Baufinanzierung in der Krise

Vom Eigenheim zur Zwangsversteigerung!?

Eigenheimbesitzer fürchten derzeit ihre Anschlussfinanzierung, da die Zinsen in die Höhe schnellen. Wie Berater unterstützen können, damit der Traum von der Immobilie nicht zum Albtraum wird.

14:05 Uhr | 25. Mai | 2023
Im Wasser untergehendes Haus

Berater sollten nicht erst kurz vor Auslaufen des Immobilienkredites auf ihre Kunden zugehen.

| Quelle: ALLVISIONN

Die gestiegenen Bauzinsen erschweren nicht nur Kaufwilligen derzeit den Weg ins Eigenheim. Wer bereits eine Immobilie besitzt und noch abbezahlt, könnte mit Blick auf die anstehende Anschlussfinanzierung bald erst recht vor existenziellen Nöten stehen. Während Banken im Jahr 2015 Immobilienkredite mit zehnjähriger Laufzeit noch für durchschnittlich 1,32 Prozent verscherbelten, liegt der Zins derzeit durchschnittlich bei viel höheren 3,8 Prozent. Das dürfte sich in der monatlichen Tilgungsrate für Kreditnehmer bemerkbar machen – und gerade in Zeiten explodierender Nebenkosten und gestiegener Lebensmittelpreise den einen oder anderen an seine finanziellen Grenzen bringen.

Mit dem Beginn der Zinsanhebungen schlossen drei bis vier Mal so viele Kunden ein Forward-Darlehen ab wie zuvor.
Stefan Vogelsang, Spezialist für Baufinanzierung

In der Beratung zeigte das bereits im vergangenen Jahr seinen Effekt. „Mit dem Beginn der Zinsanhebungen Anfang 2022 schlossen drei bis vier Mal so viele Kunden ein Forward-Darlehen ab wie zuvor“, berichtet Stefan Vogelsang, Spezialist für Baufinanzierung beim Kreditvermittler Dr. Klein. Auch wenn dieser Ansturm derzeit wieder abgeflaut sei, dürfte die Tragbarkeit der Anschlussfinanzierung für Kunden dennoch in den kommenden Monaten oder gar Jahren ein wichtiges Thema bleiben. Das zeigt eine Umfrage von YouGov im Auftrag von ImmoScout24 aus dem vergangenen Oktober: Die Hälfte der befragten Eigentümer gab darin an, noch keine Anschlussfinanzierung abgeschlossen zu haben und sich die Immobilie bei steigenden Zinsen nicht mehr leisten zu können. Das Schreckensszenario, das Kreditnehmer dabei vor Augen haben, ist der Verkauf der Immobilie oder noch schlimmer: Eine Zwangsversteigerung.

Ist der Zinsanstieg einkalkuliert?

Die gute Nachricht: Es dürften wenige Kredite so auf Kante genäht worden sein, dass sie den Kreditnehmern nun tatsächlich um die Ohren fliegen. „Das ist kein strukturelles Problem“, meint Finanzierungsexperte Vogelsang. „Banken sind bei der Kreditvergabe verpflichtet, eine Lebensphasenbetrachtung zu machen und steigende Zinsen nach Ende der Zinsbindungsfrist mit einzukalkulieren.“ Mögliche Gehaltssteigerungen rechnen Banken dagegen nicht mit ein – bei der Frage, ob sich Kunden ihren Kredit in ein paar Jahren noch leisten können, kalkulieren sie also konservativ. Außerdem waren viele Kunden in den vergangenen Jahren vorausschauend. „Kunden haben ihren Zins in den extremen Niedrigzinsphasen im Durchschnitt über eine Frist von 15 Jahren gesichert“, erzählt der Baufinanzierungsexperte.

Wenn es hart auf hart kommt, sind Banken zudem oft gesprächsbereit. Bei manchen Anbietern ist zum Beispiel ein Tilgungssatzwechsel möglich. Wer die Rate niedriger ansetzt, verlängert allerdings hintenraus die Laufzeit – unter Umständen ist der Traum vom schuldenfreien Leben in Rente somit für einige ausgeträumt.

Im Hinblick auf das Sonderkündigungsrecht von Immobilienkrediten nach zehn Jahren sollten Berater ihre Kunden in jedem Fall einen Anbietervergleich ans Herz legen. Was Kunden dabei zum Vorteil werden könnte: In den vergangenen 15 Jahren sind Immobilien stark im Wert gestiegen. Ein höherer Beleihungswert wirkt sich in der Regel positiv auf den Zinssatz aus. Wechselt der Kunde bei der Anschlussfinanzierung die Bank, so muss diese den Wert der Immobilie neu bewerten – anders als die bisherige Bank. Diese bewertet den Beleihungswert der Immobilie nicht neu. Doch nicht erst kurz vor Fristende, sondern schon viel früher sollten Berater proaktiv auf Kunden zugehen und ihre Möglichkeiten besprechen.