ETF außerhalb des Produkts vergütet werden.
Long Story short
Union Investment setzt bei Fonds wie dem Uniglobal bewusst auf Qualitätsführerschaft statt Kostenführerschaft– mit hohem Investitionsaufwand in Analyse, Research und aktives Risikomanagement, um gegenüber ETF einen klaren Mehrwert zu erzielen.
Der Uniglobal erzielte laut Anja Bauermeister in den Jahren 2020–2024 eine Outperformance nach Kosten von durchschnittlich 0,7 % pro Jahr gegenüber dem MSCI World, was Union Investment als Beleg für die Wirksamkeit aktiver Strategien wertet.
Trotz steigenden Kostendrucks hält Union Investment an Qualitätsanspruch und aktiver Fondssteuerung fest, optimiert Prozesse per Digitalisierung und KI und sieht ETF bei Privatanlegern eher als Ergänzung denn als Ersatz zu aktiv gemanagten Fonds.

