Immobilienkauf via Auktion

Für und Wider des Immobilienkaufs über Zwangsversteigerungen

Zwangsversteigerungen könnten in Zukunft zunehmen, da die Haushaltsbudgets knapper und (Anschluss-)Finanzierungen oft nicht mehr stemmbar werden. Was beim Immobilienkauf per Auktion zu beachten ist

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11:03 Uhr | 07. März | 2023
Zum Verkauf angebotenes Haus

Experten gehen von einem Anstieg der Zwangsversteigerungen in diesem und im kommenden Jahr aus. Die Gefahr eines Fehlkaufs schwingt jedoch immer mit.

| Quelle: fstop123

Mit einem Tipp können Finanzberater möglicherweise ein drängendes Problem eines Kunden lösen: „Versuchen Sie Ihr Glück doch mal bei einer Zwangsversteigerung. Immerhin haben Gerichte im vergangenen Jahr mehr als 12.000 Einheiten für eine Auktion anberaumt – vor allem Familienhäuer und Eigentumswohnungen“. Bekanntlich ist der „normale“ Weg zum Eigenheim für viele Familien und Einzelpersonen wegen der anhaltend hohen Zinsen, Inflation und Bau- sowie Materialkosten versperrt. Daher kann ein solcher Hinweis äußerst hilfreich sein – und sollte er zum Ziel führen, dürfte der Berater einen Kunden fürs Leben gewonnen haben.

Keine rechtlichen Bedenken

Rechtlich steht dem nichts entgegen, bestätigt Norman Wirth, Rechtsanwalt und Geschäftsführender Vorstand des AfW - Bundesverband Finanzdienstleistungen, auf Anfrage: „Ich sehe keinen Grund dafür, warum Finanzberaterinnen oder -berater nicht auf Zwangsversteigerungen hinweisen könnten. Das war und ist eine interessante Möglichkeit zum Erwerb eines bezahlbaren Eigenheims oder Investments. Natürlich gehört dann auch eine gehörige Portion Glück dazu. Aber hier die Kunden mit Tipps zu unterstützen, ist zulässig.“

Tatsächlich sind Zwangsversteigerungsterminen meist mehrere Kaufinteressenten zugegen. „Insgesamt waren 15 bis 20 Personen im Gerichtssaal“, berichtet ein erfolgreicher Käufer, der namentlich nicht genannt werden möchte. „Schnell haben nur noch vier, drei und dann zwei Bieter im Rennen, bis ich den Zuschlag bekam.“ Ein wenig nervös sei er gewesen, sagt der neue Immobilienbesitzer. Aber es habe sich gelohnt. Tatsächlich liegt der Kaufpreis einer zwangsversteigerten Immobilie im Schnitt 20 bis 30 Prozent unter dem Verkehrswert. Nur selten wechseln Immobilien 50 Prozent unter Wert den Besitzer. Dies ist die Untergrenze, denn der Gesetzgeber hat Schnäppchenjägern einen Riegel vorgeschoben (5/10-Regel). 

Fehlkauf vermeiden

Die Gefahr eines Fehlkaufs schwingt immer mit. Verbraucherschützer betonen, dass der Erwerb nur anhand von Papierunterlagen erfolgt. Man kaufe praktisch die Katze im Sack. Um das Risiko zu reduzieren, können Interessenten versuchen, auf eigene Faust eine Innenbesichtigung mit den Eigentümern oder Mietern zu vereinbaren. Auf jeden Fall sollten sich Kaufwillige das beim Amtsgericht befindliche Grundbuch und das Gutachten ansehen. Für die Einsichtnahme benötigt man das vom Gericht vergebene Aktenzeichen für die Immobilie.

Um zu erfahren, welche Objekte zwangsversteigert werden, können Interessenten zum Beispiel im Zwangsversteigerungsportal der Landesjustizverwaltungen (www. zvg-portal.de) nachschauen. Einfacher zu nutzen und ebenfalls recht umfassend sind die Online-Übersichten von zum Beispiel argetra.de und zwangsversteigerung.net.

Mehr Privatinsolvenzen erwartet

Walter Ruesch, Geschäftsführer des Argetra Verlags für Wirtschaftsinformationen, geht von einem Anstieg der Zwangsversteigerungen in diesem und im kommenden Jahr aus. Er begründet seine Prognose im Argetra Jahresbericht 2022 mit einer zu erwartenden Zunahme überschuldeter Haushalte. Das Bundesverbraucherschutzministerium sowie Schuldnerberatungen hätten bereits vor vermehrten Privatinsolvenzen gewarnt. Wirtschaftskrisen wirken sich verzögert auf Verbraucher aus, berichtet Ruesch. Vor allem finanzschwache Haushalte litten unter den Pandemiefolgen, steigenden Energiekosten und allgemeiner Inflation.

Ruesch berichtet auch, dass nur die Hälfte der eröffneten Verfahren im Gerichtssaal landen. „Der Rest wird vor der Versteigerung freihändig verkauft.“ Auch das kann ein nützlicher Hinweis sein. Wer den Gläubiger kennt – in der Regel eine Bank – kann den Direktkauf eines für die Zwangsversteigerung vorgesehenen Objekts prüfen. Sind alle Beteiligten, also auch der Schuldner, einverstanden, erwirbt der Käufer auf diese Weise das Objekt mitunter ebenfalls deutlich unter dem Marktwert. Der Abschlag ist dann vermutlich nicht so hoch wie bei einer Zwangsversteigerung, aber dafür ist die Chance viel größer, zum Zuge zu kommen.