Kolumne

Greenwashing schadet der gesamten Branche

Beziehen Vermögensverwalter ESG-Kriterien nicht systematisch in die Anlageentscheidungen ein, entstehen ihnen finanzielle Risiken. Und ihre Glaubwürdigkeit leidet, kommentiert Torsten Seuberth, Senior Wholesale Manager, DNB Asset Management.

13:07 Uhr | 25. Juli | 2023
Torsten Seuberth, Senior Wholesale Manager, DNB Asset Management

Wenn Vermögensverwalter ESG-Kriterien nicht systematisch in ihre Anlageentscheidungen einbeziehen, entstehen ihnen finanzielle Risiken, warnt Torsten Seuberth, Senior Wholesale Manager, DNB Asset Management.

| Quelle: DNB

Verstummt ist die Diskussion, ob Nachhaltigkeit bei Finanzprodukten ein Alleinstellungsmerkmal ist. Ein großes Problem ist nach wie vor die mangelnde Transparenz sowie die Schönfärberei und die vielen Wort-Hülsen.

Warum ist es so schwer zu beurteilen, ob eine Firma nachhaltig unterwegs ist? Zwei Beispiele: Ein großer Getränkehersteller weist geringe CO2-Emissionen aus – klar: die Subfirmen übernehmen die CO2-intensive Logistik. E-Commerce-Konzerne stoßen selbst wenig CO2 aus – aber ist ihr Geschäftsmodell, für das sie Produkte um die Welt schicken, nachhaltig?

Auch bei Betrachtung der gesamten Wertschöpfungskette von der Energiegewinnung bis zum Ende eines Produktlebenszyklus mangelt es leider immer noch an genauen Daten. Trotzdem halte ich eine transparente, detaillierte Berichterstattung nach bestem Wissen und Gewissen für den richtigen und wichtigsten Lösungsansatz.

ESG- und CO2-Daten gehören ins Portfoliomanagementsystem integriert. Bei progressiven Häusern werden ESG-Daten systematisch mit in die Anlageentscheidung einbezogen. Dies nicht zu tun, birgt finanzielle Risiken und schwächt die Glaubwürdigkeit, wie gerade erlebbar. Greenwashing schadet der gesamten Finanzindustrie. Integrierte und engagierte Nachhaltigkeitsansätze müssten – auch in Deutschland – stärker genutzt werden. Die Messung umweltbezogener Risiken und Chancen sollte möglichst bald flächendeckend umgesetzt sein. Anlegern sollten diese Daten im Sinne der Produktwahrheit und -klarheit in hinreichender Detailtiefe zugänglich gemacht werden.

Eins ist klar: Der Nachhaltigkeitsprozess ist komplex und langwierig. Von Produktanbietern ist kaum zu erwarten, dass sie bereits am Ziel angekommen sind. Diesen Eindruck sollte die Finanzwirtschaft auch nicht versuchen zu vermitteln. Ein glaubwürdiges Bestreben und Tun ist der Weg, nicht auch das letzte Vertrauen in die Finanzwelt zu verspielen.