Signal Iduna und die Signa Insolvenz

„Ganz viele sind an der Leichenfledderei beteiligt“

Rene Benkos Signa-Immobiliengruppe ist schon insolvent. Nun meldete er selbst Privatinsolvenz an. Die Signal Iduna zeigt sich von der Pleite wenig beeindruckt.

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15:03 Uhr | 08. März | 2024
Der Vorstandsvorsitzende der Signal Iduna Gruppe, Ulrich Leitermann

Ulrich Leitermann: "Es gibt derzeit ganz viele, die an der Leichenfledderei beteiligt sind und versuchen, Dinge so schlecht zu reden, dass sie möglichst günstig einkaufen können.“

| Quelle: Signal Iduna

Bei großen Investments geben sich Versicherungsgesellschaften der Presse gegenüber meist sehr zurückhaltend. Insbesondere dann, wenn statt solider Renditen ein satter Verlust droht. Und so ist über die Signa-Pleite und die Verquickung der Versicherungswirtschaft in den vergangenen Wochen viel geschrieben aber nur wenig gesprochen worden.

Zwar veröffentlichte die Bild-Zeitung eine Liste der an Signa-Projekten beteiligten Assekuranzen nebst den in Benkos Immobiliengesellschaften investierten Beträgen. Ansonsten war die Auskunftsbereitschaft der Versicherer hier eher defensiv.

Insofern ist es dann doch schon bemerkenswert, wenn sich im Rahmen eines Pressegesprächs der Vorstandsvorsitzende der Signal Iduna Versicherungsgruppe Ulrich Leitermann offen zu den Signa-Investments und möglichen Verlusten äußert.

Hätte die Signa-Insolvenz vermieden werden können? 

Alles in allem hat die Signal Iduna rund ein Viertel ihrer vier Milliarden Euro Immobilien-Direktinvestments in die Immobilienprojekte der Signa Holding angelegt. Und nach Aussage ihres Vorstandsvorsitzenden hier Renditen von rund vier Prozent erwartet. Doch die Insolvenz der kompletten Signa-Immobilien-Holding machte dem Hanseatisch-Dortmunder Versicherer einen Strich durch die Rechnung. Allerdings keinen, der richtig tief in die Bücher schlagen dürfte.

Eine Prognose, wie die vielen Insolvenzverfahren, die derzeit gegen die Signa-Holding in Österreich und in Deutschland laufen, ausgehen, wagt Leitermann nicht. „Ich weiß nur, dass derzeit ganz viele Insolvenzverwalter unterwegs sind. Und, dass es heftige Diskussionen gibt, wie man das österreichische Insolvenzrecht interpretieren muss.“

Derzeit versuche gerade jeder, seine Schäflein ins Trockene zu bekommen oder einen Vorteil zu generieren. „Und da gilt die alte Kaufmannsregel: Der Gewinn liegt im Einkauf. Es gibt derzeit ganz viele, die an der Leichenfledderei beteiligt sind und versuchen, Dinge so schlecht zu reden, dass sie möglichst günstig einkaufen können.“

 Die Signa-Insolvenz wäre in der Form und Konsequenz nicht nötig gewesen. „Eine geordnete Abwicklung dieser Gruppe wäre möglich gewesen“, sagt Leitermann. Das Problem sei die fehlende Liquidität gewesen. Und die hätte man durchaus zur Verfügung stellen können. „Wir sind da nicht gefragt“, sagt Leitermann auf die Frage, ob die Signal Iduna Mittel zur Verfügung gestellt hätte. Dort seinen andere gefragt, die vorher kräftig finanziert hätten. „Und dann gegebenenfalls Finanzierungszusagen zurückgezogen haben oder nicht zur Verfügung gestellt haben“, so Leitermann weiter.

Das Problem sei die Projektentwicklung gewesen. „Wenn Sie über eineinhalb Jahre lesen, wie furchtbar das ist und die Banken Sonderuntersuchungen einleiten, dann ist doch klar, dass kein Geld mehr gegeben wird“, so der Vorstandsvorsitzenden weiter. Wenn genügend Liquidität zur Verfügung gestellt worden wäre, hätte alles in einem geordneten Verfahren abgewickelt werden können. „Jetzt ist es ein Zerschlagen und Zerlegen. Das ist alles nicht mehr geordnet.“

Es gab in den vergangenen eineinhalb Jahren genügend Gelegenheiten, es so zu organisieren, dass es nicht zum Äußersten kommt.
Ulrich Leitermann

Das betreffe auch das rund 950 Millionen Euro schwere Prestige-Projekt der Signa-Gruppe in Hamburg, den Elbtower und die damit verbundene Elbtower-Gesellschaft. Der mit 245 Metern Höhe geplante Wolkenkratzer soll eine der Vorzeigeimmobilie in der Hansestadt werden, heißt aber nach dem Baustopp für alle Signa-Immobilienvorhaben aufgrund seiner Höhe von knapp 100 Metern nur noch „Kurzer Olaf“. Die Frage sei, ob sich jemand dieses Projektes annehme und das zu Ende baue.

 Die Signa-Pleite bezeichnete Leitermann als „selbsterfüllende Prophezeiung.“ „Es gab in den letzten eineinhalb Jahren genügend Gelegenheit, es so zu organisieren, dass es nicht zum Äußersten kommt.“ Die Insolvenz bezeichnete der Vorstandsvorsitzende als den größten Kollateralschaden. Und glaubt, dass es Investoren gebe, die derzeit auf Schnäppchenjagd seien. „Man muss nicht überall dabei sein“, antwortete Leitermann auf die Frage, ob er sich eine Beteiligung der Signal Iduna-Investmentgesellschaft Hansa-Invest vorstellen könne. Da gebe es in Hamburg größere Player, die profunder unterwegs seien als die Signal Iduna.

Den Marktwert des gesamten Immobilienportfolios, dass von Hansa Invest in Immobilienspezialfonds gemanagt wird, beziffert der Signal Iduna-Vorstand auf rund vier Milliarden Euro. Dazu gehören die Hauptverwaltungsgebäude des Versicherers dazu sowie die Immobilien, die man als Gewerbefinanzierer Immobilien finanziert und mit Grundschuld abgesichert haben.

"Wir haben weniger als andere im Feuer" 

Den Elbtower habe die Signal Iduna anfangs mitfinanziert. Und das sei auch grundbuchlich gesichert. „Und mehr ist es auch nicht.“ Deswegen gibt sich Leitermann ganz entspannt. „Wir kommen aus der Nummer immer raus.“ Man habe drei Immobilen und die Investition in das Bauprojekt Elbtower erstrangig finanziert und gesichert.

Das Oberpolliger in München, das Alsterhaus in Hamburg und der Kaufhof in Köln seien Bestandsimmobilien, die in den letzten Jahren bereits Erträge abgeworfen hätten. Von den 940 Millionen Euro, die Signal Iduna in Signa-Projekt investiert habe, würden die drei Immobilien nach Angaben Leitermanns rund 80 Prozent des Engagements ausmachen.

Wir kommen aus der Nummer immer raus.
Ulrich Leitermann

Der aktuelle Grundstückswert sei mehr als das, was man an Darlehen zur Verfügung gestellt habe. Daher ist auch die Bafin der Auffassung, dass dort kein Ausfall drohe. „Wenn Sie von den 940 Millionen 80 Prozent abziehen, stellen Sie fest, dass wir weniger im Feuer haben als andere“, sagt Leitermann.

Den Rest habe man im Jahresabschluss 2023 wertberichtigt. Laut Leitermann habe diese keine Auswirkungen auf die Nettoverzinsung. Gefährdet seien lediglich die an Benko-Unternehmen gegebenen Nachrangdarlehen und Genussscheinen gegeben worden sind. Die bezifferte der Manager auf rund 55 Millionen Euro.

"Das ist doch kein Desaster"

Derzeit sind in den Elbtower 350 Millionen Euro verbaut. Einen negativen Kaufpreis hält der Manager für kaum vorstellbar. Lautermann zeigt sich überzeugt, dass es für die Prestigeimmobilie an den Elbbrücken und Einfallstor von Hamburg einen Käufer geben wird. „Den Elbtower wird man gerettet kriegen. Man wird den „Kurzen Olaf“ doch nicht so kurz lassen“, zeigt er sich überzeugt.

Das Investment in die Benko-Immobilien sei nicht unvorsichtig gewesen, sagt Leitermann. Der schlimmste denkbare Fall sei, dass einem die Immobilien aufs eigene Buch falle. Im Zweifel könne man diese Immobilien dann selbst vermarkten. „Das ist doch kein Desaster.“

So rede man beim Oberpollinger, Alsterhaus und dem Kaufhof von vollvermieteten erstklassigen Bestandsimmobilien in erstklassigen Lagen in München, Hamburg und Köln. „Als Versicherer sind wir ja auch verpflichtet, Rendite zu generieren. Mit Staatsanleihen hat sich in den letzten Jahren kaum Rendite erzielen lassen. Was wollen sie lieber, eine attraktive Immobilie oder eine hundertjährige Staatsanleihe des Landes Nordrhein-Westfalen“?

Als Versicherer sind wir auch verpflichtet, Rendite zu generieren.
Ulrich Leitermann

Man komme aus einer Renditearmut. "Und wenn Sie dann Investments haben, die eine vernünftige Rendite garantieren, dann machen Sie die“, verteidigte Leitermann die Signa-Investments. Die Renditeerwartungen für den Elbtower bezifferte der Vorstand auf dreieinhalb bis vier Prozent per annum. Schaut man auf die Gesamtimmobilieninvestments, werfen die laut Leitermann jährlich einen Ertrag von rund 55 Millionen ab, bei einer Rendite von rund vier Prozent.

 Zweitbestes Geschäftsjahr der Unternehmensgeschichte

Die Geschäftsentwicklung im Jahr 2023 bezeichnet Leitermann hingegen als sehr gut. „Wir haben es geschafft, trotz schwieriger Rahmenbedingungen überdurchschnittlich zu wachsen“, sagt der Vorstandsvorsitzende im Rahmen eines Pressegesprächs. Während der Gesamtversicherung-Markt um 0,6 Prozent zulegen dürfte, verbuche die Signal Iduna hier ein Plus von voraussichtlich 2,8 Prozent.

„Es ist um im vierten Jahr in Folge gelungen, über dem Markt zu wachsen und damit Marktanteile hinzuzugewinnen.“ Getragen wird das neuerliche Umsatzplus durch ein Rekordergebnis des Vertriebs. „Wir haben zwar nicht ganz das Jahr 2004 geschafft, aber wir sind 2023 ganz nah dran. Und so wie sich das Jahr 2024 angelassen hat, werden wir 2024 das beste Jahr in der Geschichte der Signal Iduna Gruppe haben und die sieben Milliarden Euro Beitragseinnahmen überschreiten“, sagte Leitermann.